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Rote Schuhe, Störer und kalte Füße #

Eine sehenswerte Ausstellung im Museum im Palais zeigt die einst streng geregelte Welt der Schuhe ebenso wie High-TechSportmodelle.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


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Stelzpantoffel aus Ägypten, aus Silberblech, 19. Jahrhundert/Leisten aus Ton/Pontifikalschuhe von Papst Pius IX. aus Ziegenleder, 1849
© UMJ
Schuhmacher
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Melissa & Vivienne Westwood, Lady Dragon © UMJ/Damenschuhe aus Ziegenleder um 1730//© WOHLGEMUTH

Den Grazer Schustern pfuschten seit dem Mittelalter die vielen Störer (die unbefugt das Handwerk ausübten) und Fretter (reisende Gesellen) kräftig ins Handwerk.

Um 1660 beschäftigten hier bereits 22 Meister an die 81 Gesellen, dazu gab es 39 Störerwerkstätten. Natürlich wehrten sich die Schustermeister dagegen und wollten sie auf 25 beschränken, doch die Regierung lehnte ab. Denn die Schuster waren auch nicht zimperlich und bereiteten das Leder für die Schuhe selbst zu, nahmen also den Lederern die Arbeit weg.

Überhaupt wurden die Grazer Schuster häufig ermahnt, weil sie nicht alle Aufträge ihrer Kunden annehmen wollten. Vor allem die Anfertigung von Kinderschuhen verweigerten sie gerne – ebenso wie die Reparatur kaputter Schuhe. Schließlich musste ihnen die Regierung gebieten, dass die Zunft zwei Meister zu bestimmen habe, die sich nur mit dem Flicken von Schuhen beschäftigten.

Kleiderordnung #

Neben ihrer funktionalen Bedeutung waren Schuhe immer schon ein wichtiges Modeaccessoire, das über den gesellschaftlichen Rang und die soziale Zugehörigkeit seines Trägers Auskunft gab. Jahrhundertelang regelten „Kleiderordnungen“ mit klaren Vorschriften und strengen Strafen, welches Material, welche Farbe, Form und Verarbeitung wer tragen durfte. Geistliche und weltliche Würdenträger beanspruchten die Farbe Rot für sich – man denke nur an die roten Schuhe der Päpste. Auch Schwarz und Weiß galten als fein, je nach Mode.

Der Schuh als „Schmuckstück“ war in der Vergangenheit nur dem Adel und wohlhabenden Bürgern vorbehalten. Für die sozial untergeordneten Schichten waren Braun und Grau vorgeschrieben. In der Renaissance war die Mode besonders extrem und Regenten und Hofleute trugen Schuhe mit überlanger Spitze, dem sogenannten „Storchenschnabel“. So ein spitzer Schuh war im Alltag natürlich unbrauchbar und verlangte ein sehr angemessenes Schreiten, das sich eben nur Wohlhabende leisten konnten.

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Kuhmaulschuhe, 1540, franz./Schnabelschuhspitzen um 1485
© KHM

Auf dem Land trugen die Menschen grobe, einfache Schuhe, in der warmen Jahreszeit gingen viele barfüßig. Im Winter mussten sich ärmere Bevölkerungsschichten oft mit Fußlappen gegen die Kälte begnügen. Erst im 20. Jahrhundert wurde der modische Schuh für alle zugänglich – was die Ausstellung „Ihr Auftritt! Schuhe mit Geschichten“ im Museum im Palais schön zeigt.

Heute nur noch wenig bekannt ist, dass es lange Zeit keine Unterscheidung in rechte und linke Schuhe gab. Der Einfachheit halber wurden alle Schuhe gleich gemacht. Zwar hatte man bereits in der Antike und im Mittelalter rechte und linke Schuhe gehabt, doch im 17. Jahrhundert vergaß man dies wieder. Erst um 1850 wurden wieder rechte und linke Schuhe hergestellt – vor allem weil Soldaten damit schneller und weiter marschieren konnten. Bei der Anfertigung von Schuhen wurden die im eigenen Land erzeugten Ledersorten bis ins 18. Jahrhundert wenig geschätzt. Modisch waren Schuhe aus Korduanleder (feines Ziegenleder aus Cordoba) oder aus Juchten gefertigte Schuhe, wie man festes Rindsleder aus Russland nannte.

Großen wirtschaftlichen Aufschwung brachte Graz der Bau der Südbahn. Entlang der Bahntrasse entstanden Industrieanlagen wie die einst größte Schuhfabrik Mitteleuropas, die Weltschuhfabrik“ des David Heinrich Pollack, später „Humanic“.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele