Advinents Affentheater #
Benoit (Benedikt, Benedetto) Advinent (6.oder 8.3.1801 Lyon - 19.7.1862 Wien), Menageriebesitzer, Inhaber des k.k. priv. Affentheaters und "Lieferant fremder Thiere für die k. k. Menagerie zu Schönbrunn" entstammte einer französischen Künstlerfamile.
Sein Großvater, Etienne (Stephan) Advinent, war Zeichenmeister in Lyon (verheiratet mit Katharina Chanat).
Sein Vater Louis Charles (Ludwig Karl) Advinent (17.10. 1776 Lyon - 2.4.1856 Wien-Alsergrund)wirkte in Wien als Maler und Zeichenprofessor. Das Lehrerschema von 1847 weist ihn als "Zeichnungslehrer" der Mädchen-Lehr- und Erziehungsanstalt der Pfarre Maria Treu, Josefstadt, Herrengasse 208 aus. Außerdem fungierte er (1823) gemeinsam mit seinem Sohn Benoit als Menagerieinhaber.
Louis Charles Advinent war dreimal verheiratet:
(I.) Am 1.4.1797 ging er in Embrun (F) die Ehe mit Gabrielle Theodore Peix (19.9.1773, gest. vor 1842), der Tochter von Antoine Peix und Marguerite geb. Domeni ein.
Kinder:
(1) Jacques Advinent (4.12.1797 Embrun - ?)
(2) Benoit Advinent (6.3.1801 Lyon -19.7.1862 Wien)
(3) Catherine Advinent, verehel. Veltée (27.5.1807 Lyon - 14. 1. 1852)
(II.) In Paris heirateten Louis Charles Advinent und Maria Coulont (1783 - 7.9.1842 Wien-Sievering) (Matricula Tod 1842, S.79)
(III.) Am 7.11.1843 ehelichte der inzwischen 67-jährige "Ludwig Carl Advinent, Mahler und Zeichenmeister von Lion in Frankreich, des Herrn Stephan Advinent, Zeichenmeister in Lion und der Katharina geb. Chanat " in Wien-Sievering die 28-jährige Josephine Bayer aus Amberg in Bayern. Ihre Eltern waren der Fouriermacher Alois Bayer und Kunigunde Bayer geb. Graf. Das Ehepaar wohnte, wie auch seine beiden Trauzeugen, in Obersievering 53. Josephine (Josefa) Advinent überlebte ihren Mann um (mindestens) 15 Jahre. Im Adressbuch von Adolph Lehmann scheint sie 1865 als Professor-Witwe in der Alser Straße 68 auf, 1867 und 1868 als "Lehrer der französischen Sprache" in der Alser Straße 69 und zuletzt 1870 als "Lehrer der französischen Sprache" mit der Adresse "Hernals Ottakringer Straße 337".
Benoit Advinent (6. oder 8.3.1801 Lyon - 19.7.1862 Wien) entstammte der ersten Ehe von Louis Charles Advinent und Gabrielle Theodore Advinent, geb. Peix.
Er war zweimal verheiratet und hatte (mindestens) sieben Kinder, deren Geburtsorte - aufgrund der Tourneen - in verschiedenen europäischen Städten lagen.
(I) Benoit Advinent ehelichte Rosa (Rosina) Kobel aus Straßburg am 18.1.1823 in der Hofkirche Dresden. (geb. um 1802, + vor 1843, auch Korble, Koeble, Kaebel, Köbl)
Kinder:
(1) Charlotte Louise Anna Maria, geb. 19.10.1825 in Wien 2 (Praterstraße 22, getauft in der Pfarrkirche St. Johann Nepomuk). Mutter: Rosa Kobel, Taufpatin: Anna Veltée, Menagerinbesitzerin zu Lyon. Später verehel. Advinent-Cocchi
(2) Anna Aloysia Maria * 8.2.1827 in Bratislava, Pfarre St. Martin
(3) Anna Alessandrina * und + 13.6.1828 in Neapel
(4) Johanna (Nina), (19.7.1831 in Laibach (Slowenien)- 11.3.1918 Wien 14, Linzer Straße 411). Sie heiratete am 16.1.1853 ihren Cousin Ludwig Veltée in Wien-Lerchenfeld mit Dispens aus Venedig. Sie wohnten 1859 Alservorstadt Adlergasse 188 (Mariannengasse). Ursprünglich auf dem Zentralfriedhof beerdigt, wurde sie 1989 mit den Angehörigen der Familie Kolm-Veltee in ein Ehrengrab in Ober St. Veit umgebettet.
