Brauchtum - warum ? 11#
Alle Fotos: Wolf, historische Bilder: gemeinfrei
Der trübe November beginnt mit Allerheiligen und Allerseelen. Populäre Heilige und ihre mit Bräuchen begangenen Feste stehen im Kalender: der Jägerpatron Hubertus, der "bayrische Herrgott" St. Leonhard, der mildtätige Soldat Martin, der österreichische Landesherr Leopold, die Schutzfrau der Musiker Cäcilia, Katharina, die "die Geigen einsperrt" und der Apostel Andreas, der das Kirchenjahr abschließt.
1. November - Allerheiligen#
Im 4. Jahrhundert gedachten die Christen im Orient - zu regional unterschiedlichen Terminen, u.a. in der Osterzeit - ihrer Märtyrer. Im 7. Jahrhundert weihte Papst Bonifatius IV. (+ 615) das römische Heiligtum aller Götter (Pantheon) zu Ehren der christlichen Blutzeugen (13. Mai 609). Im 8. Jahrhundert feierte man in Irland und England ein Allerheiligenfest am 1. November. Im 9. Jahrhundert (835) übertrug Papst Gregor IV (+ 844) das "Fest aller Heiligen" offiziell auf den 1. November. Allerheiligen ist kein Trauertag, sondern feiert das neue Leben, in das die Heiligen und Seligen eingegangen sind.
2. November - Allerseelen #
Seit dem 2. Jahrhundert gibt es Zeugnisse, dass Gebete für Verstorbene an bestimmten Tagen mit der Messfeier verbunden wurden. Später widmeten die Klöster einen Tag dem Gedenken ihrer toten Mitglieder. Kurz vor der ersten Jahrtausendwende rief Abt Odilo von Cluny (994-1048) in seinen Gemeinschaften zum festlichen Gedächtnis aller verstorbenen Gläubigen am 2. November auf. 1006 ordnete Papst Johannes XVIII. (+ 1009) die allgemeine Feier des Allerseelenfestes an. Obwohl die Kirche die Auferstehung betont, stehen die beiden Tage im allgemeinen Verständnis im Zeichen des Totenkultes. Während Friedhofsbesucher nicht an den Sammelbüchsen mit dem Aufdruck “Schwarzes Kreuz” - für die Kriegsgräberfürsorge - herumkommen, fallen an den Straßenrändern weiße Kreuze auf. Sie sind in weiten Teilen des Bundesgebiets an jenen Stellen platziert, an denen sich tödliche Unfälle ereignet haben und tragen die Aufschrift “Wir gedenken und mahnen”. Diesen modernen Brauch in der Öffentlichkeit pflegt der 1899 gegründete Auto- Motor- und Radfahrerbund Österreichs. Der ARBÖ sieht die Aktion zudem als Beitrag, die Unfallquote zu minimieren.
Leopold Schmidt (1912-1981) spricht in seinem Standardwerk "Volkskunde von Nieder-österreich" vom “großen Doppelfest der Toten, nämlich der toten Heiligen wie der toten Weltkinder”. Dieses habe einst den kräftigsten Einschnitt zwischen Herbst und Frühwinter bedeutet. Schmidt betont den Einfluß der Klöster bei Allerseelenfeiern und Fegefeuerglauben. Dieser entsprach spätmittelalterlichen Vorstellungen und wurde in der Gegenreformation belebt, wobei die Betonung auf den Zuwendungen für die "armen Seelen" lag. Die üblichen Opfergänge mit Lebensmitteln, die der Kirche oder dem Mesner zugute kamen, wurden zur Seelenspende für die Verstorbenen. Schließlich gingen die Armen bzw. Kinder heischen.
Ende November - Christkönigssonntag#
Das jüngste Ideenfest der katholischen Kirche entstand im Heiligen Jahr 1925. Anlass für die Einführung des Festes war die 1600-Jahr-Feier des Konzils von Nicäa, welches das Dogma von der Wesensgleichheit Christi mit dem Vater formulierte. Ursprünglich war der Termin Ende Oktober, vor Allerheiligen. Er wurde dann auf den letzten Sonntag im Kirchenjahr verschoben. Das Christkönigsfest als Titularfest der katholischen Männer und Jugendlichen fand in der Zwischenkriegszeit begeisterte Aufnahme. In den zwanziger Jahren wurden zahlreiche Christkönigskirchen gebaut. Später wurde es zum Fest der Jugend mit Ministranten- und Jungscharaufnahmen.
Ende November - Ewigkeitssonntag#
Die evangelischen Christen widmen den letzte Sonntag im Kirchenjahr dem Totengedenken. Dies ordnete der preußische König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) nach den Befreiungskriegen 1816 an. Der Totensonntag (Ewigkeitssonntag) wurde bald von anderen Landeskirchen übernommen. Oft ist es Brauch, in den Gottesdiensten die verstorbenen Gemeindemitglieder des abgelaufenen Kirchenjahres namentlich zu nennen und sie mit ihren Angehörigen in das Gebet einzuschließen.
Bekannte Heiligenfeste im November:#
3. November: Hubertus. Bischof Hubert (655-727) wirkte als Glaubensbote in Belgien. Jahrhunderte später wurde die im Zusammenhang mit Eustachius bekannte Hirschlegende auf ihn übertragen. Seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckten Jagdhornbläser und Waidmänner den Hubertustag als Termin für “Jägermessen”, die sie entsprechend musikalisch gestalten.
