Die edle Stiftung des Bürgerspitals #
Seit über 692 Jahren sorgt die Bürgerspitalstiftung für Grazer in Not – im Mittelalter für Sieche, heute für Gewerbepensionisten.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Was geschah eigentlich im Mittelalter mit den „Siechen, Krüppeln, Blinden und Irrsinnigen“ in Graz?
Sie fanden seit dem 13. Jahrhundert im „hospital ad sanctum spiritum“ in der Vorstadt Unterschlupf. Diese Anstalt wurde auch als „Hospital zum heiligen Geist“ oder „Spital zu St. Andrä in Graz“ bezeichnet. Später kam der Name „Bürgerspital“ auf, zum Unterschied vom „Hofspital“. Das Zentrum der Stiftung befand sich im Bereich der Annenstraße, Elisabethinergasse und Dominikanergasse, verwaltet wurde die Stiftung von Richter und Rat der Stadt Graz.
Lange diente die Stiftung mehr der Fürsorge als der Krankenpflege. In der Neuzeit wurde sie zur Versorgungsstätte verarmter Bürger. Doch man konnte gegen Bezahlung auch selbst ins Spital gehen oder andere aufnehmen lassen. Viele Adelige und Bürger machten dem Spital Zustiftungen. Die größten Wohltäter waren jedoch stets die Landesherren.
Die erste Nennung ist aus dem Jahr 1320 erhalten. In einer Schenkungsurkunde wurde damals dem Stift Rein aufgetragen, dem Spital jährlich „einen Vierling Roggen und einen Eimer Wein“ zu liefern. Königin Elisabeth, die Gattin Friedrichs des Schönen, vermachte dem Spital 1329 ein Pfund Wiener Münze. Um 1530 waren hier 20 Männer und 40 Frauen als Pfründner untergebracht, an die 100 Menschen wurden mit Essen versorgt. Ihre Gegenleistung bestand im täglichen Gebet für die Wohltäter der Anstalt.
Größte Grundherrschaft #
Um die Aufgaben der Stiftung abzusichern, erhielt diese nicht nur Geld, sondern auch zahlreichen Grundbesitz. So entwickelte sich das Bürgerspital zur größten Grundherrschaft der Murvorstadt, nutzte sein Land vorerst jedoch nur als Weide und zur Brennholzgewinnung. Eine Schenkung des Philipp von Geras führte 1630 zur Erweiterung der Spitalsgründe bis zur Papiermühle am rechtsseitigen Mühlgang. Auch der Braumeister Richard Seebacher stiftete großzügig. Mit der Besiedlung seiner Gründe tat das Spital den entscheidenden Schritt zur Bildung des Lendviertels. Damals erkannte man, dass die Vermietung der Grundstücke zu Wohnzwecken lukrativer war als ihre landwirtschaftliche Nutzung.
1787 kam es durch Kaiser Josef II. zum Ende der eigentlichen Spitalstiftung, weil er die Versorgung der Armen vereinfachen wollte. Die Insassen kamen ins Siechenhaus, die Räume des Bürgerspitals wurden zur Knabenerziehung verwendet. Kaum war der Kaiser aber tot, baten die Grazer Bürger um Wiedererrichtung des Bürgerspitals, was auch genehmigt wurde.
Der Grundbesitz sicherte der Stiftung in allen Notzeiten das Überleben. Bis 1922 waren die Pfründner in der Dominikanergasse untergebracht. Dann übersiedelten sie ins Tattenbach’sche Haus in der Albert- Schweitzer-Gasse 22. Die alten Gebäude der Stiftung wurden umgebaut und schließlich großteils geschliffen. Nur das „Rentnerhaus“ im nördlichen Hoftrakt blieb erhalten.
Heute ist die Stadt Graz Rechtsnachfolger der Bürgerspitalstiftung, die weiterhin Gewerbepensionisten zugutekommt. Der jeweilige Grazer Bürgermeister ist Kuratoriumsvorstand der Stiftung, verwaltet werden die Häuser seit 1998 von der ÖWGES. Die mächtigen Gebäude Annenstraße 19, 21 und 21a sowie Volksgartenstraße 2 und 4 sind umfassend saniert, die Häuser in der Annenstraße stehen unter Denkmalschutz.
Entsteht im Annenviertel ein Druckmuseum? #
GRAZ. Seit 1867 gibt es in einem Hofgebäude der Bürgerspitalstiftung in der Annenstraße 19 eine Buchdruckerei, die 1928 von Alexander Bauer übernommen und im Familienbetrieb weitergeführt wurde. 1998 kam es zum Konkurs, doch die Druckerei Khil übernahm den Betrieb und somit eine vollständig ausgestattete, alte Buchdruckerei.
Im Designmonat 2012 öffnete der Verein „DruckZeug“ am 25. und 26. Mai zu Vorträgen und Schaudrucken die Tore der alten Druckerei Bauer und schafft einen einmaligen Ort des Gestaltens für Künstler, Studierende, Druckinteressierte und Spezialisten alter Reproduktionstechniken. Die Druck-Enthusiasten von „DruckZeug“ kooperieren mit der Ortweinschule, der FH Joanneum und anderen Schulen. Ihr großes Ziel: ein Druckmuseum im Annenviertel, das zur Touristenattraktion werden könnte.
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