(II)In zweiter Ehe heiratete er Marianna Meissburger-Cresins-Marsberge (auch Maria Grisenz)
Kinder:
(5) Marie Henriette, geb. 3.1.1843 in Brignais (Frankreich)
(6) Janos Manfretus (Joh. Manfred) * 2.2.1845 in Tabáni, Budapest, Pest-Pilis-Solt-Kis-Kun, Ungarn.
In Inseraten wird zwischen 1843 und 1848 in Budapest ein kleiner Sohn erwähnt, doch die Altersangaben schwanken(1843, 1844: 3-jährig, 1847: 4- bzw. 5-jährig, 1848: 6-jährig).
(7) Elisabeth Friderica * 3.4.1850 in Lemberg, Galizien
Die Inserate, in denen der Unternehmer seine Gastspiele ankündigte, waren sensationell formuliert. Offenbar hatte er gute Kontakte zu den Redaktionen, da sich häufig Artikel finden, die das dort Behauptete unterstreichen und sich durchwegs positiv äußern. Die Reinlichkeit der Gehege, der Wagemut des Dompteurs und die (damals) tierfreundliche Art der Dressur werden durchgehend gelobt. Wiederholt ist von Benefizvorstellungen die Rede. Der bekannte Zoologe Leopold Fitzinger (1802-1884),der 1844 bis 1861 in den kaiserlichen Sammlungen die Reptilien- und Säugetierabteilung leitete, empfahl den Besuch einige Male. "Ein wesentliches Merkmal der Wandermenagerien ist ihr belehrender Charakter, ihre volksbildnerische Intention und ihre Hinwendung an naturwissenschaftlich Interessierte. … Die Tiere brachte man dem Publikum in engen Käfigen oder durch Tierführer körperlich nahe, damit die Besucher deren äußeres Erscheinungsbild so genau wie möglich studieren konnten. … Die Zahmheit war ein hervorgehobenes Merkmal, vor allem die der großen Raubkatzen", schrieb Markus Feigl im Katalog zur Ausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek anlässlich 250 Jahre Tiergarten Schönbrunn (2002).
Die Wandermenagerie (und das gleichzeitig betriebene Affentheater) war ein Familienunternehmen. Die ersten Vorührungen gestalteten der Vater Louis und der Sohn Benoit Advinent gemeinsam. Ab 1843 ist von den Dressurkünsten der Madame Advinent (ohne Vorname) die Rede. Sie besuchte mit dem rätselhaften Sohn die Hyäne, die er 1847 als Fünfjähriger angeblich selbst dressiert hatte. 1848 trat erstmals Demoiselle Advinent (Charlotte) auf. Sie heiratete den "Botaniker" Louis Cocchi, der sich dann Cocchi-Advinent nannte, und führte nach dem Tod des Vaters die Menagerie mit ihrem Mann.
Von langer Dauer sind die Verbindungen zur französischen Schaustellerfamilie Veltée. 1823 heiraten Benoits Schwester Catharina (25.7.1807 Lyon - 14.1.1852 Wien) und der Kunsttischler und Pyrotechniker Claudius Veltée in Wien 2. 1825 fungierte Anna Veltée, Menageriebesitzerin zu Lyon, als Taufpatin von Charlotte Advinent. 1829 sorgte Claudius Veltée für spektakuläre Kulissen und Lichteffekte im Affentheater.
1853 heirateten Claudius' Sohn Ludwig und Benedikts Tochter Johanna. Ludwig und Johanna Veltée waren die Eltern der zweiten Regisseurin der Welt, Louise Veltée (1.8.1873 Wien-Dornbach - 15.3.1950 Wien-Lainz), verehel. Kolm (Hochzeit 19.3.1893 mit Anton Kolm, Votivkirche bzw. Fleck (Hochzeit 7.5.1924 mit Jakob Fleck). Die Familie Kolm betrieb die Produktionsfirma "Wiener Kunstfilm" bzw. "Vita-Film", die in den 1920-er Jahren die berühmten Rosenhügel-Studios baute. Über Louise Kolm-Fleck ist ein reich illustriertes Buch erschienen.
