Als der Kaiser in Graz geheiratet hat #
1673 fand die einzige Kaiserhochzeit in Graz statt: Leopold I. heiratete Claudia Felicitas, die Tochter des Tiroler Erzherzogs – und 14 Tage lang jagte ein Fest das andere.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Sogar das Wetter war gnädig und bescherte Graz einen herrlich milden Altweibersommer, als der römisch-deutsche Kaiser Leopold I. – von den Wienern wegen seines Sieges über die Osmanen liebevoll „Türkenpoldl“ genannt – im Oktober 1673 in der steirischen Landeshauptstadt zur Hochzeit schritt.
Der Monarch war jetzt 33 Jahre alt und Witwer. Seine erste Frau Margarita Teresa, die Tochter König Philipps II. von Spanien, die gleichzeitig Leopolds Nichte und Cousine war, war bereits mit 22 Jahren während ihrer fünften Schwangerschaft gestorben. Sieben Jahre nach ihrem Tod wählte Leopold nun die kunstsinnige und Pracht liebende Claudia Felicitas (1653- 1676) zur Frau, die Tochter von Erzherzog Ferdinand Karl von Tirol.
Seit Ende August schon war die Hofkammer in Graz mit den vielfältigen Vorbereitungen dazu voll beschäftigt. Die Landstände oder Landschaften, auch Landtag genannt (das waren Ständeversammlungen, zusammengesetzt aus den Prälaten, Herren und Rittern sowie den Vertretern der Städte und Märkte) hatten 80.000 Gulden als Hochzeitsgeschenk bewilligt, schreibt Fritz Popelka in seiner „Geschichte der Stadt Graz“.
Ave Claudia Imperatrix #
Der Kaiser wurde bei seiner Ankunft im St. Gottharder Schlössl bei Andritz, wo das Mittagessen abgehalten wurde, durch Freudenschüsse von den Kanonen des Schloßbergs begrüßt. Am 13. Oktober traf auch die kaiserliche Braut von Innsbruck kommend ein. Leopold fuhr ihr bis Gratwein entgegen und Claudia Felicitas bezog das Schloss Eggenberg. Denn Leopold I. hatte dem jungen Fürsten Johann Seyfried von Eggenberg die Auszeichnung gewährt, in seiner prächtigen und nagelneuen Residenz Gastgeber der Braut zu sein. Johann Seyfried scheute weder Kosten noch Mühen, um die 18- jährige Claudia und ihre Mutter, Anna de’Medici, in den Tagen vor der Trauung entsprechend zu verwöhnen. Am Schlossportal ließ er sogar die Inschrift „AVE CLAUDIA IMPERATRIX“ zur Begrüßung anbringen, die heute noch zu sehen ist (siehe Abbildung oben).
Die Mauern des großen Parks von Schloss Eggenberg waren mit kostbaren Gobelins behangen, deren Stickwerk aus schwerem Gold und Silber bestand. Der Eingang zum Schloss war mit teuren Teppichen belegt. Die vor- nehmen Gäste bezogen natürlich die prachtvoll ausgestatteten Zimmer der neuen Beletage. Das Brautgemach prunkte in purpurrotem Samt, die Tapeten waren aus Gold- und Silberstoff. Doch mit den wirtschaftlichen Folgen seiner Großzügigkeit hatte der Eggenberger danach noch lange zu kämpfen.
90 sechsspännige Kutschen #
Die Trauung war für Sonntag, den 15. Oktober, in der Grazer Hofkirche zu St. Egidy, dem heutigen Dom, angesetzt. Der Hochzeitszug bestand aus 90 sechsspännigen Kutschen. Die kaiserliche Braut saß mit ihrer Mutter in einem offenen Wagen, der von sechs Schimmeln gezogen wurde und dessen Räder mit Gold und Silber beschlagen waren. Ihr Brautkleid bestand aus feinem, mit Perlen und Edelsteinen besticktem Goldstoff. „Zu beiden Seiten des Brautwagens schritten die kaiserlichen Trabanten und alle Grazer Ratsherren, der Bürgermeister Georg Baumann an der Spitze; dann ritt das Hofgesinde und die Leibgarde, die Herrschaftskaleschen machten den Beschluß“, berichtet Popelka blumig.
Die Trauung wurde in Anwesenheit des päpstlichen Nuntius und von 18 Bischöfen und Äbten feierlich vollzogen. Danach ging der Zug die kurze Strecke zur Hochzeitstafel in die Burg schräg gegenüber. „Die Pracht der Hoftafel in der Burg setzte alle Zuseher in Erstaunen“, weiß Popelka.
Da die Jesuiten gerade in diesem Jahr das 100-jährige Bestehen ihres Ordens in Graz feierten, verbanden sie ihre Feier gleich mit der Vermählung des Kaisers und führten das pompöse Festspiel „Cyrus felix et gloriosus“ auf. Ein echtes Barocktheaterstück, das am 25. und 26. Oktober je vier Stunden lang gespielt wurde. Die Ausstattung war unerhört reich und kostete an die 100.000 Gulden – eine Summe, die seither wohl nie wieder für ein Theaterstück in der Steiermark ausgegeben wurde.
Auch ein Fest für die Armen #
Aber auch die nicht hochadelige Grazer Bevölkerung hatte an diesem Hochzeitstag des Kaisers einen Grund zum Feiern: Ihr wurde nicht nur ein außergewöhnliches Spektakel geboten, sondern auch Speis und Trank. Denn jeder „Vermöglichere“ gab ein üppiges Gastmahl, zu dem er die Ärmeren der Stadt einlud.
zur Übersicht