Warum es mehrere Zeughäuser gab #
Endlich macht ein Lift das Landeszeughaus barrierefrei – aber wie ist das historische Arsenal entstanden? #
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Warum gab es mehrere Zeughäuser? Bevor der Begriff „Zeug“ im 18. Jahrhundert zur Bedeutung von „Gerümpel“ herabgesunken ist, bezeichnete er „Waffen“. Ein Zeughaus war also ein Gebäude, in dem Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände aufbewahrt wurden.
Wenig bekannt ist aber, dass es in Graz mehrere Zeughäuser gegeben hat. Denn drei politische Kräfte beeinflussten das steirische Wehrwesen: Die Grazer Bürger schützten mit den Waffen aus dem bürgerlichen Zeughaus ausschließlich ihre Stadt, während die steirischen Landstände (Landeszeughaus) und der jeweilige Landesfürst (Hofzeughaus) für die Verteidigung des Landes sorgten, erklärt Leopold Toifl, Sammlungskurator am Landeszeughaus.
Städtische Waffenkammern #
Anfänglich war das Kriegszeug der Stadt in den Mauertürmen der stark befestigten Murseite untergebracht. Daher stand auch das älteste bekannte bürgerliche Zeughaus im Hof des Hauses Sackstraße 13. Später wurde es neben dem Murtor erwähnt und mit diesem 1752 verkauft. Auch der Reckturm und das Rathaus dienten als städtische Waffenkammern. Ende des 17. Jahrhunderts konnte Graz 700 Mann mit Feuerwaffen ausrüsten. Die letzten Inventarlisten stammen von 1757, acht Jahre später wurde das Zeughaus im Rathaus aufgelassen.
Erste konkrete Schritte zur sachgerechten Lagerung der landschaftlichen und landesfürstlichen Waffen unternahm der spätere Kaiser Maximilian I., indem er am 16. Jänner 1506 Georg Geroltinger zum Zeugwart bestellte. Von 1527 bis 1570 wurden die landschaftlichen Waffenbestände gemeinsam mit denen des Landesfürsten im Hofzeughaus und seiner Zweigstelle in der Schloßbergfestung verwahrt. Dieses Hofzeughaus war ein dreigeschossiger Turm auf dem heutigen Freiheitsplatz, der damals noch völlig verbaut war. Aber auch im Vorläufergebäude des Landhauses hatte man in Zeughütten und Kammern ebenso wie in den Stadttoren viele Waffen gelagert.
Als 1565 das von den evangelischen Landständen errichtete neue Landhaus vollendet war, waren im geräumigen Dachgeschoss Kammern vorgesehen, in denen möglichst alle Waffen der Landschaft zentral verwahrt werden sollten. Doch im Laufe der Zeit war bald alles so beengt, dass der Geograf Martin Zeiller 1632 bemerkte: „Aber schad ist es, dass alles so eng beisammen und übereinander liegen muß.“
Hatteman1557 noch 19.400 Stücke an Kriegsgerät gezählt, war es 1629 bereits 85.000 Stück. Die Waffenkammern platzten aus allen Nähten, denn seit dem späten 15. Jahrhundert war die Steiermark permanenten Angriffen des Osmanischen Reiches ausgesetzt, deren Abwehr als „Türkenkriege“ bezeichnet wurden. Direkte Folge waren die Einrichtung der Grazer Zeughäuser und eine starke Aufrüstung. Daher kauften die Stände 1638 für 3900 Gulden das Radmannsdorf’sche Haus neben dem neuen Landhaus und ließen es abreißen. Von 1642 bis 1647 erbaute der Tessiner Baumeister Antonio Solar ein fünfgeschossiges Zeughaus im Stil des süddeutschen Frühbarock. Dessen Rundbogen-Steinportal ist prächtig geschmückt, zwei schöne Nischenfiguren aus Sandstein, die Mars und Bellona/ Minerva darstellen, zieren es zu beiden Seiten.
189.000 Waffen auf Lager #
Das neue landschaftliche Zeughaus war nun das zentrale Waffendepot der Steiermark. 1699 lagerten hier und in den Dependancen im Eisernen Tor, im Paulustor, im Rauberhof und im Landhaus fast 189.000 Waffen. Heute lagern im Zeughaus noch immer 32.000 Objekte. „Aber wir haben keine Ritterrüstungen, wie man immer wieder hören und lesen muss – das ist ein Quatsch“, ärgert sich Toifl. „Ritter gab es im 16. Jahrhundert nicht mehr, das war nur noch ein Adelstitel. Wir haben Harnische für die Reiterei und die Fußknechte, die zur Verteidigung aufgeboten wurden.“
Das Landeszeughaus war ein Ort höchster Geheimhaltung, den nur der Zeugwart, die Büchsenmeister, Schlosser, Zeugschmiede, und Plattner betreten durften. Waffen und Geschütze durften deshalb nur im Hof des Zeughauses ausgegeben werden.
1749 kam es unter Maria Theresia beinahe zur Schließung des Hauses, der Bestand sollte nach Wien gebracht werden. Doch die Stände überzeugten die Herrscherin vom ideellen Wert des Zeughauses – und so blieb es als Gesamtensemble erhalten. Seit 1892 ist es Teil des Landesmuseums Joanneum – und heute die größte historische Rüstkammer der Welt, die noch weitgehend im Originalzustand erhalten ist.
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