Tourneen im Spiegel von Zeitungsmeldungen
1823 zeigen Louis und Benoit Advinent in Wien am Ende der Jägerzeile (Praterstraße) / Franzensbrückenallee erstmals in Europa drei lebende Krokodile (zwei aus Äypten, eines aus Brasilien.
1826 rühmte sich Benoit Advinent, seine seltenen ausländischen Tiere u. a. den Hoheiten Maria Louise von Parma und dem Herzog von Reichstadt vorgeführt zu haben und lädt auch in Wien den hohen Adel und das "verehrungswürdige Publikum" zum Besuch ein.
1827 (Februar) inserierte Advinent in der Pressburger Zeitung das Häuten seiner Schlangen, die lebende Kaninchen fressen.
1827 (August) war die Menagerie mit 49 Tieren in Italien zu sehen.
1829(März) gastierte die Affenkömodie in Brünn (CZ). Die "vierbeinigen Gymnastiker" traten u. a. als Seiltänzer auf.
1829 errichten die Familien Advinent und Veltée im Wiener Prater eine Komödienhütte, wo sie Affen- und Hundevorführungen darboten. Zeitungen lobten besonders das Schauspiel "Die Eroberung der Feste Kakumirum". Dabei erstürmten die Affen eine Burg, die in sich zusammenfällt und "überraschend beleuchtet" wird". Die Spezialeffekte stammten von Claudius Veltée.
Wenig später waren in Breslau(Polen) (PL) neu aus London (GB) angekommene Tiere zu bestaunen, darunter eine Antilope und ein Faultier.
1830 pries ein illustriertes Inserat die neue große Menagerie vor dem Rotenturmtor an. Die Nilgau-Antilope, ein Kamel und das sogenannte unbekannte Tier seien noch nie in Europa zu sehen gewesen.
Der Zoologe Leopold Fitzinger (1802-1884) widmete dem einen langen Artikel
, in dem er, neben lobenden Bemerkungen, das "unbekannte Tier" als Lippenbär identifizierte und
kritisierte, dass Advinent den Tieren Phantasienamen gab.
1831 (April) reiste "Hr. Louis Advinent, Inhaber eines Affentheaters, mit Familie" aus Laibach nach Triest, Ende Mai waren sie wieder in Wien und fahren mit dem Affentheater nach Graz. Von 11.11.1831 bis Februar 1832 war die Affen- und Hundekomödie in Mailand (Italien) zu sehen, ebenso im Juni 1832.
1833 (Jänner) war die Menagerie mit seltenen Tieren in Klagenfurt, von wo sie bald nach Wien zurückkehrte.
Im März 1833 inserierte Benedikt Advinent den Verkauf ausländischer Vögel in Graz.
Im Mai 1833 führt der "Conducteur" seine Sammlung "lebendige fremde Tiere" in Pressburg (Slowakei) vor und betrat den Tigerkäfig.
1833
(Juli) führte das Theater an der Wien die Posse "Benefizvorstellung", bearbeitet und dargestellt von Johann Nestroy, auf, anschließend präsentierte Veltée Advinents Affen.
Im Februar und März 1834 beehrte die Menagerie wieder Graz (Quelle: ANNO, Grazer Zeitung, 1834-04-01, Seite 6 (onb.ac.at). Advinent verkaufte Papageien und widmete den Erlös von 14 fl. einer Vorführung den Opfern eines Brandes. (Zum Vergleich: Das Jahresgehalt eines Schulgehilfen betrug damals 25 bis 30 Gulden.
1835 (Juni) gastiert die große Menagerie in Klagenfurt und Linz. Advinent dankt für das Vertrauen und kündigt die "Zahmheits-Productionen von Panther, Jaguar, Tiger und Hyänen an.
1837 erschien erstmals der Artikel "der galante Tiger", der sich noch 20 Jahre später in den verschiedensten Zeitungen findet: Eine Zeichnerin war in der Schweiz vom Tiger "Hassan" so begeistert, dass sie ihn mehrmals porträtierte. Als sie nach Fertigstellung ihrer Arbeit nicht mehr zum Käfig kam, wurde das Tier wild und beruhigte sich erst, als es die Künstlerin wieder besuchte. Es spricht für die Popularität der Menagerie, dass sie auch im Roman "Die Vagabunden" (1851) des damals bekannten Autors Karl von Holtei (1789-1880) ausführlich vorkommt.
