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Helga Maria Wolf#

Zur Krippe her … #

Wiener Hauskrippe, Foto: Doris Wolf,2022

Seit 2021 zählt das "Traismaurer Kripperl" zu den niederösterreichischen Traditionen, die Aufnahme in das UNESCO-Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gefunden haben. Das Theater geht auf das Jahr 1810 zurück und ist eines der letzten Stabpuppenspiele.

Während es zur Weihnachtszeit aufgeführt wird, kann man auch in Kirchen und Familien Krippen bewundern. Manche Museen zeigen sie ganzjährig. Das Museumsmanagement Niederösterreich empfiehlt beispielsweise die Zinnfigurenwelt Katzelsdorf, die Papierkrippensammlung im Pollaschek-Haus Loimersdorf, die Egerländer Krippe im Volkskundemuseum Mödling, das Erste Niederösterreichische Krippenmuseum in Vösendorf und die historische Krippensammlung im Heimatmuseum Yspertal.

"Es ist kein Kripperl mehr!“ beklagte Erzherzog Johann nach einem Weihnachtsbesuch beim Bruder des Kaisers, Erzherzog Carl. Der Sieger von Aspern war mit Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg verheiratet. Sie weigerte sich als erste, bei ihrer Hochzeit mit einem Habsburger zum Katholizismus zu konvertieren. 1816 wurde ihre Tochter Maria Theresia Isabella geboren. Das Kind war wohl der Anlass, den katholischen Familienbrauch der Weihnachtskrippe durch die evangelische Feier mit einem Christbaum zu ersetzen.

Kirchenkrippen - eine katholische Tradition

Im konfessionellen Zeitalter hatten sich Orden, wie Jesuiten und Franziskaner, für den Krippenbrauch eingesetzt. Er wurde zu einer "Ausdrucksform barocker katholischer Frömmigkeit und zu einem Moment der symbolischen Abgrenzung zwischen den Konfessionen", schrieb der Historiker Michael Mitterauer. Er wies auch darauf hin, dass die Förderung zeitlich begrenzt war. Maria Theresia und Joseph II. haben "mit grundlegenden Reformen der Liturgie tief in die Formen der Volksfrömmigkeit eingegriffen." Ihrem Vorbild folgten Erzbischof Hieronymus Colloredo von Salzburg (1782) und Kurfürst Maximilian von Bayern (1803). "Solche Maßnahmen des aufgeklärten Absolutismus in katholischen Ländern stießen weitgehend auf Widerstand in der Bevölkerung. Viele Kirchenkrippen wurden nun als private Krippen weitergeführt bzw. neue Hauskrippen angeschafft. Es wird vermutet, dass das Verbot von Kirchenkrippen die Verbreitung von Hauskrippen entscheidend gefördert hat." Nach den Verboten kamen die Kirchenkrippen wieder, und manche historischen Modelle waren gerettet worden. Sie entsprachen dem Zeitgeist der Romantik. Das Weihnachtsbuch "Zur Krippe her kommet" der Volkskundlerin Gertrud Heß-Haberlandt lädt zu einer "Kripperlschau in Niederösterreich" ein. Sie beginnt mit der Klosterkrippe von Dürnstein. Der Bildhauer Johann Schmidt, Vater des berühmten "Kremser Schmidt", schuf sie um 1720 für einen kapellenartigen Anbau des Kreuzgangs. Drei Szenen zeigen mit lebensgroßen Figuren die Anbetung des Heilands, den bethlehemitischen Kindermord und die Flucht nach Ägypten.

In Waidhofen an der Ybbs war der Gastwirtssohn Ignaz Oberrader (1852-1949) als Krippenschnitzer tätig. In der Spitalskirche der Stadt steht sein größtes Werk, eine 1890 geschaffene Wechselkrippe mit fünf Szenen (Anbetung der Hirten bzw. Könige, Beschneidung, der zwölfjährige Jesus im Tempel, Hochzeit zu Kana, Darstellung des Herrn). In diesem Gotteshaus befindet sich auch eine gotische Holzplastik mit der Anbetung der drei Könige. Für die ehemalige Klosterkirche schuf Oberrader eine Kastenkrippe mit der phantasievollen Darstellung der heiligen Nacht. Etliche Waidhofener, zum Teil Hammerherren, besaßen Krippen des Künstlers. Bei diesen trafen sie sich im Familien- und Freundeskreis zum geselligen Weihnachtsliedersingen.

In Gaming hat sich die barocke Kartäuserkrippe mit 19 beweglichen Gliederpuppen erhalten. Ein Kartäusermönch soll sie für das 1720 erbaute Armenhaus geschnitzt haben. Die 70 cm großen Figuren waren künstlerisch gestaltet. Ende des 19. Jahrhunderts erhielten sie Gewänder aus wertvollen Stoffen. Die zahlreichen Figuren der Kastenkrippe von Gutenstein hat jedoch jemand aus Brotteig geformt und mit Trachten bekleidet. Von der Decke schwebt der Gloria-Engel in einem prächtigen Strahlenkranz. Interessant ist die Rückwand des um 1800 entstandenen Werks, die Wiener Neustadt mit seiner noch unzerstörten Burg zeigt.

