Er klopfte an Fässer und wurde berühmt#
Der Grazer Wirtssohn Leopold Auenbrugger aus der Murvorstadt erfand im 18. Jahrhundert die Untersuchungstechnik der Perkussion – und schrieb ein Libretto.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Zum 300-Jahr-Jubiläum der Mohren-Apotheke am Südtirolerplatz hat sich Inhaber Christian Müller statt eines schicken Sektempfangs etwas ganz Spezielles einfallen lassen. Er inszenierte vorige Woche im Großen Minoritensaal (wie berichtet) erfolgreich eine schon längst vergessene Oper aus Wien – Antonio Salieris „Der Rauchfangkehrer“ aus dem Jahr 1781.
Der Grund dafür war das Libretto des Singspiels. Denn dieses stammte aus der Feder seines „Nachbarn“ Leopold Auenbrugger, der am 19. November 1722 als Sohn des „Schwarzmohrenwirts“ im Eckhaus neben der Apotheke geboren worden war. Und zwar als Viertältestes von sieben Kindern von Sebastian Auenbrugger und seiner Gattin Maria Theresia, geborene Koschutnik. Der Name „Mohrenapotheke“ stammt vermutlich von diesem benachbarten Gasthaus. Sie war die erste öffentliche Apotheke außerhalb der alten Stadtmauern undwurde 1711 von Johann Baptist Turack gegen die heftigen Einwände der eifersüchtigen Innenstadtapotheker eröffnet.
Das Beklopfen der Fässer#
Aber zurück zu Leopold Auenbrugger, der im Umfeld der väterlichen Gastwirtschaft aufwuchs. Es wird erzählt, dass er bereits als Kind seinem Vater im Wirtshaus half und so lernte, im Keller die Füllung von Weinfässern durch Klopfen an die Fasswand abzuschätzen. Ein Wissen, aus dem er später viel machen sollte. Denn der Vaterwollte, dass Leopold „etwas Besseres“ wird. Daher schickte er ihn aufs Grazer Jesuitengymnasium und danach zum Medizinstudium nach Wien. Noch während seines Studiums kames aber zum wirtschaftlichen Abstieg der Familie. Der Vater und die älteste Tochter starben, Haus und Hof gingen verloren. Von der Studienzeit Leopolds weiß man nicht viel. 1746 war er Kostschüler im Dreifaltigkeitsspital am Rennweg in Wien, ein Jahr später erhielt er ein Stipendium. Im November 1752 promovierte Leopold, 1754 heiratete er Marianne von Priesterberg und war im Spanischen Hospital tätig, wo er 1758 Primararzt wurde. 1762 verlor er diese Anstellung wieder und arbeitete ab nun ausschließlich in seiner Praxis. Von 1754 an hatte er sich sieben Jahre lang seinem Leibthema gewidmet, den Schallunterschieden, die er beim Beklopfen der menschlichen Brustwand feststellen konnte. „Ihn beschäftigte das Phänomen des dumpfen Tones an Stellen, wo durch Flüssigkeit oder feste Masse das Volumen der Luft vermindert ist“, schreibt Bernd Mader in der Leopold Auenbrugger Biographie.
Wasser in Leichen injiziert#
Durch seine Experimente konnte er schließlich nachweisen, dass die Schalldämpfung so weit reichte wie die darin enthaltene Flüssigkeit. Um seine Theorie praktisch zu untermauern, experimentierte Auenbrugger anfangs mit Fässern, die er unterschiedlich hoch mit Wasser füllte. Später injizierte er Wasser in den Brustkorb von Leichen, um nun am menschlichen Körper seine Klopfversuche zu erproben. Damit gilt er als Erfinder der „Perkussion“ (Lat. Schlag), die heute in der medizinischen Diagnose ihren Fixplatz hat. 1761 publizierte er seine Erfindung in lateinischer Sprache in Wien. Doch seine beiden Lehrer Gerhard van Swieten und Anton de Haen lehnten die neue Methode ab – und die Arbeit geriet in Vergessenheit. Für eine Schrift über die Heilung durch Campher bekam er später aber den Adelstitel „Edler von Auenbrugger“ verliehen. Indessen war sein Werk über die Perkussion fast 40 Jahre lang unbeachtet geblieben. Erst der Leibarzt Napoleons, Jean Nicolas Corvisart, entdeckte sie wieder, übersetzte sie ins Französische und veröffentlichte sie 1808 in Paris. Das war der Durchbruch der Perkussionsmethode. Doch da Corvisart in seinem Buch ausdrücklich auf Auenbrugger als Erfinder hinwies, ist dessen Name heute noch bekannt und geehrt. Beispielsweise mit dem Auenbruggerplatz vor der Grazer Universitätsklinik.
Das Libretto#
Da aber Leopold Auenbrugger ein geschultes und feines Gehör besaß, beschäftigte er sich auch sehr gerne mit Musik. Der Arzt veranstaltete in seinem Wiener Haus sehr beliebte Musikmatineen, an denen auch Haydn und Mozart teilnahmen. 1774 war er sogar Antonio Salieris Trauzeuge und verfasste zu dessen Singspiel „Der Rauchfangkehrer“ ein Textbuch, das aber sehr kritisiert und als trivial abgetan wurde.
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