1837 bis 1840 würdigten italienische Zeitungen den Schlangenbändiger und Löwendompteur, der mehrere illustrierte Inserate einschaltete.
1843 (August, September) sah man das Unternehmen in Linz, im Dezember in Brünn (CZ).
In beiden Städten bewunderten Artikel die mutige Madame Advinent, die mit ihrem "dreijährigen Kind" den Raubtierkäfig betrat.
1844 errichtet die Gesellschaft Advinent und Zaneboni eine 100 Fuß lange Hütte im Prater, beim "Eisvogel", wo auch Affen und Papageien "vorrätig sind". Sie kosten zwischen 15 und 40 Gulden (1 fl. = 13,4 €). Im selben Jahr erscheint ein "Verzeichnis sämtlicher Tiere", die neulich aus London ankamen. Es umfasst 80 Nummern, davon je ein Krokodil, Gürteltier, Seelöwe, Panther, Löwentiger, Leopard, Jaguar, Raubkatze, amerikanischer Wolf, Känguruh, Oppossum, Lämmergeier und Strauß, 23 Affen, vier Riesenschlagen, drei Bären, drei Hyänen, zwei indische Stacheltiere und 34 Vögel (meist Papageien) Man versäumt auch nicht, auf Madame Advinent hinzuweisen, die sich mit ihrem "zweijährigen Sohn" in das Gehege der Hyäne begibt und danach den Leopard-Tiger zähmt. Der Zoologe Dr. Leopold Fitzinger ist jetzt voll des Lobes. Mit der Ankündigung der letzten Vorstellung im September ist der Hinweis verbunden, Herr Advinent beabsichtige den Verkauf seiner Tiere, um in England und Holland neue zu erwerben, die er im Frühjahr in Wien zeigen wolle. Nach der Abreise zieht die Menagerie nach Pressburg (SK) und Budapest (H), wo das Winterquartier aufgeschlagen wird. Im Dezember gab es dort eine Benefizvorstellung, bei der Advinents "dreijähriger Knabe" mit der Hyäne spielte.
1845 (Oktober) spendet der Menagerist den Reinertrag einer Vorstellung in Lemberg (Ukraine) von 58 fl. für Überschwemmungsopfer.
Um den Jahreswechsel 1846/47 kam es in Siebenbürgen zu dramatischen Zwischenfällen. Zuerst brachten die "gedungenen Fuhrleute" die schweren Wagen nicht weiter, spannten ihre Pferde aus und ließen die Käfige mit den Tieren stehen, die in der Kälte ein "grässliches Geheul" erhoben. Im Jänner entlief ein Affe und wurde von der Löwin gefressen. Im Februar fiel ein Transportwagen um, die Löwin entkam und fiel eine Ochsenherde an. Der Menagerist fing das Raubtier unter Lebensgefahr ein.
1847 kommt "Herr Advinent mit seiner reißenden Gesellschaft" in Wien an und plant die Weiterfahrt nach Ungarn. Im September schaltet er in Laibach (Slowenien) ein Inserat mit Bildern, in dem er als "Non plus Ultra" die Abrichtung der Hyäne durch seinen "vierjährigen Sohn" ankündigt. Wenig später wirbt er in der "Klagenfurter Zeitung" mit seinem "fünfjährigen Sohn" bei der Abrichtung der gestreiften Hyäne.
Im November macht die Menagerie in Graz, im Dezember in Pressburg (SK) Station.
1848 (Jänner) war zu erfahren, dass in Budapest (Ungarn) erstmals Fräulein Advinent (Charlotte) mit dem großen afrikanischen Löwen auftrat.
Beim ungarischen Gastspiel sollen sowohl die Tochter mit dem Löwen als auch der sechsjährige Sohn mit der Hyäne zu sehen gewesen sein.
Außerdem spielte im Revolutionsjahr das Affentheater in Budapest. Die Menagerie überwinterte in der ungarischen Hauptstadt.
