Mit der Etrich-Taube hat alles begonnen #
Am 26. Juni 1914 erregte der erste Flug eines Grazer Militärfliegers über Graz großes Aufsehen – es war die Etrich-Taube. (1. Teil)#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Am 19. April 1911 wurde auf dem Flugfeld Wiener Neustadt die „k.u.k. Flugmaschinen- Instruktionsabteilung“ gegründet. Das war die offizielle Geburtsstunde des Fliegens im alten Österreich. Ab nun wurden Feldpiloten planmäßig ausgebildet. Wegen der Balkankrise von 1912 wurden aus den wenigen vorhandenen Flugzeugen, die auch „kriegsverwendungsfähig“ waren, schnell Feldformationen gebildet. Auf den noch unausgebauten Flugfeldern wurden „Flugparks“ errichtet.
Anfang 1913 wurde das bereits 1826 erworbene Gelände des Exerzierplatzes Thalerhof der Garnison Graz auf seine Verwendbarkeit als Flugplatz überprüft. Einige Ackerparzellen wurden dazugekauft, dann begann bereits der Ausbau von sechs Flugzeughangars. Mehrere 100 Meter breite Rollstreifen wurden planiert. Mannschaftsgebäude, Werkstätten, Benzindepots und ein Kriegsflugzeugdepot wurden in Angriff genommen. Mitten in der Bautätigkeit wurde im April 1914 mit der Belegung des Platzes begonnen – die Gefahr eines Krieges lag schon in der Luft. Mit der Neuaufstellung des Flugparks Nr. 10 wurde Oberleutnant Feldpilot Erich Kahlen beauftragt. „Aber vorerst war außer einigen halb fertigen Gebäuden, einem Vorkommando und dem leeren Flugfeld nichts da, was zu führen gewesen wäre“, berichtete Kahlen.
Das Einfliegen begann#
Mitte April trafen per Bahn aus Görz zwei Etrich-Schulflugzeuge ein. Da auch zwei „Motorwärter“ und zwei „Apparaturmonteure“ mitkamen, konnte mit dem Zusammenbau der Maschinen begonnen werden. Zwei Unteroffiziere, zwei Chargen und 14 Soldaten verstärkten die Besatzung des Flugplatzes. Auch die San-Ausrüstung und zwei Pkw trafen ein – ab 20. Mai 1914 konnte mit dem Einfliegen begonnen werden.
Am 26. Juni 1914 erregte der Erstflug eines Grazer Militärfliegers über Graz großes Aufsehen. Das war keinen Moment zu früh, zwei Tage später fielen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin in Sarajevo dem Attentat zum Opfer, das den Ersten Weltkrieg auslöste.
Der Kriegsbeginn traf die k.u.k. Militärluftfahrt relativ unvorbereitet. „Ich wurde zur 10. Fliegerkompagnie Thalerhof bei Graz zugeteilt“, schrieb der Kapfenberger Fotograf Franz Pachleitner in seinen Aufzeichnungen. „Dort gab es nicht einmal fronttaugliche Flugzeuge, auch an Ausrüstung war nichts vorhanden.“ Eine Woche später wurde Kahlens Truppe nach Wien-Aspern verlegt.
DIE ANFÄNGE #
Vor fast 2000 Jahren befand sich auf dem Areal der Rollbahnen des Flughafens Graz eine schlossartige römische Villa. 1913 begannen die Arbeiten am k. u. k. Flugfeld. Am 26. Juni 1914 hob das erste Flugzeug vom Flughafen ab. Ab September 1914 entstand hier ein Internierungslager, in dem Zivilpersonen aus der Bukowina und Galizien, die man der „Russophilie“ verdächtigte, festgehalten wurden. Bis 1917 starben fast 1800 Menschen an Seuchen. 1920 ging der Thalerhof an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung. Da die militärische und zivile Luftfahrt verboten war, wandte man sich der Segelfliegerei zu. 1922 kam der Flughafen unter Verwaltung der Republik Österreich. 1925 wurde das erste innerösterreichische Flugnetz gegründet. 1930 wurde Graz ins Funknetz einbezogen, eine Peilstation entstand. 1937: Bau des Flughafengebäudes.
Fast wäre der Grazer Flughafen in St. Peter gelandet #
Wie der Grazer Flughafen Thalerhof nach dem Ersten Weltkrieg mit Tricks gerettet wurde. Beinahe wäre er dann nach St. Peter verlegt worden. (2. Teil)#
Während man im Herbst 1914 am Flughafen Thalerhof mit der Aufstellung von Fliegerersatzkompanien begann, die neue Piloten für den Krieg ausbilden sollten, wurde an der Ostseite des Flugfeldes ein Lager errichtet.
