Burg Festenburg#
Gemeinde: St. Lorenzen am Wechsel
St. Lorenzen am Wechsel
Katastralgemeinde: Koppel Koppel Hartberg
Die Festenburg scheint 1353, relativ spät, urkundlich auf. Sie dürfte aber bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von einem Gefolgsmann der Stubenberger gegründet worden sein. 1416 nahm die Familie Saurau die Festenburg in Besitz. Damals existierten noch eine obere und eine untere Burg. Die obere wurde 1454 durch Brand zerstört, aber bald wieder aufgebaut. 1529 und neuerlich 1532 belagerten Türken die Festung, konnten sie jedoch nicht einnehmen.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts hatte die Festenburg durch Erbteilung bereits mehrere Besitzer aus der Familie Saurau erhalten. 1573 gelang es Sigmund von Saurau wieder den gesamten Besitz in seine Hand zu bringen. Genau 200 Jahre lang blieb die Festenburg bei den Sauraus.
Zur Zeit der Gegenreformation war der protestantische Andreas Sigmund von Saurau gezwungen, die Feste 1616 an das Stift Vorau zu verkaufen. Durch Propst Daniel Gundau werden 1616-17 die Katharinenkapelle und ein Wohntrakt er richtet, er veranlasste auch den barocken Ausbau.
1707-23 läßt der Propst Philipp Leisl das Gebäude ausbauen: Dreigeschoßige Bauten umschließen einen langgestreckten Hof, spitzbogiges Vortor, kleiner Zwinger, überbaute Einfahrt, Pfarramt mit verblaßter Freskomalerei aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, Gedächtnisräume im ersten Obergeschoß für Ottokar Kernstock, der hier 1889-1928 als Pfarrer und Schriftsteller wirkte. Von ihm stammt der Text der Bundeshymne der Ersten Republik, dier von 1934-38 in Verwendung war.
Die Anlage diente in erster Linie als Erholungsort für die Vorauer Chorherren sowie als deren Alterssitz. 1892 wurde die Burg zur Pfarre erhoben. Sie befindet sich noch heute im Besitz des Stiftes Vorau und wird als Pfarrhof sowie für andere kirchliche und museale Zwecke genützt. Das 1988 begonnene umfangreiche Restaurierungsprogramm konnte vor wenigen Jahren abgeschlossen werden.
Von der mittelalterlichen Burg sind noch der Torbau mit dem Zwinger sowie Reste des Bergfrieds erhalten. Gotische Bausubstanz ist auch noch in den Kellerräumen ersichtlich. Der größte Teil des Bauwerks stammt aber aus dem 17. Jahrhundert. Der endgültige Umbau in eine Art Klosterburg erfolgte dann im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts. Durch ein spitzbogiges Vortor in der Bruchsteinmauer gelangt man in einen kleinen zwingerartigen Vorhof, in dem sich Brunnenstatuen des Christus mit dem Kreuz und der kopflosen Katharina von Alexandrien aus der Zeit um 1720 befinden. Es folgt eine überbaute Einfahrt, die in den lang gestreckten unteren Hof am Fuß des Burghügels führt. Der viereckige Bergfried sicherte die nordöstliche Ecke der Burg. Er hatte einst fünf Geschosse, ist aber heute ganz in den Schlossgebäuden verbaut. Neben dem mächtigen Torbau in der Nordwestecke der Burg führt eine breite Treppe über den „Kalvarienberg“ zur ehemaligen Kapelle.
Mehrere Kapellenräume mit Fresken und Ölgemälden von Johann Cyriak Hackhofer, die Plastiken nach seinen Entwürfen von Johann Fenest: Loreto-, Krippen-, Blutschwitzungs-, Geißelungs-, Krönungs- und Kreuzkapelle.
Heute ist die Burg ein beliebtes Ziel kunsthistorisch interessierter Besucher, die sich vor allem für die barocke Epoche begeistern. Das beeindruckende Gebäude (vor allem durch die ungewöhnliche Aneinanderreihung mehrerer Kapellen, die der Geschichte Jesus folgen) umfasst auch ein vierräumiges Museum für den Dichter Ottokar Kernstock der dort als Pfarrer fast 4 Jahrzehnte wohnte,und wo sich auch eines der selten Exemplare einer 4-Stunden Uhr befindet.
Zur Qualität von Kernstocks Lyrik gibt es verschiedene Ansichten. Er wird manchmal auch als Nationalsozialist bezeichnet: dies ist historisch unzutreffend, überdies hat sich Kernstock ausdrücklich vom Nationalsozialismus distanziert (siehe seine Biographie) .
Sehr wohl aber war Kernstock ein deutschnationaler Dichter. Dies ergab sich aus seiner Herkunft und aus der Zeit, in der er lebte, als viele Österreicher sich stark an Deutschland anlehnten: immerhin wollte Österreich ja nach 1918 Deutsch-Österreich genannt werden, was ihm aber beim Friedenschluss in St. Germain bekanntlich verboten wurde. Dass der Nationalismus so böse Folgen haben würde, war zu dem Zeitpunkt, als Kernstock seine Gedichte schrieb, noch kaum abzusehen. Das Buch "Mein Kampf" erschien zur Gänze erst 1926, Kernstock starb 1928. Ihn also in die Nähe des hitlerischen Nationalsozilaismus zu rücken, wie das heute manchmal geschieht, erscheint also sehr fragwürdig. Man mag am Beispiel der Hymmne Sei gesegnet ohne Ende selbst beurteilen, ob der Text nicht gut die Stimmung Österreichs um 1919 traf oder nicht.
- Eigentümer
- Chorherrenstift Vorau
Weiterführendes#
Web-Link#
Der Text und die Literaturangaben sind aus dem Buch 'Österreichisches Burgenlexikon - Schlösser, Burgen und Ruinen' (1991) von Georg Clam Martinic übernommen. Der Beitrag wurde jedoch im Oktober 2010 mit folgenden Quellen aktualisiert:
Burgen und Schlösser in Österreich und Südtirol (2005) von Gerfried Sitar und Anna Hoffmann
und mit Webrecherchen.
Literatur#
- Baravalle, Robert Burgen und Schlösser der Steiermark, Graz 1961, Seite 199f;
- Dehio Steiermark Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs. Steiermark (ohne Graz), bearb. von Kurt Woisetschläger und Peter Krenn, Wien 1982, Seite 100ff