1849 erhielt der Besitzer die Erlaubnis auf dem Getreidemarkt in Wien ein Affentheater zu errichten. Im Juli wurde die neu erbaute Arena an der Lerchenfelder Linie eröffnet. Die Menagerie hatte an der Fünfhauser Linie ihren Platz gefunden. Inzwischen spielten "Advinent & Casanova" im Theater in der Josefstadt mit dem Affentheater die Burleske "Die Erstürmung der Feste Krähwinkel" mit Tanz, Gesang, Evolutionen, Gefechten und Tableaux".
1855 wird mehrmals von einer Krokodilfamilie berichtet, die Advinent angeblich für den kaiserlichen Tiergarten besorgte, aber in seiner eigenen Menagerie zeigte. Es wären die ersten und größten ihrer Art, die lebend nach Wien kamen. Männchen, Weibchen und ein Junges wurden im Missisipi gefangen. Advinent, inzwischen in Gesellschaft mit seinem Schwiegersohn Louis Cocchi, ließ eine Broschüre über Fang und Jagd der merkwürdigen Riesenkrokodile drucken, die nicht der Spannung entbehrte.
Im Juni kündigt ein Inserat die Schaustellung der Reptilien in Brünn an.
1856 waren die Krokodile in Klagenfurt zu sehen.
1860 (Februar) kaufte Fürst Liechtenstein in Brünn Advinents "schönen bengalischen Tiger" um 4000 fl. Ö.W. für die kaiserliche Menagerie in Schönbrunn.
Ebenfalls 1860 kamen zwei Krokodile aus Liverpool für die Menagerie an. Die folgenden Inserate unterzeichnete L. Cocchi-Advinent, der vor Nachahmungen warnte. Stationen waren Graz und Laibach (SLO).
Im Anzeigenblatt "Grazer Telegraf" erschien ein Doppelinserat. L. Cocchi-Advinent pries seine Riesen-Krokodil-Familie an. Daneben wirbt der Salon Parisien von L. Veltée für seine "Tableaux Pittoresquez" aus Paris. Ludwig Veltée (1829-1897), der 1853 seine Cousine Johanna Advinent geheiratet hatte, war Pyrotechniker wie sein Vater, Bühnenbildner im Burgtheater, später Fotograf und Kinobesitzer. 1880 zeigte er in Salzburg sein "Wiener Panoptikum" mit 100 lebensgroßen Wachsfiguren. 1886 eröffnete er in Wien das "Stadtpanoptikum" und wandelte es 1896 in eines der ersten Kinos um. Seine Tochter Louise Veltée-Kolm-Fleck wurde die zweite Regisseurin der Welt.
In Troppau unterschrieb wieder "Advinent, Menagerie-Besitzer und k.k. Lieferant wilder Thiere für Schönbrunn". Auch der 1861 ausgestellte französische Reisepass weist ihn als Tierlieferanten aus. 1824 und 1826 tätigte die kaiserliche Menagerie bemerkenswerte Ankäufe von ihm und erwarb 1851 mehrere Känguruhs. (Quelle: Jagdzeitung 1863, Sitzungsberichte der Akademie, 1853)
1861 schlüpften in Florenz zwei "Krokodilchen". Die Eigentümer befanden sich mit den Tieren auf einem Dampfer von Marseille nach Livorno. Während der zweitägigen Überfahrt legte das Krokodil fünf Eier, doch nur zwei Jungtiere überlebten.
1862 warb ein Inserat für die Fütterung der Krokodile und Schlangen in Innsbruck.
Im Mai 1862 war die "100-jährige Riesenkrokodilfamilie" und andere interessante Tiere im Wiener Prater zu sehen. Dort ist auch ein Paar zahme Hirsche um 100 fl. zu verkaufen.
Am 19. Juli 1862 starb der verwitwete Menageriebesitzer Benedikt Advinent 62-jährig im k.k. Prater Nr. 52 an Lungenentzündung. Er wurde auf dem Neulerchenfelder Friedhof begraben. Wiener Zeitung, Presse und Grazer Tagespost brachten die Meldung in der entsprechenden Rubrik, aber weder Parte noch Nachrufe.
Im Oktober 1862 kündigte die "Menagerie des Ludwig Cocchi & Advinent" ihr Kommen nach Pressburg (SK)an. Zuvor war sie in Cocchis "Hauptdepot" in Altmannsdorf Nr. 82 zu sehen.