Hierher sollten Internierte gebracht werden. Sogenannte „Russophile“, zumeist Ruthenen aus dem österreichisch-ungarischen Grenzland Galizien (heute Ukraine), die man als politisch unzuverlässig einstufte. Sie wurden ohne Gerichtsverfahren interniert, bis 1917 starben hier fast 1800 Menschen an Seuchen.
Da sich der Luftkrieg mit der rapiden Verbesserung der Fluggeräte bald schon auf das Hinterland ausdehnte, wurde ab 1915 mit dem Aufbau eines Luftfahrzeug- Abwehr-Dienstes begonnen. Ab Ende 1916 standen dafür am Thalerhof drei „Abwehrflugzeuge“ zur Verfügung – ältere Flugzeugtypen, die mit je einem Maschinengewehr bestückt waren.
Neuanfang 1918#
Bis Kriegsende wurde die Zahl der Abwehrflugzeuge beständig erhöht und noch im Frühjahr 1918 wurden ein zweistöckiges Mannschaftsgebäude auf dem Flugfeld und ein Offizierswohngebäude errichtet. Beide Häuser konnten jedoch nicht mehr fertiggestellt werden. Unter Hauptmann Erich Kahlen, der 1913 als erster Flugplatzkommandant am Thalerhof eingesetzt worden war, wurde Anfang 1918 das Kommando des Fliegerersatzbataillons III in Graz gebildet. Bis zum Waffenstillstand im November 1918 wurden hier Piloten ausgebildet. Doch nach siebenjähriger Aufbauarbeit und vier langen Kriegsjahren kam im November 1918 auch für die k. u. k. Fliegertruppe das Ende. Die große Habsburgermonarchie brach zusammen, Österreich wurde zum Kleinstaat.
Aber es ging weiter. Eine Volkswehr wurde mit 15. November aufgestellt, die am 6. Dezember auch eine Fliegertruppe erhielt. Am Thalerhof hatte Hauptmann Kahlen bereits einige Fliegeroffiziere um sich geschart und eine Fliegerkompanie gegründet. Doch die Bestimmungen des Friedensvertrages von Saint Germain bereiteten dem weiteren Zivilluftfahrt ein schnelles Aus. Ende März 1920 wurde das Flugfeld mit all seinen Einrichtungen an die steiermärkische Landesregierung übergeben. Die Fliegerabteilung, das Stationskommando und die Flugpolizei wurden aufgelöst. Hauptmann Schmoczer konnte jedoch heimlich fünf Hansa-Brandenburger CI-Aufklärungsflugzeuge in umliegenden Gehöften verstecken, bevor noch die internationale Kommission den Bestand an Flugzeugen überprüfte. Drei dieser Flieger bildeten die Basis für den 1924 gegründeten „Steirischen Fliegerverein“.
Doch der Flughafen Graz hatte Glück im Unglück. Durch die schnelle Übergabe des Geländes an das Land Steiermark entging die Mehrzahl der Hangars und anderen Gebäude der Zerstörung, wie sie im Friedensvertrag festgeschrieben war. Da Österreich als Verlierer im Ersten Weltkrieg ein militärischer und ziviler Motorflug untersagt war, wandte man sich nun in Graz der Segelfliegerei zu.
1921 entstand der „Verein für Luftfahrt“, doch allmählich lockerten sich die Verbote. 1923 wurde die ÖLAG gegründet, die „Österreichische Luftverkehrs AG“. 1925 entstand ein erstes innerösterreichisches Flugnetz, dessen Strecke von Wien über Graz nach Klagenfurt führte.
Flughafen St. Peter?#
In Graz entbrannte eine heftige Diskussion, ob nicht ein stadtnäherer Flugplatz von Vorteil wäre. Die Göstinger Au wurde vorgeschlagen. Auch der Bürgermeister von St. Peter, Ferdinand Haugeneder, mühte sich in den 20er- Jahren, den Flughafen in seine Gemeinde zu verlegen. Alle Versuche scheiterten aber an den Kosten. Zum Trost bekam St. Peter 1929 den Großsender, dessen Nachfolger heute das ORF-Landesstudio Steiermark ist.
Ebenfalls 1929 erhielt Graz eine ÖLAG-Fliegerschule, in der geheim der Kader für die spätere Fliegertruppe des Bundesheeres ausgebildet wurde. 1930 wurde Graz ins Funknetz einbezogen und bekam eine Peilstation. Ab 1934 ging es mit dem Flugverkehr wieder aufwärts und Graz wurde zum beliebten Zwischenstopp. 1937 begann der Bau eines Flughofes. Der war aber noch nicht fertig, als im März 1938 die deutschen Truppen einmarschierten. Österreichs „Anschluss“ folgte – und der Zweite Weltkrieg veränderte wieder alles.
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