Alte und Neue Burg Hofburg#
Die ganze Hofburg, mit dem alten und neuen Teil, sowie den Zu- und Anbauten umfaßt 15 Trakte, 54 Stiegen, 26 Gänge, 19 Höfe und 2600 Räume. Die ältesten Teile stellen die alte Burg mit vier Ecktürmen, dem Innenhof und die noch teilweise vorhandenen Umfassungsgräben dar. Das Schweizer Tor (1552), mit Deckenfresken im Durchgang, bildet die Verbindung zwischen innerem Burghof und dem Schweizerhof.
Die heutige barocke Burgkapelle (17./18. Jh.) wurde bereits 1296 erwähnt und in den Jahren 1447-49 neu erbaut. Die letzte Renovierung erfolgte 1802. Die ehem. Hofbibliothek, heute Nationalbibliothek, wurde 1721 nach einem Entwurf von Johann Bernhard Fischer von Erlach errichtet (1735 durch dessen Sohn Joseph Emanuel F. v. E. vollendet); im großen prunkvollen Saal Deckenbilder von Daniel Gran und Maulbertsch. Im Kuppelraum Marmorstatuen von Karl VI. und anderen habsburgischen Herrschern.
Die Amalienburg wurde für Rudolf II. 1575-77 ausgebaut. Im sogenannten Amalientrakt lag das Appartement von Kaiserin Elisabeth, jenes von Kaiser Franz Josef befand sich im Reichskanzleitrakt, der nach einem Entwurf von Johann Lukas von Hildebrandt entstand.
Der Leopoldinische Trakt wurde unter Leopold I. 1658 durch die Baumeister Domenico und Martino Carlone errichtet. Nach einem Brand 1672 wurde dieser von Pietro Tenkala neu erbaut. Die Stallburg mit dem dreigeschoßigen Arkadenhof wurde für Erzherzog Maximilian um 1558 erbaut und enthielt die kaiserliche Kunstsammlung (Gemäldegalerie). Anstelle des alten „Paradeisgartels" entstand 1729-35 die Winterreitschule (durch Joseph Emanuel Fischer von Erlach errichtet). Das alte Ballhaus am Michaelerplatz wurde unter Kaiser Joseph II. in ein Theater umgewandelt und als Ersatz hiefür ein neues Ballhaus errichtet, das bis 1903 bestand und dem Platz seinen Namen verliehen hat (heute Bundeskanzleramt). Dieses Theater wurde 1776 durch den Kaiser zum Hof- und Nationaltheater erklärt und mit der Mozartoper „Entführung aus dem Serail" eröffnet. Der Bau wurde aus Zogelsdorfer Stein ausgeführt; die Fassaden sind mit Statuen geschmückt (Allegorien der Weisheit, Gerechtigkeit und Stärke). Dies ist der heutige Michaeiertrakt der Hofburg. Der Zeremoniensaal entstand 1802 durch Montoyer.
Das Alte Burgtor wurde, nach Beseitigung der gesprengten Festungswerke vor der Burg 1819 abgetragen. 1824 war die feierliche Einweihung des (neuen) äußeren Burgtores. 1857, nach der Schleifung der Basteien, wurde der Heldenplatz geschaffen; die berühmten Denkmäler des Erzherzogs Karl und des Prinzen Eugen wurden von Fernkorn, die dazugehörigen Sockel von Van der Null und Siccardsburg errichtet.
Die Neue Hofburg, nach Entwürfen von Gottfried Semper und Karl Hasenauer, wurde 1881 begonnen und 1913 fertiggestellt. Das große Projekt des sogenannten „Kaiserforums", unter Einbeziehung der beiden Hofmuseen wurde nicht ausgeführt. 1878 wurde mit dem Bau der Museen begonnen, 1899 der Architekt Friedrich Ohmann aus Prag berufen, 1906 wurde dieser von Ludwig Baumann abgelöst (Leiter der Burgkommission war damals Erzherzog Franz Ferdinand).
Vorläufer der Hofburg war ein Holzbau der Babenberger; Premysl Ottokar II. errichtete in der Nähe des heutigen Schweizer Hofes eine große Wehrburg, in der Rudolf von Habsburg nach der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen (1278) residierte. Die Hofburg ist seither untrennbar mit der Familie Habsburg verbunden und wurde damit eines der wichtigsten Gebäude der Welt. Der Hof der Grafen von Zilli, „Zillierhof", wurde die spätere Amalienburg.
1485 bewohnte Matthias Corvinus die Burg (nach der erfolgreichen Belagerung). 1533 ließ Ferdinand I. das Hoflager von Prag endgültig nach Wien verlegen und 1553 die erste Wasserleitung Wiens errichten (von St. Margarethen wurde das Wasser in Röhren bis in die Hofburg geleitet). 1543-45 wurde die Burg systematisch ausgebaut und behielt im großen und ganzen ihren Baucharakter bis in die Zeit des Barocks. 1656 wurden die Kunstschätze des Erzherzogs Leopold Wilhelm, welche er als Statthalter in den Niederlanden erworben hatte, in sechs Schiffen nach Wien transportiert. Es handelte sich damals um 1397 Gemälde.
Nach der Überwindung der Türkengefahr 1683 entwickelten sich die barocken Prunkbauten von Wien. War die Hofburg bisher Festung, wurde sie jetzt Residenz einer großen Herrscherfamilie. Nach Kaiser Leopold I., welcher die Baumeister Johann Lukas von Hildebrandt und Johann Bernhard Fischer von Erlach beauftragte, hat eigentlich Kaiser Karl VI. der heutigen Hofburg ihre charakteristische Gestalt verliehen.
