Im Ballhaus spielte man Tennis #
Sie werden es nicht für möglich halten, aber im Grazer Ballhaus wurde im 17. Jahrhundert schon der Trendsport des Adels gespielt – Hallentennis.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Spiel, Satz und Sieg: Erzherzog Karl II. von Innerösterreich (1540-1590) und sein Hof liebten nicht nur die Jagd, sondern huldigten auch dem schnellen Spiel mit dem kleinen Ball, das sein Vater, Kaiser Ferdinand I., aus seiner spanischen Heimat nach Wien mitgebracht hatte. Heute noch erinnert dort der Ballhausplatz daran.
Bald schon jagte man auch in Graz dem schnellen Ball nach. Nachdem die ersten Ballhäuser beim Murtor und auf dem Tummelplatz jedoch keinen langen Bestand hatten, war es höchste Zeit, für den Trendsport des Adels eine neue Spielhalle zu errichten. Praktischerweise direkt neben dem großen Burgkomplex der Friedrichsburg nördlich des heutigen Freiheitsplatzes, der damals noch völlig verbaut war.
Tennis in der Halle#
Gegenüber dem Eselstall wurde also zwischen 1602 und 1605 unter Leitung des Ballmeisters Ferrante Signorini ein neues Ballhaus errichtet, das auf dem Grund der heutigen Häuser Ballhausgasse 1 bis 3 stand – ein dreigeschossiges Schopfwalmgiebelhaus mit fünf Pfeilerstützen und unregelmäßigen, kleinen Fenstern. Doch was wurde in diesen Ballhäusern gespielt? Auch wenn es überraschend klingt – es war eine Art Tennis in der Halle.
Man benützte, so wie heute, ein Racket, der Raum war durch ein Netz geteilt und man musste einen Ball darüberspielen, den der Gegner wieder zurückschlug. Eine eigene Tenniskleidung gab es allerdings noch nicht, wie das Bild aus dem Grazer Ballhaus deutlich zeigt. Aber in diesem Ballhaus wurde nicht nur Ball gespielt. 1648 brachte der Pächter Johann Baptist Amfossi das Gebäude durch seinen „liederlichen Lebenswandel“ in Verruf und er musste sehr bald schon einem neuen Pächter weichen.
Schon früh wurden die Räumlichkeiten aber auch für Theateraufführungen fahrender Schauspieltruppen verwendet, 1607- 1608 spielte sogar eine englische Truppe im Grazer Ballhaus. Schließlich aber verbot die Regierung 1686 an Sonn- und Feiertagen das Ballspielen, weil dabei zu oft die feinen Manieren vergessen wurden. So hatte Johann Josef Graf Steinbeiß mit seinem Degen nach dem Ballmeister Dürrenberger gestoßen, weil ihm der die Zahlung einer Schuld verweigerte und 1717 bedachte Karl Graf Lodron den Kellner im Ballhaus „mit etlichen Streichen“.
Um 1700 verdrängte dann ein neuer Trend das Tennisspiel – ein „Pilliar-Zimmer“ wurde eingerichtet, wo der Adel einem neuen Sport huldigte. Aber da in den aufkommenden ersten Kaffeehäusern diesem Billardspiel im Ballhaus eine gefährliche Konkurrenz entstand, pflegte man im Ballhaus vermehrt das Kartenspiel und die Tanzkunst. Vor allem im Fasching luden die großen Räumlichkeiten geradezu zu Tanzveranstaltungen ein. Unser heutiger Ausdruck „Ball“ stammt ja von dem Ort, an dem die Tänze stattfanden – dem Ballhaus.
Ab 1750 musste das Grazer Ballhaus endgültig geschlossen werden, da der alte Ballmeister starb und kein Nachfolger gefunden werden konnte. Nach dem Abbruch des Ballhauses und des inneren Paulustores (1846/47) wurden auch die umliegenden Häuser abgetragen – und der freie Raum wurde zum Franzensplatz, dem heutigen Freiheitsplatz.
zur Übersicht