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Wieder Krieg gegen das Osmanische Reich - Kreuz versus Halbmond#

Wir müssen uns vergegenwärtigen, die Herrschenden zwischen Westeuropa und Asien sahen in ihren Reichen – ob sie flächen- oder bevölkerungsmäßig groß oder klein waren –, um es überspitzt auszudrücken, nur Privatbesitz, den es zu verteidigen und zu erweitern galt, koste es was es wolle. So wie Haus- und Bodenbesitzer ihre eigenen Grenzen zogen und manchmal mit den Nachbarn in heftigen Disput verfielen. Ein Wunder, dass Fürsten, Könige und Kaiser nicht ihre Besitzungen mit Warn- und Verbotstafeln "Achtung Privatgrund! Betreten verboten!" ausgestattet hatten … Die in ihren Ländereien lebenden Menschen waren sowieso mit ihren Herrschern gestraft genug. Die Polizeiapparate waren ja nicht zufällig drakonisch ausgerichtet gewesen.

Neue Gefahr?
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Im Osmanischen Reich kam es 1703 zu einem Umsturz. Sultan Mustafâ II. verlor seinen Thron und musste als Nachfolger Achmed III. akzeptieren. Mit ratlosem Argwohn beobachtete Wien die Außenpolitik der Hohen Pforte. Bestand die Gefahr eines neuen Konflikts? Erleichterung trat ein, als Achmed III. die Meinung vertrat, die Christen sollen einander allein bekämpfen und er versprach Wien die Einhaltung des bisherigen Friedens. Unter Achmed III. begann die kulturell interessante "Tulpenzeit" (Lale devrı). Unter ihm erblühte die Miniaturmalerei und erlaubte Buchdruck mit arabischen Lettern. Er bezog Gartentulpen aus Holland und setzte sie in den Wiesen auf seinen Sommerweiden ein.

Der Sultan meldet sich#

Sultan Achmed III.
Sultan Achmed III. - Der "Kaiser" des Osmanischen Reiches - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Weniger als zwei Wochen vor Weihnachten 1714 weitete das Osmanische Reich seine Grenzen wieder gegen Westen aus. Die Hohe Pforte besetzte den Peloponnes. Morea wurde nun von Konstantinopel zum Ärger der Republik Venedig kontrolliert.
Constantinopel, Grundriss, um 1720 bis 1726. In der rechten unteren Ecke (Quadrat) eine kleine vereinfachte Darstellung des Osmanischen Reiches, Ungarn und Österreich
Constantinopel, Grundriss, um 1720 bis 1726. In der rechten unteren Ecke (Quadrat) eine kleine vereinfachte Darstellung des Osmanischen Reiches, Ungarn und Österreich; Biblioteca comunale di Trento - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Im Januar 1715 empfing der Kaiser den Botschafter der Republik Venedig. Nach dem üblichen Höflichkeitsgetue ersuchte Pietro Grimani den Kaiser um offizielle Hilfe. Karl VI. gab die Angelegenheit an Hofkriegsratspräsident Prinz Eugen weiter. Eugen empfahl dem Kaiser die Angelegenheit am grünen Verhandlungstisch auszutragen. Karl VI. schrieb einen Brief an die Hohe Pforte, mit dem Ansinnen, den früheren geographischen Status von 1699 – Friede von Karlowitz (Sremski Karlovci) – wieder einzunehmen. Auch ein prachtvoller Besuch des osmanischen Botschafters Ibrahim Aga am 13. Mai 1715 bei Prinz Eugen in dessen Wiener Winterpalais schien nichts Definitives erzielt zu haben. Zeitgewinn war angesagt. Der Kaiser überschritt bewusst den eigentlichen Termin des offiziellen Finales des kaiserlichen Ultimatums. Großwesir Damad Ali Pascha teilte schriftlich mit, der Krieg sei beschlossene Sache. (Vergessen wir nicht, das war das Zeitalter der Höflichkeit und guten Manieren. Dazu gehörte es auch einen Krieg anzukündigen.) Das Reich Achmeds III. befand sich damals im Zustand der Öffnung für westliche Ideen ohne die islamischen Wurzeln in Frage zu stellen. Aber andererseits konnte ein Muslim mit einem Nichtmuslim sowieso niemals Frieden schließen. Im Grunde wollten beide sowieso – der Sultan und der Kaiser – den Krieg.

Gewaltsame Konflikte#

Im Grunde waren damals die militärischen Konflikte eigentlich für nichts brauchbar gewesen. Bei wirklich gutem Willen aller Beteiligten und Interesse am Menschsein und Beachtung religiöser Ansichten hätten diese Konflikte problemfrei am Verhandlungstisch gelenkt und unblutig gelöst werden können.

