Haberschreck, Türken und Pestilenz #
Zwischen 1450 und 1490 wurde die Steiermark von den „Landplagen“ heimgesucht: Interne Fehden, Kriege gegen die Türken und Ungarn, Heuschrecken und Pest gehörten zum Alltag. #
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Es war furchtbar. Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts brachte der Steiermark durch viele interne Fehden und andauernde Kriege mit den Türken und Ungarn eine schwere Belastung nach der anderen – die Not der Bevölkerung war enorm. Dazu stiegen die Schulden von Herzog Friedrich von Steiermark, Kärnten und Krain – als römisch-deutscher Kaiser ab 1452 Friedrich III. – ins Unermessliche.
Als wäre das alles noch nicht genug, froren im Frühjahr 1459 die Weinreben ab und die Getreideernte blieb hinter allen Erwartungen. Dann begann zu allem Überdruss – da Friedrich seine Schulden nicht bezahlen konnte – die sogenannte „Baumkircherfehde“, die das ganze Land zwei Jahre lang schwer in Mitleidenschaft zog.
Der Judenburger Söldnerführer Andreas Baumkircher, lange Zeit einer der treuesten Anhänger Friedrichs, besiegte am 21. Juli 1469 bei Fürstenfeld ein kaiserliches Heer und zog mit seinen Truppen bis vor die Mauern von Graz. Hier setzte er über die Mur und marschierte plündernd von Dobl nach Schwanberg. Auch Leibnitz nahm er in Besitz und übergab die Stadt dem Ungarnkönig Matthias Corvinus, dem großen Gegenspieler Friedrichs III.
Aus Rache Kopf ab #
Erst durch die Aufnahme hoher Darlehen konnte Friedrich seine Schulden bei Baumkircher bezahlen und dieser wiederum seine Söldner entlohnen. Doch der Kaiser rächte sich für Baumkirchers Rebellion und bestellte ihn 1471 bei freiem Geleit nach Graz, wo er ihn verhaften und sofort enthaupten ließ.
Das verbesserte aber nicht die schreckliche Lage der Bevölkerung, da alle „Landplagen“ fast gleichzeitig über die Steiermark kamen. In nur elf Jahren verwüsteten die Türken zehn Mal weite Teile des Landes, dazu eroberten 1479/80 die Ungarn Deutschlandsberg, Pettau, Leibnitz und Fürstenfeld. Damit fiel ein Großteil der Steiermark an König Matthias von Ungarn, der sogar Wien eroberte und zu seiner Residenz machte.
Doch mitten im Kriegsgewirr kam es auch zu einem seltsamen Zweckbündnis: Im August 1480 fiel ein Türkenheer mit 16.000 Mann bei Neumarkt in die Steiermark ein. Zur selben Zeit belagerten aber schon die Ungarn den Ort – und befanden sich nun zwischenzwei Feuern. Dringend baten sie die Besatzung Neumarkts „um des christlichen Glaubens willen“ um Einlass. Kaum hatte man die Tore für die 1500 Ungarn geöffnet, war das türkische Heer da und verwüstete die ganze Gegend. Die Osmanen drangen in die Obersteiermark vor, zerstörten Scheifling und vernichteten die Leobener Vorstadt. Von Bruck aus verheerten die „Renner und Brenner“ das Mürztal und verwüsteten die Gegend von Graz bis Radkersburg. Frauen und Alte wurden sofort getötet, Männer und Buben gefangen genommen.
Aber es kam noch ärger #
1480 fielen auch die Wanderheuschrecken („Haberschreck“) ein und vernichteten die ganze Ernte. Überschwemmungen und Hagel erledigten den Rest. Im selben Jahr breitete sich auch der Schwarze Tod aus – die Pest. In ihrer Not stifteten 1485 die Grazer Bürger ein großes Votivbild an der Ägydikirche, dem heutigen Dom – das berühmte Landplagenbild des Thomas von Villach. Aber die Natur blieb unerbittlich, 1486 trat die Mur über ihre Ufer, 1489 zerstörten Unwetter 80 Prozent der Ernte – und der Kaiser erhöhte wieder einmal die Steuern, um gegen die Ungarn kämpfen zu können. Erst der unerwartete Tod ihres Königs Matthias 1490 beendete die schwerste Bedrohung des Landes.
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