Plug-in-Hybride sind nur so umweltfreundlich wie ihre Fahrer#
Hybridfahrzeuge sind umweltschädlicher als gedacht. Österreich fördert sie jedoch - und will dies auch 2021 tun.#
Von der Wiener Zeitung (9. Dezember 2020) freundlicherweise zur Verfügung gestellt
Von
Michael Ortner
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Vor allem, wenn es um das Automobil geht. Da die Klimakrise zum ökologischen Fahren mahnt, steigen schon einige auf Elektrofahrzeuge um. Nicht alle Fahrer sind davon jedoch überzeugt. Sie haben Zweifel an der Reichweite, Angst, auf der Landstraße ohne Ladesäule zu stranden. Für diese Zweifler hat sich die Autoindustrie schon vor Jahren etwas einfallen lassen: Plug-In-Hybridfahrzeuge. Sie verfügen sowohl über einen herkömmlichen Verbrennungsmotor, als auch über einen CO2-neutralen Elektromotor. Kurze Strecken in der Stadt sollen elektrisch gefahren werden, die Fahrt in den Urlaub kann mit dem Verbrennungsmotor zurückgelegt werden, so die Absicht.
Plug-Ins gelten als Brückentechnologie auf dem Weg zu einem emissionsfreien Verkehr. Für die Autoindustrie sind die Fahrzeuge deshalb attraktiv, weil sie Flottengrenzwerte beim CO2-Ausstoß einhalten müssen. Sonst drohen ihnen empfindliche Strafen. 2021 werden diese Grenzwerte erstmals bindend. Plug-In-Hybride werden den Herstellern angerechnet, weil sie elektrisch fahren können. Die Teilzeit-Elektroautos helfen ihnen also, die CO2-Grenze der EU einzuhalten.
Klimabilanz nicht sauber#
Wie umweltfreundlich das Auto aber ist, hängt davon ab, wie es genutzt wird. Der ökologische Fußabdruck wird größer, wenn die Batterie nur selten und unvollständig geladen wird. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die tatsächliche Klimabilanz der Plug-In-Hybride schlechter ausfällt. Das deutsche Fraunhofer-Institut und die Non-Profit-Organisation ICCT (International Council on Clean Transportation) haben in einer Studie Daten zum realen Verhalten von 100.000 Hybrid-Pkw untersucht.
Das Ergebnis: Die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Hybrid-Fahrzeugen sind im Mittel zwei bis vier Mal höher, als in Testzyklen. Laut Daten aus der Studie beträgt der mittlere elektrische Fahranteil im Testzyklus 69 Prozent, also rund zwei Drittel. In der Praxis werden allerdings nur circa 37 Prozent erreicht. Die meiste Fahrzeit verbrennt der Motor also Kraftstoff und stößt CO2 aus. Noch schlechter ist die Bilanz bei Firmenwagen. Beruflich werden Plug-In-Hybride nur zu einem Fünftel elektrisch gefahren, statt im Testzyklus zu 63 Prozent.
Warum gibt es aber so starke Abweichungen zwischen Testzyklus und realem Betrieb? Die Auto-Hersteller testen die Fahrzeuge mit voller und leerer Batterie. Daraus wird ein Wert berechnet. "Wir haben festgestellt, dass die Hersteller zu optimistisch waren, was den elektrischen Fahranteil und das Ladeverhalten angeht", sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft beim Fraunhofer-Institut und Mitautor der Studie. Auch bei den Angaben zum Kraftstoffverbrauch im verbrennungsmotorischen Betrieb seien die Angaben zu optimistisch gewesen.
Plug-In-Hybride von vornherein als umweltschädlich abzustempeln, sei jedoch nicht richtig, sagt Plötz. "Es kommt explizit darauf an, wie sie geladen und gefahren werden". Werden sie überwiegend elektrisch gefahren, sei die Umweltbilanz gut. Lädt man die Batterie nur wenig bis gar nicht, sei die Umweltbilanz schlecht. "Am Ende zählen die elektrisch gefahrenen Kilometer", sagt der Energieexperte.
