Moderne Kunst in Österreich - Leander Kaiser#
Sonderpostmarkenserie
Leander Kaiser, am 2. Juli 1947 in Innsbruck geboren, gehört ohne Frage zu den bemerkenswertesten Malern Österreichs. Seine – auch international – viel beachtete Tätigkeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf die darstellende Kunst, er gilt auch als anerkannter Verfasser zahlreicher philosophischer, kunsttheoretischer und -geschichtlicher Texte. In seiner Dissertation 1980 setzte er sich beispielsweise mit dem „Problem des Allgemeinmenschlichen in der Hegelschen Ästhetik“ auseinander.
Leander Kaiser war und ist stets ein Maler, der sich für die Figuration, sprich für die konkrete Darstellung, und für eine narrative Form des Geschehens entschieden hat. Dass er dabei niemals in den Bereich der Illustration fällt, dafür sorgt der metaphorische Charakter seiner ihm eigenen Bildsprache. Der große Max Beckmann freilich besetzt historisch eine Art verwandte Position – wie bei dessen Gemälden scheinen einander auch in Kaisers Arbeiten die Bereiche Intimität und Monumentalität nicht zu widersprechen. Typisch ist auch der meist erdige, kalkige, mitunter pastellartige Ton, der die Bilder trägt und ihnen ihr lyrisch-ruhiges Wesen verleiht. In vielen Werken von Leander Kaiser herrscht gewissermaßen der Zustand der Labilität; seine theaterhaften Figuren greifen oftmals halt- und hilflos in den Raum, stützen sich ab und suchen Position.
Das auf der neuen Sondermarke gezeigte Bild (Originalmaß 125 x 90 cm) trägt den Titel „Auf einem Stuhl schaukelnde Frau“. Es stammt aus dem Jahr 1994 und befindet sich in einer Wiener Privatsammlung. In einem Ausstellungskatalog (herausgegeben von der Österreichischen Galerie im Belvedere) findet sich folgender Text zu diesem Gemälde: „Kaisers Gesten sind flächenhafte Richtungsweiser, die stets einen Bezug zum Ganzen und zur Quadratur des Bildgeviertes besitzen. In dem vorliegenden Bild kreuzt sich die aufsteigende Diagonale der nach rechts wankenden Frau mit der entgegen gesetzten Ausrichtung ihres weit gestreckten rechten Armes. Arm- und Körperhaltung der Schaukelnden verwandeln sich derart zur geometrisierenden Lineatur. Verantwortlich dafür ist nicht allein die planimetrische Ordnung, sondern auch die Ausdrucksstärke der Bewegung. Wie bei Kaiser üblich, erscheint der ungelenke, burleske Zeigeakt der Geste dennoch nicht als persönliches Ausdrucksmittel – die weit ausfahrende Haltung wirkt mehr wie ein gefrorener Code. Das Schaukeln dient Leander Kaiser als Metapher des malerischen Denkens überhaupt. Die Situation des unsicheren Gleichgewichts findet sich in seinem Gesamtwerk wieder, wo Allgemeines und Besonderes nie verschmelzen, sondern in einer labilen Lage einen Ausgleich suchen.“