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Klimaschutz hilft der regionalen Wirtschaft#

Es braucht jetzt ein Investitionsprogramm in die richtige Richtung.#


Von der Wiener Zeitung (14. Mai 2020) freundlicherweise zur Verfügung gestellt

von

Michael Schwendinger


Michael Schwendinger ist beim „VCÖ – Mobilität mit Zukunft“ für die Bereiche Ökonomie und Infrastruktur zuständig.
Michael Schwendinger ist beim „VCÖ – Mobilität mit Zukunft“ für die Bereiche Ökonomie und Infrastruktur zuständig.
Foto: VCÖ/Rita Newman

Die Corona-Krise und die politische Reaktion darauf veränderten binnen weniger Tage unser ganzes gesellschaftliches System drastisch. Die Krise wird nicht so plötzlich wieder verschwinden, wie sie über uns hereingebrochen ist – ihre Auswirkungen, auch die wirtschaftlichen, werden uns noch Jahre beschäftigen. Die Hilfszahlungen der öffentlichen Hand für Unternehmen müssen auch zur Bewältigung künftiger Krisen beitragen, allen voran der Klimakrise. Es ist zu vermeiden, dass die CO2-Emissionen nach Corona so wie nach der Wirtschaftskrise 2008 wieder in die Höhe schnellen.

Die Klimakrise wird die Welt langfristig vor ähnlich große Herausforderungen stellen wie die Corona-Krise. Und sie duldet keinen Aufschub. Warum die Bekämpfung der Corona- und der Klimakrise nur gemeinsam zu schaffen ist: Erstens kann man Investitionen nur einmal tätigen. Es ist rein ökonomisch undenkbar, dass die öffentliche Hand sich zur Stützung der Wirtschaft jetzt massiv verschuldet und zusätzlich in den kommenden Jahren erneut Investitionen in ähnlicher Größenordnung gegen die Klimakrise aufbringt.

Zweitens wirken Investitionsentscheidungen in physische Infrastruktur, egal ob Schienennetz, Glasfaserkabel, Geh- und Radwege oder Autobahnen, für Jahrzehnte. Wo bessere Bedingungen geschaffen werden, das wird zukünftig auch mehr genutzt – wissenschaftlich bestätigter Hausverstand.

Die Lösung liegt auf der Hand: die Wirtschaft durch ein massives Klimaschutz-Investitionsprogramm stützen. Alle neu gebauten Infrastrukturen müssen mit dem Klimaschutzziel vereinbar sein (Schienenausbau statt Flugpisten, Geh- und Radwege statt Autobahnen, Grünraum und Entsiegelung statt Parkplatzwüsten). Projekte, die vor allem die regionale Wirtschaft unterstützen, wie Radwege, Begegnungszonen und verkehrsberuhigte, belebte Ortskerne, sind vorzuziehen. Firmen, die öffentliche Hilfe bekommen, sind zu starken Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten (etwa Einführung von betrieblichem Mobilitätsmanagement, Flotten-Elektrifizierung, Anpassung der Dienstreiseregelung mit Bevorzugung von Videokonferenzen und Bahnreisen). Unternehmen der Fahrzeugindustrie dürfen nur unterstützt werden, wenn sie den Umstieg auf Null-Emissionsfahrzeuge vorziehen.

Neben den direkten Auswirkungen auf die Wirtschaft sorgt die Corona-Krise auch für einen massiven Verfall der Öl- und damit der Treibstoffpreise. Fossile Energie wird nun unverhofft attraktiv, viele Firmen und Private stellen angesichts der schwierigen Umstände den nötigen Umstieg auf erneuerbare Energie hintan und werden nach der Krise wegen der gesunkenen Spritkosten wieder häufiger auf Verbrenner-Pkw zurückgreifen.

Umgekehrt wird seit Jahren über eine CO2-Abgabe diskutiert. Dass diese einen wichtigen Beitrag bei der Emissionsreduktion leisten kann, während gleichzeitig die Wirtschaft floriert, zeigen internationale Beispiele. Ein Öko-Bonus könnte sicherstellen, dass dabei Haushalte mit niedrigerem Einkommen nicht benachteiligt werden. Die öffentliche Hand wird Einnahmen für ihre Wirtschafthilfe brauchen. Eine lenkungswirksame CO2-Abgabe würde den aktuellen und aus der Klimaperspektive kontraproduktiven Spritpreisverfall stoppen. Denn in jeder ernst gemeinten Dekarbonisierungsstrategie dürfen fossile Treibstoffe nicht mehr billiger werden.

Die Corona-Krise erfordert massive Eingriffe in unser Wirtschaftssystem – ob wir wollen oder nicht. Die Klimakrise lässt sich nicht verschieben – ob wir wollen oder nicht. Angesichts knapper Zeit und finanzieller Ressourcen gilt es, die nun darniederliegende Wirtschaft durch Klimaschutz-Investitionen wieder zu stärken.

Bitte auch den Beitragen in IIASA-Options Summer 2019 beachten !#

Wiener Zeitung, 14. Mai 2020