1863 (Jänner) zeigte L. Cocchi-Advinent in Laibach (SLO) nicht nur die angekündigte Tierschau, sondern auch Stereoskopien aus Paris und London.
Im Mai kündige ein großes Inserat das Gastspiel in Verona (Italien)an. Madame Charlotte Cocchi geb. Advinent trat wieder mit der gefleckten Hyäne auf. Die gemeinsamen Vorstellungen lassen sich bis 1869 verfolgen. Stationen waren Bozen, Wien, Innsbruck, Salzburg, Linz, St. Pölten, Ungarn, Graz, Laibach, Gmunden.
1864 wurden Charlotte Cocchi und ihre Schwester Johanna Veltée wegen der Verlassenschaft per Zeitungsaufruf gesucht Benedikt Advinents Haus in Himberg 34 mit Grundstücken sollte um 10.000 fl. versteigert werden Es fanden sich keine Käufer, im Dezember kam es zur exekutiven Feilbietung.
1864 berichtete die Wiener Zeitung von "Menageriegefahren". Cocchi musste die Nummer mit einer ungebärdigen Löwin abbrechen. Er hatte vergessen, die Tür zu schließen, jedoch kam niemand zu Schaden.
Im Oktober 1864 besuchte Erzherzog Ludwig Viktor die "interessante Menagerie" bei ihrem Gastspiel in Salzburg. "Auch ein ungemein zahlreiches Publikum war gleichzeitig anwesend und nahm die Vorstellung, welche stets die Zuseher in hoher Spannung erhält, mit lebhaftem Beifall auf." (Quelle: ANNO, Salzburger Zeitung, 1864-10-25, Seite 3 (onb.ac.at)
1869 sind die letzten Inserate zu finden. Zu den "Wundern der Zoologie" zählte ein "Fliegender Fuchs"(Flughund), gebracht von Lorenz Casanova (dieser arbeitete auch als Tierfänger für den Tierpark Hagenbeck und starb 1870 in Suez). In den letzten fünf Jahren wurden die Darbietungen mit Ballett, Musik - Militärmusik, La Traviata - Beleuchtungseffekten und Darbietungen angereichert. Die Programme wirken theatralisch, wenn Szenen etwa "Dianas Traum" oder "Die Macht der Kunst" betitelt sind.
Trotz aller Attraktionen geht die große Zeit der Wandermenagerien zu Ende. Markus Feigl schreibt: "In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erwiesen sich einerseits die nun besser erreichbare, kostenlos zugängliche kaiserliche Menagerie in Schönbrunn als auch der neu gegründete Tiergarten im Prater als starke Konkurrenten. Im 20. Jahrhundert verlieren die mobilen Tierschaustellungen generell an Bedeutung und vermehrt nehmen Zirkusse mit angeschlossenen Tierschauen ihren Platz ein."
In ANNO
dem digitalen Zeitungs- und Zeitschriftenlesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek, findet sich der Suchbegriff Advinent rund 380 mal. Die Holzschnitte sind den dort veröffentlichten Inseraten entnommen .
Die Lithographie befindet sich in der Portraitsammlung der ÖNB (IN: PORT_00016720_01). Dank an Magic Christian für wertvolle Hinweise. Mitteilungen über die Familie Advinent hat freundlicherweise Werner Stubits zur Verfügung gestellt.
Quellen:
Gerda Barth: Feuerwerk und Spektakel im alten Wien, Wien 1982
Markus Feigl: Tierschaustellungen in Wien, Wien 2002
Uli Jürgens: Louise, Licht und Schatten, Wien 2019
Margit Peter, Robert Kaldy-Karo (Hg.): Artistenleben auf vergessenen Wegen. Wien 2013
Monika Schmidl: Überblick über die österreichische Währungs-und Münzgeschichte. In: Unser Währing 2/3 1989
Ursula Storch (Hg.): In den Prater! Wien 2016
Helga Maria Wolf: Familien Advinent und Velteé: Vom Affentheater zur Kinofilmproduktion. In: Jahrbuch der Österr. Ges.. Familien- und regionalgeschichtliche Forschung (ÖFR) 2022. S. 3-32
Ausstellungskatalog "Des Kaisers schönste Tiere".
Österreichische Nationalbibliothek, Wien 2022.