Peter Paul Rubens – Mädchen mit Fächer#
Sondermarke#
Der große flämische Barockmaler Peter Paul Rubens (1577–1640) studierte zeitlebens die „Alten Meister“: Sie waren ihm Vorbilder und Inspiration. Er kopierte und interpretierte sie auf seine Weise, um daraus zu lernen und sie zu übertreffen. Eines dieser Gemälde ist das „Mädchen mit dem Fächer“, das Rubens nach einem Bildnis von Tizian schuf und das die Österreichische Post nun auf einer Briefmarke aus der Serie „Alte Meister“ präsentiert.
Tizian (um 1488–1576), der venezianische Meister aus der Renaissance, malte seine „Dame in Weiß“ um 1555, also rund 70 Jahre vor Rubens. Tizian hatte das Bild an Philipp II. gesandt, gemeinsam mit einem Brief, in dem er die Dargestellte als „die uneingeschränkte Herrin meiner Seele“ bezeichnete. Das Mädchen in Tizians Gemälde wird oft als seine Tochter Lavinia gesehen, die 1555 geheiratet hatte. Es kann sich jedoch auch um Emilia, eine illegitime Tochter des Künstlers, handeln.
Auch Rubens wusste nicht, wen das Porträt darstellte. Er hatte Tizians Werk 1628/29 auf seiner Reise nach Madrid am spanischen Hof gesehen. Aus zeitgenössischen Büchern wusste er vermutlich, dass sich junge Frauen in Venedig nach der Hochzeit in Weiß kleideten, wenn sie das Haus verließen, daher deutete er die Dargestellte wohl als Braut. Vielleicht kannte Rubens auch den Kupferstich „Die venezianische Hochzeit“ von Hendrick Goltzius, auf dem eine Braut ähnlich gekleidet und mit ebenso hochgestecktem Haar abgebildet ist. In Rubens‘ Inventar seiner Sammlung wird sein Gemälde als „Bildnis einer Braut“ bezeichnet. Seine Kopien von Tizian- Bildern malte Rubens übrigens großteils für sich selbst, am Ende seines Lebens besaß er 69 solcher Exemplare. Tizians Malerei hatte großen Einfluss auf spätere Künstler verschiedenster Epochen, Peter Paul Rubens setzte sich in seiner eigenen Entwicklung besonders intensiv mit Tizians Werk auseinander.
Rubens fertigte eine relativ originalgetreue Kopie von Tizians Porträt an. In einigen Details sind aber doch Unterschiede zu erkennen. So zeigt die Haut bei Rubens deutlich mehr Farbe und nuancierte Weichheit, die Augen sind weiter geöffnet, das Dekolleté etwas tiefer, die Haare ein wenig lockiger, das Kleid mehr gebauscht. Insgesamt wirkt die junge Frau lebendiger, körperlicher und sinnlicher als bei Tizian, ihr Lächeln ein wenig selbstbewusster. Auch durch die besondere Technik unterscheidet sich Rubens‘ Version vom Original: So schimmert etwa an Stellen wie im Augenwinkel die hellgraue Grundierung bläulich durch und lässt die Haut licht und transparent erscheinen.
Das Gemälde „Mädchen mit Fächer“, gemalt um 1628/29 auf Leinwand und nicht – wie sonst oftmals bei Rubens – auf Holz, ist heute Bestandteil der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum in Wien.