Der vergessene Maler aus Graz #
Joseph Tunner war Maler und ab 1840 Direktor der Grazer Zeichenakademie – bis er abgesetzt wurde. #
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
1792 wurde Joseph Ernst Tunner in Obergraden bei Köflach geboren. Er besuchte Gymnasium und Zeichenakademie in Graz. Danach ging er nach Wien, wo Tunner seine Malerstudien an der Akademie der bildenden Künste fortsetzte. Nach dem frühen Tod des Vaterswurde sein älterer Bruder Peter sein Vormund, der ihn zum Studium der Technik überreden wollte, damit er als Maler nicht „zeitlebens ein Hungerleider bleiben werde“.
Doch Joseph lehnte dies ab und musste seinen Lebensunterhalt als Porträtmaler verdienen. Malend zog er über Triest, Venedig, Florenz und Pisa nach Rom, wo er fast 20 Jahre blieb. Hier schloss er sich dem Künstlerkreis der Nazarener um Friedrich Overbeck an. 1838 malte er für die Triester Antoniuskirche das Altarbild des „Erlösers vom Kreuz“, das in der „Wiener Zeitschrift für Kunst und Theater“ sehr gelobt wurde.
Akademiedirektor in Graz #
Dies las Gottfried Ritter von Leitner, Landständischer Sekretär in Graz, und war begeistert: Diesen großartigen Maler brauchte man in Graz, meinte er, denn hier war eben (1838) der Direktor der Bildergalerie und Zeichenakademie, Joseph August Stark, gestorben. Die Ständische Zeichenakademie war 1819 im Palais Stubenberg- Wildenstein in der Neugasse 146 (heute Hans-Sachs-Gasse 1) eingerichtet worden. Tunner reiste nach Graz zu Gesprächen mit Landeshauptmann Ignaz Graf Attems und dem steirischen Gouverneur Graf Wickenburg – und stellte Bedingungen wie eine vollständig eingerichtete Akademie, die Bewilligung für Kunstreisen und die Anstellung eines Unterlehrers für die Anfänger. Er selbst wollte sich um die höheren Klassen kümmern. Und wirklich, Tunner setzte sich gegen 13 Mitbewerber durch und kehrte 1840 nach Graz zurück, wo er die alte Ständische Zeichenschule zu einer Akademie der Künste und vorbildlichen Einrichtung machte. Nebenbei schuf Tunner zahlreiche Gemälde religiösen Inhalts, darunter 17 für Kirchen und Kapellen in Graz sowie Historienbilder und Porträts. „Auch hat Tunner die an der Domkirche zu Graz befindlichen Fresken künstlerisch restauriert“, heißt es im „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Österreich“ von Wurzbach. Gemeint ist damit das berühmte Landplagenbild.
Kurz nach seiner Rückkehr nach Graz hatte Tunner 1842 Marie, die Tochter seines älteren Bruders Peter, der sein Vormund war, geheiratet. Aus dieser Ehe entsprangen vier Töchter, von denen zwei früh starben.
Aber die politische Entwicklung in Graz spitzte sich immer mehr zu und die Auseinandersetzung zwischen konservativen und liberalen Kräften zeigte sich 1870 deutlich, als der nun bereits 78-jährige Galeriedirektor Joseph Tunner abgesetzt wurde. Denn ungeschickt ausgeführte Restaurierungen gaben dem führenden steirischen Kulturhistoriker dieser Zeit, Joseph Wastler, die Gelegenheit, in der Presse Tunner zu attackieren, was schließlich zu seiner Absetzung führte. Joseph Tunner starb am 10. Oktober 1877 in Graz und wurde auf dem St.- Peter-Friedhof begraben.
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