6. November: Leonhard. Leonhard lebte wahrscheinlich im 6. Jahrhundert als Einsiedler in Frankreich. Er ist „der“ Viehpatron und gilt als Löser feindlicher Ketten, wohl wegen des Gleichklangs seines Namens im Französischen (Lienard) mit Lien (Fessel). Manche der ihm geweihten Gotteshäuser sind mit Ketten umspannt. Leonhardiritte mit Pferdesegnungen oder Reiterspiele waren - und sind wieder - weit verbreitet.
11. November : Martin. Martinus von Tours (316 - 397) wurde 371 von Klerus und Volk von Tours zum Bischof gewählt. Nach der Legende wollte er sich dem Amt entziehen, doch schnatternde Gänse verrieten sein Versteck. Seit dem 5. Jahrhundert ist der Martinstag der Beginn einer Bußzeit mit symbolischen 40 Tagen vor Weihnachten. So wurde Martini das Gegenstück zum Faschingdienstag bzw. Aschermittwoch mit Festessen (Heringsschmaus - Martinigans), Alkoholgenuss (Fastentrunk - Weintaufe) und Lampionumzügen. Belege für solche Feste finden sich seit dem 12. Jh. in Klöstern. Handwerker schenkten ihren Gesellen eine "Lichtgans", weil sie nun bei Licht arbeiten mussten. Arbeiter in den Weingärten bekamen die "Lesgans" und Bettelmönche erhielten Gänse als milde Gabe, wobei derjenige, der am meisten einheimste, als "König" gefeiert wurde. Kindergärten veranstalten zu Martini Laternenumzüge, Winzer organisieren Weintaufen, Faschingsvereine rufen am 11.11. um 11 Uhr 11 den Karneval aus.
15. November: Leopold. Leopold III. (1075-1136), Markgraf von Österreich, regierte während des Investiturstreits zwischen Kaiser und Papst. Leopold, Ehemann der Kaisertochter Agnes, stand auf der Seite des Papstes. Leopold gründete die Stifte Klosterneuburg, Heiligenkreuz und die Benediktinerabtei Klein-Mariazell, Stift Melk unterstellte er dem Papst. Er starb bei einem Jagdunfall und ist in der Krypta des Augustiner-Chorherrenstiftes Klosterneuburg begraben. Seine Heiligsprechung erfolgte 1485. Leopold ist der Landespatron von Österreich, Nieder- und Oberösterreich. Klosterneuburg feiert ihn mit alten und neuen, geistlichen und weltlichen Bräuchen: Zu diesen zählt vor allem das Fasselrutschen. Damit ist die Vorstellung verbunden, dass ein dabei gedachter Wunsch in Erfüllung geht.
22. November: Cäcilia. Cäcilia war eine frühchristliche Märtyrin (+ um 250) in Rom. Wegen der legendären Erwähnung ihrer Hochzeit, bei der die Orgeln gespielt haben sollen, wird sie seit dem Mittelalter als Patronin der Kirchenmusik verehrt. Dabei dürfte es sich um einen Übersetzungsfehler handeln, wobei man cantantibus organis (beim Spiel der Orgel) mit cantentibus organis verwechselte. Dies würde auf ein Martyrium hindeuten, bei dem die Heilige im Dampfbad erstickt wurde. In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts begingen die Kirchenchöre den Cäciliensonntag mit Konzerten und musiklaischen Aufführungen zum Gottesdienst. Dafür sprach auch der Termin des letzten Sonntags im Kirchenjahr, da nach damals noch gut bekannter früherer Auffassung im Advent die Orgel schweigen und erst zu Weihnachten wieder erklingen sollte.
25. November: Katharina von Alexandrien. Katharina war eine frühchristliche Märtyrin (4. Jahrhundert). Nach der legendären Überlieferung sollte sie gerädert werden, doch das Rad zerbrach, so dass man sie enthauptete. Kurz vor ihrer Hinrichtung überzeugte die kluge Achtzehnjährige im Disput fünfzig heidnische Gelehrte. Sie versprach, bei Gott für alle zu bitten, die ihren Namen anriefen. Engel trugen den Leichnam auf den Berg Sinai, wo das Katharinenkloster erbaut wurde. Im Kreis der 14 Nothelfer zählt sie zu den populären drei weiblichen Heiligen: "Barbara mit dem Turm, Margaretha mit dem Wurm und Katharina mit dem Radl, das sind die drei heiligen Madl". Markierte einst der Martinstag den Beginn der "geschlossenen Zeit" des Advents, so hieß es später: "Kathrein sperrt die Geigen ein". Viele Volkstanzgruppen pflegen den traditionellen Kathreintanz.
30.November:Andreas. Der Apostel Andreas war Fischer am See Gennesaret. Nach der Überlieferung erlitt er am 30. November des Jahres 60 den Märtyrertod am schrägen Kreuz. Bräuche in der langen Andreasnacht weisen auf den nahenden Jahreswechsel. Besonders Hochzeitsorakel („Andreseln“) waren üblich. Andreaskreuze galten als Talisman gegen Zauberei und Gicht.
Siehe auch: Monatsbild