Wie alles zu laufen begann#
Am 14. Oktober 2018 fand der Kleine Zeitung Graz-Marathon zum 25. Mal statt. Ein sportliches Großereignis, das 1993 klein angefangen hat.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Ende der 1980er-Jahre begann auch bei uns das große Laufen und wurde zur Mode. In der Redaktion der Kleinen Zeitung fand sich natürlich auch eine kleine Marathon-Clique, deren treibende Kraft Gerhard Nöhrer war, erinnert sich Gerald Pototschnig, der damals Sport-Redakteur war. Daher beobachtete man ganz genau, wie am 24. Oktober 1993 vom ehemaligen Leichtathleten und Trainer Hubert König in Graz ein erster Marathon gestartet wurde, sozusagen ein Versuchs-Ballon, der eher als organisiertes gemeinsames Laufen auf der Passamtswiese beim Paulustor begann. In zwei großen Runden wurde entlang der Mur gelaufen, wegen des Hochwassers war allerdings der Puchsteg kurzfristig von der Polizei gesperrt worden und der Marathon musste über die Puntigamer-Brücke umgeleitet werden. Als Ziel hatte man unbeabsichtigt eine kuriose Schikane für Läufer und Zuschauer eingebaut, nämlich eine Zielgerade, die kurz vorm Ziel um eine Ecke ging, so dass die Zuschauer den Endpurt vor dem Einlauf kaum sehen konnten und die Läufer vom plötzlichen Ende des Rennens überrascht waren. Denn die Strecke verlief über die Murbrücke und durch die Murgasse bis zum Hauptplatz, dort scharf ums Eck beim damaligen Spielwarengeschäft Koch (heute H&M) bis zum Billa-Eck und dort im rechten Winkel nach links zum Nebeneingang des Rathauses. 420 „Finisher“ kamen damals ins Ziel. 720 Läufer und Läuferinnen waren gestartet.
„Ich habe dann den Marathon zur Kleinen Zeitung gebracht“, erzählt Pototschnig. „Er war mein Baby - neben dem Altstadtkriterium, das die Kleine Zeitung bereits seit zehn Jahren betreute.“ In diesen Jahren war Harry Schaupp der legendäre Sportchef in der Redaktion, zu dem ging Pototschnig mit den Worten: „Ich hätte da eine Idee zum Marathon.“ Doch der zeigte wenig Interesse: „Gerald, kannst du dich auf deine richtige Arbeit konzentrieren und nicht mit solchem Blödsinn daherkommen?“ Doch Pototschnig hatte schon das Einverständnis von Sportamtsdirektor Pepi List und so begab es sich, dass 1994 der Graz-Marathon bereits unter der Flagge der Kleinen Zeitung auf der Passamtswiese beim Paulustor gestartet wurde. Die Organisation hatte der Grazer Event-Profi Erich Hollerer übernommen. Ab 1995 wurde in der Schlossallee vor Schloss Eggenberg gestartet und das Ziel am Hauptplatz neu gestaltet. Aber durch die ständig steigende Teilnehmerzahl wurde es vor dem Schlosseingang zu eng und so verlegte man 2004 Start und Ziel vor die Grazer Oper. Da es aber über die Jahre mehrere komplette Änderungen des Streckenverlaufs gab, sind die Ergebnisse der verschiedenen Jahre nur bedingt vergleichbar.
Als 2003 Graz Europas „Kultur-Hauptstadt“ war, wurde auch der Marathon bis 2006 als von der EU offiziell unterstützter „Kultur-Marathon“ gelaufen. Dabei gab es für alle, die die 42,195 km bewältigten, eine spezielle Medaille mit Innenleben in Form einer CD mit Kunst- und Kulturbeiträgen samt den Marathon-Ergebnissen.
Auch zwei besonders bemerkenswerte Rekorde wurden in Graz aufgestellt. 2007 lief der 32-jährige blinde Francis Karanja aus Kenia an der Hand seines Bruders in 1:10.02 einen Halbmarathon-Weltrekord für Blinde. Da bei der Preisübergabe bekannt wurde, dass die bitterarme 13-köpfige Großfamilie des Siegers kurz vor dem Graz-Marathon ihre einzige überlebensnotwendige Kuh verloren hatte, wurden im Ziel spontan 500 Euro für eine neue Kuh gesammelt. Skurril mutet ein anderer Sieg an: 1996 wurde der in Weiz lebende Äthiopier Terefe Mekonnen als sogenannter „Hase“ eingesetzt, also als Schrittmacher für die Läufer-Stars aus Kenia. Doch der „Hase“ lief im Finish des Rennens allen auf und davon und siegte völlig unplanmäßig.
Für die nächste Zukunft gibt es nun Spekulationen, Start und Ziel wegen der starken Verkehrsbehinderungen aus der Altstadt ins „neue Graz“ zu verlegen, also in das Viertel um Stadthalle, Messe. Merkur-Komplex und Styria-Tower. Aber schauma mal, was daraus wird.
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