Die spätbarocke Wachskrippe in der Pfarrkirche von Bad Deutsch-Altenburg zeichnet sich durch ihre künstlerische Gestaltung aus. Die vollplastisch modellierten Figuren aus weißem Wachs wirken wie aus Elfenbein geschnitzt. Es dürfte sich um die Reste einer größeren Wechselkrippe handeln. Die Kirche der Weinviertler Marktgemeinde Hohenruppersdorf besitzt eine wertvolle Biedermeier-Tonkrippe. Sie findet ihr "Geschwisterstück" in einer Alt-Wiener Porzellankrippe, deren Modell sie vielleicht war. Pater Maurus Wandler vom Stift Altenburg war 1864 bis 1871 Pfarrverweser in Maria Dreieichen bei Horn. Für diese Wallfahrtskirche modellierte er eine Krippe mit bis zu 70 cm hohen Figuren aus Wachs.

Ein Unikat in Schönbühel an der Donau

500 Meter unterhalb des Schlosses liegt das ehemalige Kloster, das von den 1760er Jahren bis 1980 die Serviten betreuten. Die Patres begannen mit dem Bau einer Grab-Christi-Kapelle, 1669 kam ein Kalvarienberg dazu. Bis 1675 entstand eine Nachbildung der Geburtsgrotte von Bethlehem. Dieser Bau geht auf Eleonora de Gonzaga, die Witwe Kaiser Ferdinand III., zurück. Sie beschaffte Pläne des Originals und stiftete einen Konvent. Mit einer Nachbildung der Grabeskirche und einer Grotte der Pestheiligen Rosalia wurde das Kloster ein beliebter Wallfahrtsort, den auch Kaiser Leopold I. besuchte. Über 54 Stufen erreichten die Pilger vom Donauufer die Bethlehemgrotte. Fresken zieren ihren Vorraum außen und innen. Das barocke Tonnengewölbe ist mit Streublumen bemalt, die Altarnische mit dem Fresko "Anbetung der Hirten". Unter dem Altar liegt ein goldener Stern mit einem marmornen Kissen. Über zwei Stufen erreicht man den Dreikönigsaltar, dem gegenüber sich die Muschelgrotte mit der Krippe befindet.

Mechanische Krippen

Eine der selten gewordenen mechanischen Krippen befindet sich in der Pfarrkirche Scheibbs. Der Kapuzinerbruder Amand baute sie 1864 und erhielt dafür 200 Gulden (ca. 2700 €), acht Jahre später kam das mechanische Werk dazu. Die Szenerie ist 2 m lang, je 1,50 m hoch bzw. tief. Der Stall von Bethlehem ist in einer Kirchenruine untergebracht, die phantasievollen Gebäude entsprechen dem Stil der orientalischen Krippen, doch gibt es auch alpenländische Häuser. Von den 50 Figuren sind zehn beweglich. Wird die Kurbel betätigt, ertönt ein Glockenspiel, dann wechseln heilige und weltliche Szenen ab. Engel tanzen und schaukeln das Kind in der Wiege, eine Bäuerin rührt Butter, ein Hirte spielt Alphorn. Wächter umrunden die Burg, die heiligen drei Könige kommen mit Pferden und Kamelen. Passend zum jeweiligen Sonntags-Evangelium gibt es austauschbare Figurengruppen.

Seit 1998 denkmalgeschützt, 2011 restauriert, automatisiert mit Licht und Ton und frei zugänglich präsentiert sich die vier Meter lange, mechanische Krippe von Maria Taferl. Sie erzählt mit 300 Figuren nicht nur biblische Episoden wie die Geburt Jesu, das Leben der Heiligen Familie und die Flucht nach Ägypten, sondern auch die Entstehungsgeschichte des größten Wallfahrtsortes Niederösterreichs. Fassade, Türme und Kirchenschiff der Basilika sind schon vollendet dargestellt, das Querschiff ist eingerüstet und am Dachstuhl wird eifrig gewerkt. Seit ihrer Erbauung - 1892 durch den Mechanikermeister Leopold Steindl - hat die mechanische Krippe ihren Standort nicht verlassen.

