Blaue Blase „befreit“ das Eiserne Haus #
Graz hat eines der schönsten Beispiele europäischer Gusseisenarchitektur. Durch den Kunsthausbau wurde es wieder freigelegt.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Durch den spektakulären Bau des Grazer Kunsthauses („Blaue Blase“) ist auch das direkt angrenzende alte Eiserne Haus wieder ins Blickfeld getreten. Da es unter Denkmalschutz steht, musste es in den Neubau integriert werden und erstrahlt nun in neuem Glanz. Warum es aber denkmalgeschützt ist, möchte ich Ihnen heute erzählen.
Das schreckliche Hochwasser vom Juni 1827 zerstörte nicht nur die überdeckte Holzbrücke über die Mur, sondern auch die umliegenden Gebäude. Man plante nun den Bau einer Kettenbrücke (1845) und einer Kaistraße, wofür allerdings weitere Häuser abgerissen werden mussten.
Der ideenreiche Grazer Architekt Johann Benedikt Withalm, den wir schon von seinem Coliseum in der Schönau kennen, erfasste sogleich die große städtebauliche Chance, die sich bot. Von 1846 bis 1848 baute er ein zweistöckiges nobles Kaffeehaus in der damals hochmodernen, in Graz aber noch kaum bekannten Gusseisenskelett-Bauweise. Natürlich wurde dieses Projekt bald als „Eisernes Haus“ bezeichnet und erregte im spätbiedermeierlichen Graz großes Aufsehen.
Withalm selbst änderte – vermutlich aus Sicherheitsgründen – seinen ursprünglichen Plan und baute die unteren zwei Stockwerke mit Ziegeln. Nur das Obergeschoss mit dem populären „Cafe Meran“ wurde als Gusseisenskelett hergestellt. Von hier hatte man durch die transparente Konstruktion aus Eisen und Glas einen herrlichen Blick auf Graz. Wegen der Exaktheit und hohen Qualität des Materials gilt die Fassade des Eisernen Hauses als eines der bemerkenswertesten Beispiele der Gusseisenverarbeitung in ganz Europa. Aber Withalms Freude dauerte nur kurz. Drei Jahre später traten in der Dachterrassenkonstruktion bereits gefährliche Risse auf, das Schmuckstück des Cafes musste einem herkömmlichen Dachstuhl weichen. Verbittert verkaufte Withalm seinen Bau.
1906 wurde das Cafe geschlossen, das ganze Haus wurde von den Brüdern Lechner völlig umgebaut und mit dem anschließenden Palais Thinnfeld verbunden. So erhielt es einen ganz anderen Charakter: Aus dem zarten gusseisernen Kaffeehaus mit einem kleinen Modewarengeschäft im Erdgeschoss hatte sich in nicht einmal einem Jahrhundert ein großes Geschäftshaus entwickelt, das man undurchsichtig verkleidete. Erst jetzt wieder – dank dem Kulturhauptstadtjahr – glänzt das „Eiserne Haus“ in seiner alten luftigen Optik.
zur Übersicht