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Item: Fotoapparat#

(Kodak Retina Ia)#

von Martin Krusche

Der erste kleine Apparat, über den ich als Kind eigenständig verfügen durfte, liegt heute ungewohnt schwer in der Hand. Es ist ein feines Packerl Feinmechanik. Ein kompaktes Stellwerk. Ich war ein Volksschulkind, keine zehn Jahre alt, als mich mein Vater mit der Kodak Retina vertraut machte. Er hatte das damals schon veraltete Modell abgelegt, um sich für seine Leidenschaft eine leistungsfähigere Kamera anzuschaffen. Das kam mir auf diese Art zugute.

Fotoapparat mit Klappkubus - (Foto: Martin Krusche)
Fotoapparat mit Klappkubus - (Foto: Martin Krusche)

Für mich war das vor allem ein Prestigegewinn, da in den frühen 1960ern Fotoapparate noch kein Standard-Inventar in den Haushalten waren. Die Handhabung der Kamera erwies sich als eigentümliches Training im Umgang mit komplexen Zusammenhängen.

Es reicht nicht, das Linsen-Set durch Drehung eines Ringes auf eine bestimmte Entfernung zu fokussieren. Mit einem zweiten Ring muß die Verschlußzeit eingestellt werden. Dazu kommt ein Hebel, um je nach Lichtverhältnissen die Blende zu öffnen oder zu schließen.

Hier tut sich das Thema Tiefenschärfe auf. Das Verhältnis zwischen Blende und Verschlußzeit ergibt jenen Bereich in der Tiefe des Raumes, der auf dem kommenden Foto scharf zu sehen sein wird. Das ermöglicht einem bei ausreichender Erfahrung, auch Unschärfe ganz gezielt als Gestaltungsmittel einzusetzen.

Da kam ich damals erheblich ins Grübeln. Für mich hat das Wort bis heute einen magischen Klang: Tiefenschärfe. (Es ist eine feine Metapher, die man für allerhand gebrauchen kann.)

Was die Mechanik der Retina angeht, hat mein frühes Modell eine faltbare Optik. In der Fachsprache heißt das Klapptubus. Er macht sie gut verstaubar, sorgt aber für zusätzliche bewegliche Teile. Außerdem kann man ein Zählwerk für die Aufnahmen einstellen und durch Drehung einer Scheibe den Filmtyp notieren.

Um den voll belichteten Film zurückspulen zu können, muß ein kleines Knöpfchen an der Unterseite der Kamera gedrückt werden. So entriegelt man den Repetier-Mechanismus und gibt die Spindel frei, auf welcher der Film während des Fotografierens aufgerollt wird

Das Einlegen und Entnehmen des Filmes besorgte anfangs mein Vater für mich. Mit dieser Art der Klappkamera, der Retina-Serie, hatte Kodak in den 1930ern den 35 mm Kleinbildfilm in der Patrone eingeführt. Meine Retina 1a stammt aus den frühen 1950er Jahren.

Ich erinnere mich heute gut an meinen ersten Alleingang mit dem Fotoapparat. Ein Schulausflug zum Schloß Eggenberg in Graz. Da konnte ich mich zwischen den anderen Kindern in meiner Klasse hervortun. Auf dem Heimweg genoß ich in der Straßenbahn ein angeberisches Hantieren, spulte den Film gleich selbst zurück.

Ich öffnete dabei mehrfach den Deckel, um nachzusehen, wie weit der Film wieder in der Patrone sei. So brauchte ich hinterher eine gute Ausrede, weil ich in der Schule natürlich kein Foto vorweisen konnte, nachdem ich die Negative per Tageslicht so effizient geschwärzt hatte.

Das kompakte Stellwerk weist eine Serie mechanischer Funktionen auf – (Foto: Martin Krusche)
Das kompakte Stellwerk weist eine Serie mechanischer Funktionen auf – (Foto: Martin Krusche)
Hier muß die Filmpatrone eingelegt und der Film rechts zum Weiterspulen fixiert werden – (Foto: Martin Krusche)
Hier muß die Filmpatrone eingelegt und der Film rechts zum Weiterspulen fixiert werden – (Foto: Martin Krusche)