Vorkehrungen#

Der Habsburger hatte längst Vorkehrungen getroffen, frei nach dem antiken Prinzip, wer den Frieden wolle, der müsse rüsten. Geld in Millionenhöhe wurde aufgetrieben. Auch der damalige Papst stellte beträchtliche Summen zur Verfügung. Kaiser Karl VI. und Reichsvizekanzler Schönborn überreichten dem Hofkriegsratspräsidenten eine schriftliche Kriegsvollmacht.
Reichsvizekanzler Friedrich Carl von Schönborn
Reichsvizekanzler Friedrich Carl von Schönborn, Gemälde von Johann Gottfried Auerbach, um 1730; Mainfränkisches Museum Marienberg - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Dazu gab der Monarch seinem Feldherrn ein mit Diamanten bestücktes Kruzifix, das der Savoyer in seinem Kriegszelt aufhängte. Später sandte ihm der Herrscher obendrein noch ein Kaiserporträt, damit der Prinz immer wisse für wen er kämpfe. Eugen hatte Karl VI. stets mühevoll abgeraten selber am Balkan zu erscheinen. Der Herrscher wäre gerne gekommen um seinen Feldherrn, den er "Euer Liebden" nannte zu "embrassieren" [französisch-italienisch "umarmen"].

Peterwardein#

Die Schlacht von Peterwardein, 1716. Im Mittelpunkt Prinz Eugen
Die Schlacht von Peterwardein, 1716. Im Mittelpunkt Prinz Eugen - Kupferstich, Jan van Huchtenburgh, Hague 1725; Museum of Vojvodina - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Prinz Eugen verhinderte die Einnahme der Festung Peterwardein (Petrovaradin, Serbien) im August 1716 – dabei kam der Großwesir uns Leben – und eroberte im darauffolgenden Oktober die Festung Temesvár aus der Hand Mustafa Paschas. (Die besagte Festung war eine der größten in Europa um 1700 und eine der wichtigsten der Habsburgermonarchie auf dem Balkan.) Parallel verdrängte Johann Matthias von der Schulenburg, Feldmarschall der Venezianer – ein Feldherrengenie aus Kurbrandenburg (sächsischer Herkunft) und das von Karl VI. in den Reichsgrafenstand erhoben wurde, das nach strengen wissenschaftlichen Kriterien vorging, die Osmanen aus Korfu.

Matthias Johann von der Schulenburg, Feldmarschall der Venezianer, kämpfte erfolgreich gegen die Osmanen, um 1741
Matthias Johann von der Schulenburg, Feldmarschall der Venezianer, verdrängte die Osmanen aus Korfu; Gemälde, Giovanni Antonio Guardi, um 1741; Ca Rezzonico, Canal Grande, Venedig - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Im Herbst übersandte der Heilige Vater an den edlen savoyischen Feldherren Ehrengaben, einen Hut und einen Degen. Der Kaiser reagierte ungehalten, zutiefst verärgert und beleidigt – aber nicht wegen Prinz Eugen, sondern wegen dem damaligen Papst. Das kam einen Affront gleich, der nicht mehr aus der Welt zu schaffen war. Diese Mentalität entsprach völlig dem in Karl VI. verwurzelten Wienertum. Nach außen hin erfreut und beeindruckt, aber nach Innen ungehalten ... In der ersten Novemberwoche nahm der Feldherr den 1,60 Meter langen Degen im Dom zu Györ (Raab/Ungarn) in Empfang.

Belgrad#

Prinz Eugen von Savoyen in der Schlacht bei Belgrad 1717
Prinz Eugen von Savoyen in der Schlacht bei Belgrad 1717, anonymes Gemälde, um 1720; HGM - Foto: Pappenheim, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Belagerung von Belgrad 1717
Belagerung von Belgrad 1717; zeitgenössischer Kupferstich - Foto: ÖNB, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Am 17. August 1717 eroberte Prinz Eugen nach monatelanger Belagerung und vor allem mit Glück – Sumpffieber unter den Offizieren und ein osmanisches Entsatzheer erschwerten die Situation obendrein – die Festung Belgrad. Eugen wollte lediglich eine politische Entscheidung herbeiführen und ließ die 25.000 Mann starke Besatzung unter Mustafa Pascha gehen.

Friedensschluss#

Die Friedensverhandlungen dauerten Monate und endeten mit dem Frieden von Passarowitz (Požarevac) am 21. Juli 1718. Karl VI. und Achmed III. ratifizierten jeweils die auf 25 Jahre befristeten Verträge. Das Reich Habsburg wurde bis ins heutige Rumänien erweitert und die Republik Venedig verlor erst recht ihren wertvollen Stützpunkt Morea …
Tor Karls VI.; Belgrad, Serbien
Tor Karls VI., 1730er Jahre (?), Kalemegdan (= Burgplatz); Belgrad, Serbien. Denkmalgeschützter Torbau, das aufgesetzte Dachgerüst muss man wegdenken - Foto: Stefan Didam (- Schmallenberg), Wikimedia Commons - Gemeinfrei