Ein echter Pionier der ersten Stunde #
Vor 150 Jahren wurde der große steirische Fahrzeugbauer und Unternehmer Johann Puch geboren. Er hatte immer das Gespür für technische Trends und die richtige Werbung.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Am 27. Juni 1862 wurde Johann Puch (Janez Puh) als siebentes Kind einer armen Keuschlerfamilie in Sakusˇak bei Pettau geboren. Mit 12 Jahren kamer zu einem Schlossermeister in Pettau in die Lehre. 1882 trat er einen dreijährigen Militärdienst in der k.u.k. Armee an und kam als Regimentsschlosser zur Artillerie nach Graz.
Die Bicycles kommen #
Zu dieser Zeit kamen aus England die ersten Fahrräder nach Graz. Ungetüme mit einem riesigen Vorderrad und einem winzigen Hinterrad, die „Bicycles“ genannt wurden. Sofort schossen in Graz die Fahrradwerkstätten nur so aus dem Boden – zumeist als Nebenbetrieb von Nähmaschinenfabriken.
Puch arbeitete in verschiedenen Firmen und wechselte 1888 zur neuen Fahrradfabrik Albl am Lendplatz. Doch der junge Mann war besessen von der Idee, eigene Fahrräder zu bau en. Dafür besuchte er die Fahrradausstellung in Leipzig und übernahm die Vertretung englischer und deutscher Firmen, um eine finanzielle Basis für die eigenen Pläne aufzubauen.
Hinter seinem Haus in der Strauchergasse 18 errichtete er mit 27 Jahren in einem alten Gärtnerei-Glashaus eine Werkstätte und begann 1889 die Produktion. Dabei setzte Puch nicht auf das gefährliche Hochrad, sondern aufs neue „Niederrad“ mit gleich großen Rädern und Kettenantrieb auf dem Hinterrad. Ein Jahr später schon war das Glashaus zu klein und er übersiedelte in die Baumgasse. Hier stellte er alle Bestandteile der Fahrräder aus steirischem Edelstahl selbst her. Und seine Radmarke „Styria“ schlug die Konkurrenz bei allen Radrennen.
Der große Durchbruch gelang Puch beim Radrennen Bordeaux – Paris, als der Grazer Josef Fischer 1893 den ersten Preis auf einem Puch-Rad gewann. Jetzt war Puch international bekannt. Doch nun stellte sich ein Herzleiden ein und der unermüdlich arbeitende Puch musste eine Pause einlegen. Da es auch mit seinen Gesellschaftern zu Schwierigkeiten kam, verkaufte er seine Firma an die deutschen Dürkopp-Werke und verpflichtete sich, zwei Jahre lang kein Konkurrenzunternehmen zu beginnen.
Am 20. Juli 1899 war er aber wieder auf dem Damm und gründete in der Laubgasse 10 am Mühlgang die „Erste Steiermärkische Fahrradfabriks AG Johann Puch“. Instinktiv erkannte er, dass eine neue Ära angebrochen war, für die alte Handwerksmethoden nicht mehr genügten. Kapital und Maschinen mussten her. Puch stellte nun nicht nur Fahrräder her, sondern auch Motorfahrzeuge. Schon 1903 verließ das erste Puch-Motorrad seine Fabrik. Gleichzeitig entwickelte der Großindustrielle ein Auto mit vier Rädern – die zweisitzige „Voiturette“. Aber für die Serienfabrikation fehlte ihm das Geld.
Weltberühmte Motorräder #
Dafür aber stellte er ein eigenes Renn-Team für Motorräder zusammen. 1906 gewann der Puch- Fahrer Eduard Nikodem aus Graz das große „Gordon-Bennett-Rennen“, den schwersten Bewerb seiner Zeit. Mit einem Schlag waren die Puch-Motorräder weltberühmt. 1907 erfolgte wieder ein Rückschlag. Im Winter brannte das Puch-Magazin aus, 4000 versandfertige Fahrräder und fast alle Ersatzteile waren vernichtet. Doch Puch gab nicht auf. Mit 45 Jahren startete er wieder durch und lieferte bereits 1908 sein 100.000stes Fahrrad aus. Jetzt beschäftigte er 1100 Arbeiter, blieb aber stets den einfachen Menschen verbunden. Der Fahrzeugpionier sprühte vor Ideen und wandte sich jetzt den Autos zu – bis 1914 gab es schon 14 verschiedene Modelle, darunter den berühmten Alpenwagen Typ VIII.
Mit den „Rennerbuben“ sorgte er 1909 auf der Grazer Herbstmesse für eine österreichische Flug-Sensation. Puch baute den 25-PS-Motor für das erste lenkbare Luftschiff der Donaumonarchie. Doch die Zeiten waren härter geworden, mehr Kapital war gefragt. Puch musste schweren Herzens Aktien verkaufen. Als er 1912 vom Auto aus beobachtet, wie Oberleutnant Eduard Nittner mit seinem Motorflugzeug „abschmierte“ und gerade noch notlanden konnte, regte sich Puch darüber so auf, dass er einen Monat lang das Bett hüten musste.
„Der Motor in meiner Brust ist eben schon eine veraltete Konstruktion, er lässt in der Tourenzahl nach“, schrieb Puch einem Bekannten. Er legte seinen Direktorposten zurück und widmete sich seinen Rennpferden. Nach einem Trabermeeting in Agram brach er am 19. Juli 1914 zusammen. Herzschlag mit 52 Jahren.
zur Übersicht