Kulturerbe Traismaurer Krippenspiel

Anders als bei mechanischen Krippen, die mittels Uhrwerk in Bewegung gesetzt werden, ist beim "Traismaurer Kripperl" die Mitwirkung von Puppenspielern und Chor unerlässlich. Die Tradition der Krippenspiele reicht in die Zeit der Gegenreformation zurück. Ausführende waren professionelle Puppenspieler und städtische Handwerker, die einen Nebenerwerb suchten. In St. Pölten gab es im 19. Jahrhundert zwei Krippentheater, in Wien mindestens fünf. Heute stellt das Krippenspiel von Traismauer eine "einzigartige kulturelle Besonderheit" dar. Es verdankt sein Überleben dem Volksliedforscher Raimund Zoder (1882-1963). Er nahm 1919 nahm mit dem Besitzer, Ludwig Scheibl (1852-1928) Kontakt auf. Ein Jahr später erschien Zoders Buch "Das Traismaurer Krippenspiel" mit Texten und Noten, illustriert von Konrad Mautner. Ludwig Scheibl war Gemeindediener in Traismauer, wo seine Familie 1771 aus Bayern zugewandert war. Sein Großvater, der Handschuhmacher Ferdinand Scheibl, begründete das Krippenspiel, das er zwischen Advent und Maria Lichtmess in Gasthäusern aufführte. Er gab das Stück mündlich an seinen Sohn und dieser an Ludwig Scheibl weiter. Dieser überließ das Theater 1922 dem Heimatmuseum. 1931 renovierte die Spielgemeinschaft Puppen und Bühne. Seit 1998 organisiert der "Traismaurer Gesangsverein von 1862" das Krippenspiel. Er führt nun acht (statt neun) Szenen auf. Besonders populär ist die letzte, "das heitere Anhängsel", in der beliebte "Volkstypen" auftreten. Sie umfasst Lieder von Schäfern, Schäferin, Jäger, Wildpratschütz, Salzburger Bauer, Rauchfangkehrer, Köchin, Schneider, Bandelkramer und ein belehrendes Schlusslied.

Kindelwiegen - nach 850 Jahren revitalisiert

Als älteste Form der Krippenspiele gilt der liturgische Weihnachtsbrauch des Kindelwiegens. Es wurde bereits zwei Generationen vor der legendären Krippenfeier des hl. Franziskus erwähnt. Das erste Zeugnis einer Kindelwiegenfeier findet sich in der Schrift "De investigatione Antichristi", die Gerhoh von Reichersberg (1093-1169) anno 1161/62 verfasste. Der Selige Gerhoh war seit 1132 Propst des oberösterreichischen Augustiner Chorherrenstiftes. Nach seiner Schilderung war der Aufführungsort eine Klosterkirche, die Akteure Mönche oder Kleriker. Die Kindelwiegenfeier bestand in einer Reihe von Gesängen - aus dem Stundengebet und liturgisch nicht festgelegte Cantionen - , die durch einzelne Aktionen dramatisch angereichert wurden. Bis ins 20. Jahrhundert findet sich der Brauch in vielen Variationen, unterschiedlich nach dem Aufführungsort - Dom, kleine Kirche, Kloster … - den Ausführenden und wohl auch den Erwartungen des Publikums. Als Requisiten dienten künstlerisch gestaltete Wiegen mit einer Christkindpuppe. Das Kindelwiegenlied par excellence war "Resonet in Laudibus", aus dem mittleren 14. Jahrhundert. Die deutsche Fassung, der vielstrophige, meditative Gesang "Joseph, lieber Nefe mein" stammt von dem als Mönch von Salzburg bekannten Liederdichter. 850 Jahre nach der ersten Erwähnung, hat Eberhard Kummer (1940-2019), ein Spezialist für alte Musik, das Kindelwiegen in der Kirche St. Gertrud des Stiftes Klosterneuburg 2012 bis 2017 revitalisiert. 2018 und 2020 übernahm der Kulturvermittler Norbert Hauer die Durchführung.

Alte Bräuche - neu entdeckt

Der Blick in die Geschichte des Krippenbrauchs bietet viele Anregungen für den Weihnachtsfestkreis. In Oberösterreich hat die "Kripperlroas" Tradition. Wochenlang werden in den Häusern große Krippenlandschaften aufgebaut, und man freut sich, wenn Gäste kommen, die sie bewundern. Ähnliches ließe sich in kleinerem Rahmen mit Einladungen für Bekannte machen. Vielleicht traut man sich sogar zu, wie einst die Hammerherren, mit der Krippe im Zentrum Weihnachtslieder zu singen. Man könnte eigene Krippen bauen, wie beispielsweise bei Kursen der Niederösterreichischen Krippenfreunde zu erfahren ist. "Kripperl schauen" in Kirchen oder Krippenspiele besuchen ist nicht nur etwas für Kinder. Das Beispiel "Kindelwiegen" zeigt, dass sich Bräuche sogar nach Jahrhunderten zur Freude der Teilnehmenden revitalisieren lassen. Die besten Bräuche sind jene, die sich lebendig weiter entwickeln und zu den eigenen Bedürfnissen passen. Der Versuch lohnt sich - und nächstes Jahr kann man etwas anderes versuchen. Das wichtigste ist, dass es Freude macht.

Quellen:
Gertrud Heß-Haberlandt: Zur Krippe her kommet. Wien 1965
Michael Mitterauer: Zwischen Gemeinde und Familie. Das Weihnachtsfest im frühen 19. Jahrhundert. Manuskript 2015
Virtuelle Adventreise durch Niederösterreichs Museen,Museumsmanagement NÖ (noemuseen.at)
Kloster Schoenbuehel
Krippenverband Niederösterreich (landeskrippenverband-noe.at)


Erschienen in Schaufenster Kultur.Region, Dezember 2022