Hausindustrie#
Die seit dem 17. Jahrhundert übliche, bis ins 19. Jahrhundert umfangreiche Hausindustrie ist ein Teil des Verlagssystems. Dieses beruht auf Heimarbeit, die in ländlichen Gebieten als Zuerwerb diente und oft ganze Familien arbeitsteilig beschäftigte. Ein Verleger stellte das Material zur Verfügung und organisierte den Vertrieb. Typische Produkte waren Holzspielzeug, Glaswaren, Hinterglasbilder, Uhren, Kleineisen- und Textilwaren. Sie wurden oft von Wanderhändlern vertrieben, die durch ihren Kaufruf auf sich aufmerksam machten. Sie brachten die Produkte auch in entlegene Gegenden, deren Bewohner sonst keinen Zugang zu den Erzeugnissen gehabt hätten. Zu den Hausierern zählten Bandelkramer aus dem Waldviertel, Grödner Wanderhändler, Kroaten und Slowaken, die Spielzeug und Haushaltsgeräte aus Holz nach Wien brachten und Tiroler Wanderhändler mit Decken und Teppichen.
Das Lexikon der deutschen Volkskunde nennt als verwandte Wirtschaftsformen Hausfleiß (Hauswerk) zur Selbstversorgung sowie Hausgewerbe (Lohnwerk), wobei Gegenstände für den eigenen Bedarf hergestellt und Überschüssiges verkauft wurde, und Heimwerk als Gewerbe mit unbeweglichen Berufsgeräten wie Mühle, Esse oder Backofen, die oft nicht im Eigentum des Produzenten, sondern der Obrigkeit standen. Tätigkeiten beim Hausfleiß waren grundlegende wie Spinnen, Weben, Flechten, Schmieden, Töpfern oder Tischlerarbeit. Diese Wirtschaftsformen unterlagen nicht dem Zunftzwang wie das bürgerlichen Handwerk. Das gleiche galt für die Störgewerbe, bei denen umherziehende Handwerker ihre Tätigkeit im Haus des Auftraggebers ausführten (z.B. Schuster, Schneider, Kesselflicker, Scherenschleifer).
Quelle:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S.334 f.
Bild:
Wanderhändler mit Spielzeug, das in Hausindustrie hergestellt wurde. Foto: Otto Schmidt, um 1880