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Als die Revolution von oben kam #

Kaiser Joseph II. veränderte mit seinen Reformen ab 1781 das ganze Land und sorgte auch in Graz für größte Aufregungen. #


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Lamplwirt in der Schmiedgasse
Beim Lamplwirt in der Schmiedgasse stieg Joseph II. gerne ab. Das Haus wurde 1899 für den Neubau des Amtshauses abgerissen
© KK

Als Kaiser Joseph II. nach dem Tod seiner Mutter Maria Theresia in Österreich die Alleinregierung übernahm, führte er 1781 eine einheitliche Gerichtsbarkeit für Adelige und Nichtadelige ein. Sozusagen gleiches Recht für alle. Es folgte das Toleranzpatent, das Protestanten, Griechisch-Orthodoxen und Juden die freie Ausübung ihrer Religion und gleiche Rechte garantierte. 1782 begann die josephinische Klosteraufhebung, die Schulpflicht wurde eingeführt, die Folter abgeschafft, die Leibeigenschaft beseitigt, Sparsarg und Straßenbeleuchtung angeordnet.

In dieser Zeit des Umbruchs lebten in Graz etwa 30.000 Einwohner. Darunter rund 300 Mönche und 160 Nonnen in 16 Klöstern. Doch Joseph akzeptierte nur Klöster, die sich der Seelsorge, der Jugenderziehung oder der Krankenpflege widmeten, alle anderen ließ er zusperren. Die Klarissen im „Paradeis“ (heute Paradeishof von K&Ö) und die Karmelitinnen am Andreas- Hofer-Platz mussten als Erste ihre Klöster verlassen. Bald folgten die Karmeliter am Karmeliterplatz, die Kapuziner, die Trinitarier in der Karlauerstraße, die Augustiner von St. Paul und die Pauliner in Mariatrost. Aus dem Karmeliterkloster wurde ein Militärspital, das Karmelitinnenkloster wurde zum Militärerziehungshaus, das Dominikanerinnenkloster zum adeligen Damenstift, das Kapuzinerkloster in der Paulustorgasse zum Irrenhaus.

Joseph II.
Joseph II., Sohn von Maria Theresia, war seit 1765 römisch-deutscher Kaiser und ab 1780 auch alleiniger Regent von Österreich. Er gilt als Vertreter des aufgeklärten Absolutismus
© KK

Arbeit statt Askese #

Dieser Kahlschlag kirchlichen Machtbereichs alarmierte Rom. Papst Pius VI. entschloss sich, mit dem Kaiser ein ernstes Wort zu reden, und traf am 19. März 1782 in Graz ein, wo er im Lambrechterhof (heute Polizeipräsidium) übernachtete. Auf Weisung der Regierung sah man von feierlichen Empfängen, von Glockengeläute und Prozessionen ab, da behauptet wurde, der Papst reise inkognito. Dennoch war der Zustrom des Volkes ungeheuer.

Joseph II. empfängt den Papst
Auf der Straße bei Neunkirchen empfing Joseph II. den Papst
© SAMMLUNG STRAHALM

In der Mariahilferkirche wohnte der Papst einer heiligen Messe bei und reiste dann nach Wien weiter. Vergeblich. Einen Monat später fuhr Pius VI. wieder ab, da Joseph sich nicht von seiner Meinung abbringen ließ. Und der Kaiser reformierte weiter. Nun sparte er in der Bildung ein. Knapp vor der 200- Jahr-Feier der (alten) Grazer Universität degradierte er sie 1782 zum Lyzeum. Aus hygienischen Gründen verbot er die Beisetzung von Verstorbenen im Ortsgebiet sowie in und um Kirchen. So entstanden damals außerhalb der Stadtmauern von Graz zwei neue Friedhöfe – am Steinfeld und in St. Peter.

1782 wurde Graz zur offenen Stadt erklärt. Der nun nutzlose Bastionenring um die Innenstadt wurde abgerissen, das nicht mehr benötigte Festungsgelände verkauft und Unternehmer wie Andreas Jacomini gründeten eigene Stadtviertel.

Joseph II. überzeugte sich persönlich von der Durchführung seiner Anordnungen. So stieg der Kaiser im März 1784 in Graz im Gasthof zum weißen Lamm, dem Lamplwirt, in der Schmiedgasse ab. Jetzt änderte er dieUnterbringung der Strafgefangenen in Graz neu. Das Zuchthaus neben dem Armenhaus in der Griesvorstadt wurde aufgelassen und die Sträflinge wurden in der alten Kaserne auf dem Schloßberg untergebracht – bis zur Belagerung durch die Franzosen 1809. Die für Graz jedoch bedeutendste Neuerung Josephs war die Einrichtung des Allgemeinen Krankenhauses im Lambrechterhof in der Paulustorgasse, dem heutigen Polizeipräsidium.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele