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Als Papst Pius II. noch Sekretär in Graz war #

Ihre imperiale Stadtkrone mit Burg, Dom, und Mausoleum verdankt die Stadt Graz der Tatsache, dass sie zweimal Residenzsitz war. Auch der spätere Papst Pius II. lebte hier als Sekretär und klagte über den schlechten Wein.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Austria Est Imperare Orbi Universo
Austria Est Imperare Orbi Universo: Alles Erdreich ist Österreich untertan.
© ENGELE

Zweimal war Graz Zentrum der Habsburgermacht: Von 1435 bis 1493 machte Herzog Friedrich V. (ab 1440 als Friedrich IV. römisch-deutscher König, ab 1452 als Friedrich III. auch römischer Kaiser) die Stadt zu seiner bevorzugten Residenz. Er ließ eine Stadtburg (heute Sitz des Landeshauptmannes) errichten und an Stelle der alten Pfarrkirche Zum heiligen Ägydius einen Dom in gotischem Stil erbauen. Und überall brachte Friedrich seinen verschlüsselten Wappenspruch A.E.I.O.U. an – als Zeichen seines persönlichen Eigentums.

Friedrich galt als phlegmatisch, weshalb er auch als des Reiches Erzschlafmütze bezeichnet wurde. Doch mit viel Geduld meisterte er die schwierigsten Situationen und überlebte alle Gegner. Schlau ließ er die anderen kämpfen, kümmerte sich mehr um die Heiratspolitik seiner Familie und arrangierte für Sohn Maximilian die Ehe mit Maria von Burgund, der reichsten Erbin Europas.

Kaiser Friedrich III.
Kaiser Friedrich III., nach dem die Friedrichgasse beim Augarten benannt ist.
© KK

Ein Humanist in Graz#

Sosehr er sich für die ständige Vermehrung seines Besitzes interessierte, so wenig kümmerte er sich um die feinen Sitten an seinem Hof in Graz. Sprachgewaltiger Zeuge dafür ist der Humanist Enea Silvio Piccolomini – der spätere Papst Pius II. –, der 1437 nach Österreich kam und etwas später Sekretär und Berater an Friedrichs Hof in Graz war. Nach der Priesterweihe wurden Piccolomini die Pfarren Irdning und Altenmarkt als Pfründen zugeteilt, auch vermittelte er die Ehe zwischen Friedrich und Eleonore von Portugal. In seiner Heimatstadt Pienza ließ Piccolomini später sogar die Kathedrale nach dem Vorbild des Grazer Doms als Hallenkirche aufführen.

In seinem Brieftraktat „Über die armseligen Lebensumstände der kleinen Hofbeamten“ stellt er dem Grazer Hof jedoch kein gutes Zeugnis aus:

Doppelwendeltreppe
Kaiser Maximilians berühmte spätmittelalterliche Doppelwendeltreppe in der Grazer Burg – ein Meisterwerk des Treppenhausbaues, vergleichbar der Treppe Leonardo da Vincis im Loire- Schloss Chambord.
© PHILIPP

„... und schließlich, was sind das für Mahlzeiten! Wein ... wird aufgetragen, du wirst unwohl, wenn du davon trinkst, er ist scharf wie Essig oder gewässert, verderbt, flockig, sauer, entweder zu kalt oder zu lau, von ebenso schlechtem Aussehen wie Geschmack ... Und glaub auch nicht, dass man dir silberne oder gläserne Becher vorsetzt: bei jenem fürchtet man, dass er gestohlen, bei diesem, dass er zerbrochen wird. Du musst aus einem Holzbecher trinken, welcher schwarz und stinkend ist, an dessen Grund der Weinstein fest geworden ist und in den die Herren sonst zu pissen pflegen. Auch benützt du diesen Becher nicht allein ... sondern er wird von Hand zu Hand gereicht, und du musst deinen Mund dort ansetzen, wo sich eben der lausige Bart oder die schwärenden Lippen oder die stinkenden Zähne eines anderen befanden.“

Besser wurden die Zustände am Grazer Hof erst unter Friedrichs Sohn Maximilian I. (1486 römisch- deutscher König, 1508 Römischer Kaiser), der als Letzter Ritter bekannt wurde und als Bauherr für die Grazer Burg bedeutend war. Auf seine Weisung wurden die einzelnen Teile durch den Maximiliansbau verbunden und durch jenen Turm ergänzt, der die berühmte spätgotische Doppelwendeltreppe birgt.

„Das heimliche Gemach“#

Ein Renaissancefürst wie Maximilian liebte derartige Architekturspäße des Treppenhausbaues, aber auch für die Hygiene hatte Maximilian einiges übrig. Allem Neuen gegenüber aufgeschlossen, ließ er die landesfürstliche Burg modernisieren – vor allem in sanitärer Hinsicht. Genaue Anweisungen gab der Kaiser vor allem für das „heimliche Gemach“, wie er den Abort nannte. Die Fäkalien mussten nach damals modernsten Erkenntnissen westeuropäischer Wohnkultur, die er am Hofe seiner schönen Gemahlin Maria von Burgund kennen gelernt hatte, durch ein Rohr in eine Senkgrube abgeleitet werden.

Ab 1564 war Graz wieder Residenz Innerösterreichs und wurde weiter ausgebaut – aber das ist schon die nächste Geschichte.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele