Nationalfeiertag#
1919 bestimmte die Konstituierende Nationalversammlung den 12. November zum Staatsfeiertag (nicht zum Nationalfeiertag). Laut Gesetz war er “dem immerwährenden Gedenken an die Ausrufung des Freistaates Deutschösterreich” gewidmet. Doch wollten viele Bürger diesen - ebenso wie den im gleichen Gesetz zum Ruhe- und Festtag erklärten 1. Mai - als “roten” Feiertag nicht annehmen. 1934 wurde der Staatsfeiertag abgeschafft und der 1. Mai “zum dauernden Gedenken an die Proklamation der Verfassung” als Staatsfeiertag umfunktioniert - was wiederum die Arbeiterbewegung ungern akzeptierte. Während des Nationalsozialismus galt der 1. Mai als “Nationaler Feiertag des Deutschen Volkes” und zugleich “Feiertag der nationalen Arbeit”. 1945-1955 hatte Österreich keinen Nationalfeiertag. 1946-1954 wurde der 13. April als “Tag der Befreiung” (Wiens durch die Rote Armee) begangen.Die Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 und die Wiederherstellung der vollen Souveränität Österreichs nach dessen Inkrafttreten am 27. Juli 1955 lösten ein von breiten Bevölkerungsschichten getragenes Österreich-Bewusstsein aus. Der “Österreichische Unabhängigkeitstag”, auch “Tag der Fahne” oder “Flaggentag” genannt, erinnerte im ersten Jahr an den Abzug des letzten alliierten Soldaten. Schon 1956 wurde der Beschluss der immerwährenden Neutralität als offizieller Anlass des Festtages angegeben, den vor allem Schulen und das Bundesheer wahrnahmen. Seit 1967 ist der 26. Oktober als Nationalfeiertag den gesetzlichen Feiertagen gleichgestellt.
Nach 1955 musste nicht nur ein Gedenktag erfunden werden, sondern auch als passend empfundene Rituale. Hatte der erste “Tag der Fahne” 1955 Volksfestcharakter, so war von der spontanen Freude schon im Folgejahr weniger zu merken. Häuser wurden beflaggt, Schüler bastelten rot-weiß-rote Fähnchen. In pädagogischer Absicht sollten “der Jugend” die historischen Leistungen Österreichs durch Feiern mit Dichterlesungen, Chören und Festansprachen nahe gebracht werden. In den siebziger Jahren trat die Zukunftsorientierung in den Vordergrund. Die Großveranstaltung “Feier der Jugend” wurde nicht mehr durchgeführt. Am Nationalfeiertag 1971 rief Bundespräsident Franz Jonas (1899-1974) erstmals via Radio zu Fit-Märschen und Fit-Läufen auf, die von der Bundes-Sportorganisation veranstaltet wurden. Vor der Privatisierung der Bundesmuseen lockten diese (bei freiem Eintritt) kulturell interessierte Besuchermassen an.
In Tirol findet am Abend vor dem Nationalfeiertag der "Große österreichische Zapfenstreich" statt. An dem militärmusikalischen Schauspiel nehmen Militärkommando und Militärmusik Tirol, Ehrenkompanien, Fahnenabordnungen, Vertreter der Traditionsverbände und der Tiroler Schützen sowie Personen des öffentlichen Lebens teil.
In Wien war 2023 (zum 28. Mal) der Heldenplatz Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Dazu zählen die Präsentation des Bundesheeres und die Angelobung der Rekruten (seit 1956), Kranzniederlegungen, Hindernisparcour zum Ausprobieren und ein Gewinnspiel. Außerdem gab es wieder den "Tag der offenen Tür" in Regierungsbüros und freien Eintritt in manchen Museen.
In diesem Jahr wurde auch der Fitmarsch wieder belebt. Am 26. Oktober 1971 gab der Unterrichtsminister im Radio den Startschuss zur bis dahin größten Sportmassenveranstaltung in der österreichischen Geschichte, dem „Nationalen Fitlaufe und Fitmarsche“. Etwa 150.000 Personen (2,1 % der Bevölkerung) nahmen an ca. 150 der von Bundessportorganisation (BSO) organisierten „Fit-mach-mit-" Veranstaltungen teil. Man sollte eine Strecke von 10 km bewältigen, was der die „Erhaltung und Förderung der Volksgesundheit und Propagierung des Fitnessgedankens“ dienen sollte. In den 1980ern ging das Interesse stark zurück. 2003 bis 2013 sorgte der Verein „Fit für Österreich“, eine gemeinsame Initiative des Sportministeriums, der Österreichischen Bundessportorganisation und der Sportdachverbände für den „Gemeinsam-gesund-bewegen-Tag“ am 26. Oktober. Die „Fit-mach-mit-Kampagne“, war keine österreichische Erfindung. Die Idee wurde zuvor in den USA, den skandinavischen Ländern und der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt. 2023 starte eine neuen Initiative unter dem Motto "Wir bewegen Österreich" in Zusammenarbeit mit Österreichs Sportverbänden und Sportvereinen, dem Fonds Gesundes Österreich und dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Der Aktionstag und soll nun wieder all jährlich zu Bewegung und Sport motivieren. Gleichzeitig wird zur Unterstützung der ORF-Aktion "Österreich hilft Österreich" aufgerufen.
Quellen:
Gustav Spann: Zur Geschichte des österreichischen Nationalfeiertags. In: Beiträge zur historischen Sozialkunde. Wien 1966. S. 27-34
Tirol 2019, publiziert 26.10.2019
2023
"Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2015
Foto:
Beflaggtes Amtsgebäude. Foto: Doris Wolf
Siehe auch:
Symbole