Das Land der warmen Seen#
Österreichs Seen werden 2050 um zwei Grad wärmer sein#
Mit freundlicher Genehmigung der Wiener Zeitung, Mittwoch, 10. April 2013
Von
Petra Tempfer
Klimawandel: Seit 1965 steigen laut Studie die Wassertemperaturen.#
Wien. Baden im Traunsee? Mit den Zehenspitzen vielleicht, ist er doch in der Badesaison von Juni bis September nur frostige 16 Grad Celsius kalt. Doch das könnte sich künftig ändern. Laut einer von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) in Auftrag gegebenen Studie werden Österreichs Seen aufgrund der Klimaerwärmung bis 2050 um durchschnittlich zwei Grad wärmer. Ein Ergebnis, das die Tourismusbranche freut - sie hofft auf mehr Badeurlauber in Österreich. Die Wassertemperatur des Traunsees in Oberösterreich - der tiefste See Österreichs - soll jedenfalls laut Studie auf 19 Grad Celsius klettern. Jene des Millstättersees in Kärnten wird nicht mehr durchschnittlich 20,4, sondern 23 Grad betragen, und im Wörthersee kann man in 37 Jahren sogar in 24 Grad warmem Wasser (heute 22,3 Grad) baden. Insgesamt zwölf Seen der ÖBf im Alpenraum wurden genauer untersucht, deren Temperaturen sollen bis 2050 um 1,2 bis 2,9 Grad steigen. Bei Badewasser ein nicht unwesentlicher Sprung: Bei 18 Grad kaltem Wasser gehen fast nur Hartgesottene schwimmen, bei 20 bis 21 Grad schon mehr. Seen könnten rot werden
Studienautor war der Limnologe Martin Dokulil. Seine Berechnungen basieren auf zwei Methoden: Zuerst betrachtete Dokulil den Temperatur-Verlauf der rund vier Meter tiefen Wasseroberfläche, indem er die über Jahrzehnte hinweg aufgezeichneten Messwerte des Hygrographischen Dienstes heranzog: Demnach steigt die Wassertemperatur seit 1965 aufgrund des Klimawandels an. Diesen Trend setzte der Limnologe rechnerisch bis 2050 fort. Danach verknüpfte er die Luft- mit der Wassertemperatur: Die von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik für 2050 prophezeite Erhöhung der Lufttemperatur im Alpenraum um drei Grad Celsius geht laut Dokulil ebenfalls mit wärmeren Seen einher.
"Am Hallstättersee im oberösterreichischen Salzkammergut merken wir die klimabedingten Veränderungen bereits jetzt deutlich", sagt Pia Buchner von den ÖBf im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" - allerdings vorerst durch Abkühlung: Durch die Zunahme von Schmelzwasser mit den höheren Sonnenständen ab Juni in den vergangenen Jahren komme es zu einer zweiten "Kühlphase" im See. Diese mache deutlich, wie sehr eine Temperaturveränderung - und sei sie auch noch so gering - das gesamte Ökosystem verändere. "Die ,Kühlphase‘ vermindert das Wachstum von Plankton, was wiederum ein verringertes Nahrungsangebot für die Fische bedeutet", so Buchner. Die Befischung wurde daher reduziert. Langfristig soll allerdings auch der Hallstättersee wärmer werden: von aktuell 14,6 auf 16 Grad 2050. Auch diese Erwärmung ziehe Veränderungen nach sich. Einerseits könnten sich die Seen durch die Vermehrung der Burgunderblutalge zeitweise rot färben, so Dokulil. Andererseits müsse "schon jetzt geplant werden, mit welchen Fischen die Seen dann besetzt werden müssen", sagt Buchner. Seen seien ein extrem sensibles Ökosystem.
Die Tourismusbranche wittert indes durch deren Erwärmung eine neue Chance. "Langfristig könnte die Zahl der Sommerurlauber dadurch zunehmen, wird Österreich doch heute im Ausland eher mit kalten Bergseen als mit Badeseen in Verbindung gebracht", sagt Petra Stolba, Geschäftsführerin der "Österreich Werbung". Um sich auch werbetechnisch darauf vorzubereiten, wurde bereits ein Runder Tisch mit den neun Landestourismus-Organisationen einberufen. "Österreich, das Land der warmen Badeseen" - klingt verlockend.