Am 2. Jänner 1743 fand in der neuen Reitschule das berühmte Damenkarussell statt, wobei symbolisch der Sieg von einer Frau über ihre Feinde dargestellt wurde. Papst Pius VI. wurde anläßlich seines Besuches 1782 im Leopoldinischen Trakt untergebracht; der Altar, den man dort für ihn errichtete, wurde im Jahr 1957 zufällig wieder aufgefunden und freigelegt. Kaiser Joseph IL betrachtete die Hofburg als „Amtsgebäude des Ersten Staatsdieners"; sein Reiterstandbild wurde um 1800 von Franz Anton Zauner errichtet. Kaiser Napoleon I. ließ 401 Gemälde aus der kaiserlichen Sammlung von Wien nach Paris bringen, von denen allerdings der Großteil nach dem Wiener Kongreß wieder zurückkam.
Die Hofburg war Mittelpunkt des Wiener Kongresses, der vom 2. 10. 1814 bis Juni 1815 dauerte und Europa Frieden bis 1848 bescherte. Am 29. November 1814 wurde Beethovens 7. Symphonie im Redoutensaal uraufgeführt. Am 13. März 1848 (Bürgerkrieg) bezog die Nationalgarde Unterkunft in der Stallburg. Windischgraetz ließ die Truppen zum Sturm antreten, wobei in der Hofbibliothek ein Brand ausbrach und das Kuppelgemälde zerstörte. In den Kaiserappartements unter der Michaelerkuppel wohnten so auch der Herzog von Reichstadt (Sohn Napoleons I.), bis 1916 Kaiser Franz Josef und bis 1918 Kaiser Karl I.
Ab 1919 wurde die Durchfahrt durch die Burg freigegeben. Die Kunstschätze der Burg wurden während des Zweiten Weltkrieges in einem Salzbergwerk in Altaussee gelagert, 1945 wieder nach Wien gebracht und sind seither der Öffentlichkeit zugänglich. Die Stallburg wurde 1945 durch Bomben schwer beschädigt; 1948 wurden die dreistöckigen Arkaden freigelegt und ein Durchgang zum Josefsplatz geschaffen.
1955 wurden ebenerdig die Stallungen der Spanischen Hofreitschule un-tergebracht. Die neue Galerie wurde so wie im 17. Jh. wieder in der Stallburg eingerichtet. Seit 1958 befindet sich in der Hofburg ein Kongreßzentrum. Dieses umfaßt den Zeremoniensaal sowie historische Räume der Alten Burg. In der Neuen Burg sind die Waffensammlung des Kunsthistorischen Museums, das Museum für Völkerkunde sowie Lesesäle der Nationalbibliothek untergebracht.
Die Holzbalken in der Durchfahrt zwischen innerem Burghof und dem Heldenplatz wurden während der russischen Besatzung von den dort angebundenen Patrouillenpferden der russischen Kosaken angenagt und befinden sich heute noch in diesem Zustand! Die Amalienburg ist seit 1946 Sitz des österreichischen Bundespräsidenten. Außerdem befinden sich dort die Kanzleien der Burghauptmannschaft und des Bundesdenkmalamtes (in den Repräsentationsräumen werden kulturelle Veran-staltungen abgehalten). 1987 wurde die weltliche und geistliche Schatzkammer neu geordnet und der Eingang von der Säulenstiege unterhalb der Burgkapelle verlegt.
- Eigentümer
- Republik Österreich
Sichtplan der Wiener Hofburg#
1) Schweizertrakt
2a) Augustinerkirche
2b) Augustinerkloster
3) Stallburg
4) Amalienburg
5) Leopoldinischer Trakt
6) Redoutensaaltrakt
7) Winterreitschule
8) Hofbibliothek
9) Augustinertrakt
10) Palais Erzherzog Albrecht (ehem. Palais Silva-Tarouca)
11) Reichskanzleitrakt
12) Festsaaltrakt
13) Michaelertrakt
14) Neue Burg
15) Corps de Logis
16) Palmenhaus
A) In der Burg (ehem. Franzensplatz oder Innerer Burgplatz) B ) Ballhausplatz C) Michaelerplatz D) Schweizerhof E) Josefsplatz F) Albertinaplatz G) Burggarten H) Heldenplatz (ehem. Äußerer Burgplatz)
Überblick über die Entstehungsgeschichte#
orange:13. bis 17. Jahrhundert
grün: 18. Jahrhundert
blau: 19. bis 20. Jahrhundert
Weiterführendes#
- Hofburg (Austria-Wiki)
- Hofburg - Josefsplatz - Joseph II (Panoramalexikon)
- Heldenplatz - Hofburg - Prinz Eugen (Panoramalexikon)
- Innere Hofburg, Franz I (Panoramalexikon)
Web-Link#
Der Text und die Literaturangaben sind aus dem Buch 'Österreichisches Burgenlexikon - Schlösser, Burgen und Ruinen' (1991) von Georg Clam Martinic übernommen.
Literatur#
- Czeike, Felix, Das große Groner Wien Lexikon, Wien 1974, Seite 419f.
- Dehio Wien, Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien, von Justus Schmidt und Hans Tietze, neubearb. von Anton Macku und Erwin Neumann, revidiert von Ilse Frieser, sechste, verb. Auflage, Wien 1973, Seite 66ff.