Nachfrage steigt#
Plug-In-Hybride schonen also nicht per se die Umwelt. Dennoch fördert Österreich die Fahrzeuge mit Steuergeld. Beim Kauf eines Plug-In-Hybrid-Pkw oder eines Fahrzeuges mit Range Extender (Reichweitenverlängerer) zahlt der Staat seit 1. Juli 2500 Euro dazu. Zuvor gab es 1500 Euro Kaufprämie. Das Geld stammt je zur Hälfte von den Autoimporteuren und vom Bund. Förderfähig sind Fahrzeuge mit einem Preis von maximal 60.000 Euro. Auch steuerlich haben die Fahrzeuge einen Vorteil. In der Regel fällt die Normverbrauchsabgabe (Nova) aufgrund der geringen CO2-Emissionen weg. Bei der motorbezogenen Versicherungssteuer ist nur der Anteil des Verbrennungsmotors versicherungspflichtig.
Die Fahrzeuge erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Ihre Zahl hat sich heuer von Jänner bis Oktober im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vervierfacht. Bis Ende Oktober wurden bisher rund 5500 Fahrzeuge dieser Art neu zugelassen. Von den heuer bisher rund 14.700 Anträgen für E-Pkw-Förderung gehen 90 Prozent reiner Elektroantrieb, zehn Prozent beträgt der Anteil von Plug-in-Hybriden und Range Extendern.
Kritik von den Neos#
Gefördert werden Plug-in-Hybride schon länger. 2018, 2019 und im ersten Halbjahr 2020 betrug die Fördersumme insgesamt 702.700 Euro - für Betriebe und Privatpersonen. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Neos an das Ressort von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hervor. Für das kommende Jahr plant das Umweltministerium, die Förderung von Plug-in-Hybriden zu reduzieren. Ab 1. Jänner 2021 soll es 2000 Euro für betriebliche Plug-in-Fahrzeuge geben. Im Privatbereich sind keine konkreten Reduktionspläne angedacht.
Die Neos halten die Prämie für Plug-In-Hybridfahrzeuge für nicht gerechtfertigt. "Mehr als 700.000 Euro an Förderung für Plug-In-Hybride seit 2018 sind nicht treffsicher eingesetzt worden. Und auch die geplanten Maßnahmen sind nicht treffsicherer. Obwohl die Plug-In-Hybride umweltschädlicher sind als gedacht, wird die Förderung im privaten Bereich mit 1. Jänner 2021 nicht angepasst", kritisiert Neos-Verkehrssprecher Johannes Margreiter.
Laut Klimaschutzministerium entfällt auf den Privatbereich nur ein sehr kleiner Anteil an Förderanträgen für Hybride. Im betrieblichen Bereich werden diese stärker angenommen, heißt es gegenüber der "Wiener Zeitung". Unternehmen erhalten neben der Ankaufsförderung auch steuerliche Vorteile wie den Vorsteuerabzug.
Zudem monieren die Neos, dass es keine Unterschiede in der Förderung zwischen Hybrid-Fahrzeugen mit 50 und 80 Kilometern Reichweite gibt. Das Klimaschutzministerium betont, dass der Schwerpunkt des Förderprogramms auf rein batterieelektrischen Fahrzeugen liegt. "Eine weitere Ausdehnung der Plug-In-Förderung ist derzeit nicht angedacht."
Energieexperte Plötz befürwortet dies allerdings. "Fahrzeuge mit höherer elektrischer Reichweite sollten höhere Förderung bekommen. In Deutschland werden die Mindestreichweiten in den kommenden Jahren sukzessive erhöht." Die Förderung gänzlich einzustellen, hält er für keine Lösung. Förderungen sollten vielmehr von der elektrischen Nutzung abhängig gemacht werden. "Sie bekommen beim Kauf des Fahrzeugs einen Teil der Förderung, den Rest aber erst nach zwei Jahren. Bis dahin müssen sie einen Mindestanteil von x Prozent elektrisch gefahren sein", sagt Plötz. Die Vorhaben des Klimaschutzministeriums gehen zumindest in die richtige Richtung. Künftig soll die OBFCM (On Board Fuel Consumption Meters) für den Nachweis der tatsächlich gefahrenen Anteile geprüft werden.