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Der verhängnisvolle Sturz des Herzogs #

Bei Ritterspielen zu Weihnachten 1194 stürzte das Pferd des Babenbergerherzogs Leopold V. in Graz. Der Fürst ließ sich sein zerschmettertes Bein abhacken – und starb.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Grazer Rathaus im Renaissancestil
Turnier auf dem Tummelplatz. Dahinter das Minoritenkloster, an dessen Stelle heute das Akademische Gymnasium steht.
Foto: © KK


Auf dem Reichstag zu Worms am 24. Mai 1192 wurde der Babenbergerherzog Leopold V., der Tugendhafte, von Kaiser Heinrich VI. mit dem Herzogtum Steiermark belehnt. Umgehend zog er zur Huldigung nach Graz. Vor der Ägydikirche (heute Dom) prangte nun das vereinte Wappenschild von Österreich und Steier auf einer Lanze. Und Leopold bestätigte unter freiem Himmel alte Privilegien und gewährte neue.

Aber Leopold war nicht nur tugendhaft, sondern auch schlau und auf Macht aus. Nun besaß er neben Österreich (damals das heutige Niederösterreich) auch die Steiermark und Teile Oberösterreichs. Leopold wollte aber mehr. Und im Dezember 1192 schlug seine große Stunde, die ihn reich machen sollte. Da ließ er nämlich Richard Löwenherz, König von England, auf der Rückkehr vom Kreuzzug in Erdberg bei Wien gefangen nehmen und auf Burg Dürnstein festhalten. Der Grund dafür war jene berühmte Episode des 3. Kreuzzuges, in der Richard Löwenherz zornig das Banner des österreichischen Herzogs von einem eroberten Turm herunterreißen ließ, als die Kreuzritter Akkon erstürmten. So jedenfalls wird die Geschichte überliefert. Doch Akkon wurde gar nicht erstürmt, sondern kapitulierte nach Verhandlungen. Hinter der ganzen Geschichte steht wohl eher ein Streit um die Aufteilung der Beute. Leopold reiste jedenfalls erzürnt ab. Doch der englische König beleidigte in seiner aufbrausenden Art auch Philipp II. August, König von Frankreich, der ebenfalls abreiste. Da aber der deutsche Kaiser Heinrich VI. ebenfalls ein Gegner des Engländers war, gab er die Order aus, Richard Löwenherz bei seiner Rückkehr gefangen zu nehmen.

Das Feilschen ums Lösegeld#

Grazer Rathaus im Renaissancestil
Kaiser Heinrich VI. überreicht nach dem Fall von Akkon Herzog Leopold (kniend) die Rot-Weiß-Rote Fahne.
Foto: © KK

Kaum hatte also Leopold Richard Löwenherz zu Weihnachten 1192 festgenommen, begannen zwischen ihm und dem Kaiser die Verhandlungen über die Aufteilung des Lösegeldes. Verlangt wurde die gewaltige Summe von 100.000 Mark Silber, ein im Mittelalter durchaus üblicher Vorgang. Von Lösegeld war dabei aber nicht die Rede, Mitgift nannte es Leopold, denn er wollte Löwenherz zwingen, seine Nichte mit Leopolds Sohn Friedrich zu verheiraten. Die Summe wurde vom Kaiser sogar noch erhöht – und das englische Volk mit neuen Steuerzahlungen gequält.

Nach der ersten Teilzahlung kam Löwenherz am 4. Februar 1194 frei. Leopold erhielt seinen Teil des Lösegeldes, wurde aber vom Papst exkommuniziert, über seine Länder das Interdikt verhängt. Das war die schwerste Kirchenstrafe, denn schließlich hatte Leopold einen Kreuzritter eingekerkert. Obwohl die Strafe in Österreich und Steiermark nicht verkündet wurde, war sie allgemein bekannt. Da zu dieser Zeit schwere Unwetter und Überschwemmungen die Länder des Babenbergers verwüsteten, Seuchen ausbrachen und ein blutroter Komet am Himmel erschien, interpretierte man das als Strafe Gottes für diesen Frevel.

Ein Sturz als Gottesurteil?#

Ende 1194 kam Leopold wieder nach Graz. Hier feierte er Weihnachten und nahm am Stephanitag an den ritterlichen Spielen auf dem Tummelplatz teil, der damals noch außerhalb der Stadt lag. „Da strauchelt bei einer schnellen Wendung auf dem Eise sein Pferd, stürzt mit ihm nieder und zerschmettert durch seine Last das rechte Bein“, schildert Wilhelm von Gebler in seiner „Geschichte des Herzogthums Steiermark“ von 1862. „So unerträglich tobte der Schmerz der Wunde, dass Leopold flehentlich schrie, man möge ihm das Bein abhauen.“ Der Herzog befahl seinem Kämmerer, ein Beil zu nehmen. Der musste aber mit zittriger Hand drei Mal zuschlagen, bis das Bein wirklich abgetrennt war, schreibt Gebler.

Leopold ahnte, was diese Verletzung bedeutete. Jetzt beunruhigte ihn der Kirchenbann doch und er bat um Lossprechung. Der schnell herbeigeeilte Erzbischof von Salzburg gewährte sie ihm, wenn er das Lösegeld wieder herausgebe. Schmerzerfüllt gelobte es Leopold, sein Sohn Friedrich verbürgte sich dafür. Fünf Tage nach dem Sturz, am 31. Dezember 1194, starb Herzog Leopold V. im Alter von erst 37 Jahren in Graz.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele