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Anthropologische Analyse der Leichenbrände aus Hügel 1 und 2#


Von

Silvia Renhart

Aus: Fundberichte aus Österreich. Materialhefte. Hg.: Bundesdenkmalamt. Reihe A, Sonderheft 5. Wien 2007. Eiszeitliche Hügelgräber im Attergau.


Innerhalb von Hügel 1 konnten drei Individuen festgestellt werden, während in der Kammer von Hügel 2 ein Individuum diagnostiziert wurde. Bei der Verbrennung sämtlicher Individuen kam wohl der gleiche Modus (Ritus) zur Anwendung. Bei den vorliegenden menschlichen Überresten handelt es sich meist um Langknochenfragmente, deren durchwegs kleine Fragmentierung eine intentionelle Zerkleinerung nach der Verbrennung nicht ausschließen lässt (Tab. 1). Aber auch ein frühzeitiges Abschrecken beziehungsweise Löschen der Verbrennungsrückstände durch Flüssigkeit ist nicht außer Acht zu lassen. Die teilweise Vermischung der Brandknochen der drei Individuen aus Hügel 1 sowie der gleiche Verbrennungsgrad weisen auf eine gleichzeitige Verbrennung hin. Ihre Brandknochen wurden nur zum Teil aussortiert und anschließend getrennt im Grab niedergelegt.

HügelInd.FNr.Erh.Gew.FarbeV-stufeV-gradDurch.FragFrag-stufeRobust.Mm.Ind.-ZahlAlterGeschlecht
1I41326m-wIVc111bb119-40W??
50314m-wIVc91bb
592230m-wIVc121bb
893,523m-wIVc111bb
93311m-wIVc101bb
97 (Sack 1)3,5128m-wIVc141bb
97 (Sack 2)3,562m-wIVc131bb
494
II2055m-wIVc172c-dc119-40M?
591298m-wIVc192c-dc
303
III8738m-wIVc131aa17-12?
883-47m-wIVc91a
97 (Sack 2)330m-wIVc91a
98312m-wIVc81aa
57
2 232m-wIVc91cc131-50M??
33,414m-wIVc182cc
736m-wIVc192cc
933m-wIVc61cc
1136m-wIVc252cc
1434m-wIVc141cc
1535m-wIVc111
1832m-wIVc101
3031m-wIVc21
3131m-wIVc21
3443m-wIVc171cc
3632m-wIVc51
3831m-wIVc101
403,46m-wIVc81
4739m-wIVc121
5638m-wIVc141
60311m-wIVc212cc
6532m-wIVc101
7031m-wIVc21
7532m-wIVc81
77314m-wIVc141cc
11832m-wIVc111
11938m-wIVc141cc
12132m-wIVc71
12333m-wIVc91
124312m-wIVc151cc
126320m-wIVc242cc
130318m-wIVc162cc
1311,2126m-wIVc212cc
340

Tab. 1: Ind. (Individuum). FNr. (Fundnummer). Erh. (Erhaltung): l - Stücke aller Körperregionen (auch spongiöse), 2 - Fragmente aller Körperregionen (wenige spongiöse), 3 - nur Langknochenfragmente, 4 - nur Schädelfragmente, 5 - nur Langknochenstücke. Gew. (Gewicht). Farbe: m-w - milchig-weiß. V-stufe (Verbrennungsstufe): IV - ab 650-700° C. V-grad (Verbrennungsgrad): c - vollkommen verbrannt. Durch. Frag, (durchschnittliche Fragmentierung). Frag-stufe (Fragmentierungsstufe): l - sehr klein, 2 - klein. Robust. (Robustizität): a - infantil, b - grazil, c - mittelrobust, d - robust. Mm. (Muskelmarkenrelief): a — schwach, b — mittel, c - mächtig. Geschlecht: M? - wahrscheinlich männlich (Wahrscheinlichkeit über 70 %), M?? - eher männlich als weiblich (Wahrscheinlichkeit über 50 %), W?? - eher weiblich als männlich (Wahrscheinlichkeit über 50 %).

Hügel 1#

Bei Ind. I handelt es sich eher um eine Frau, die zwischen dem 19. und 40. Lebensjahr verstarb. Insgesamt 494 g Leichenbrand konnten ihr zugeordnet werden. Die vollkommen verbrannten Knochen sind sehr klein fragmentiert und milchigweiß gefärbt, was auf eine durchschnittliche Verbrennungstemperatur von 650-700° C schließen lässt. Die Knochenreste der Frau indizieren einen grazilen Wuchs. Von Ind. II sind 303 g des vollkommen verbrannten, milchig-weißen, sehr klein fragmentierten Leichenbrandes vorhanden. Bei der Verbrennung des zwischen dem 19. und 40. Lebensjahr verstorbenen Mannes wurde ebenfalls eine Temperatur von über 650° C erreicht. Seinem Erscheinungsbild nach war der Mann mittelrobust und mittelkräftig. Beim Leichenbrand des zwischen dem 7. und 12. Lebensjahr verstorbenen Kindes (Ind. III) zeigen sich dieselben Verbrennungszeichen. Von diesem Individuum waren noch 57 g Leichenbrand festzustellen.

Hügel 2#

Die Brandknochen aus Hügel 2 konnten als Überreste eines zwischen dem 31. und 50. Lebensjahr verstorbenen Individuums bestimmt werden, das eher als männlich angesprochen werden kann. Die vorhandenen 340 g Leichenbrandreste sind ebenfalls milchig-weiß gefärbt und vollkommen verbrannt. Ihre Fragmentierung reicht von der Stufe „sehr klein" bis „klein". Bezüglich der Verbrennungstemperatur ist auch hier von durchschnittlich erreichten 650-700° C auszugehen. Im Unterschied zum Mann aus Hügel l war der 31- bis 50-jährige vom Erscheinungsbild her robust und kräftig.


Entweder wurden die Leichenbrände nach der Verrottung der organischen Behälter miteinander vermischt oder sie wurden von vornherein nicht genau getrennt aus dem Scheiterhaufen ausgelesen. Die Vermischung sowie die gleichartige Färbung und Fragmentierung der Leichenbrände deuten darauf hin, dass alle drei Individuen gleichzeitig verbrannt und bestattet wurden. Aus dem Leichenbrand wurden auch einige stark fragmentierte Tierknochen ausgelesen, die laut M. Schmitzberger vermutlich von einem „Schafhaxn" stammen, dessen Fleisch den Toten als Nahrung ins Grab gegeben wurde. Von den drei Tierknochen lagen zwei im nördlichen Leichenbrandhaufen, während sich ein Stück im südlichen fand; die Position der Fleischbeigabe und ihre Zuordnung zu einem der Individuen lassen sich daher nicht genau bestimmen.

Aus der Lage der Trachtbestandteile und Beigaben im Grab geht keine eindeutige Zuweisung zu den einzelnen Individuen hervor. Versuchsweise könnte man die eisernen Beschläge eines Köchers und die Pfeilspitzen (KatNr. 1), die ganz im Nordosten geborgen wurden, sowie den einfachen Eisenring (KatNr. 2) aus dem Nordwesten Ind. I zuschreiben. Westlich des südlichen Leichenbrandhaufens, also näher bei Ind. II, lagen die Fragmente und ein Eisenring (KatNr. 3) eines Gürtels, südlich davon eine vollständige Henkeltasse (KatNr. 7), wenige Bruchstücke einer schlecht erhaltenen grafitierten Schüssel (KatNr. 8), das Fragment einer Messerklinge (KatNr. 6b) sowie Bruchstücke eines bandförmigen Eisenbeschlages (KatNr. 5). Die starke Fragmentierung und Zerstreuung des Eisenbandes, des Messers und der eisernen Gürtelbeschläge (KatNr. 4) weisen eindeutig auf sekundäre Eingriffe im Grab hin. da die Gegenstände nach der Hügelaufschüttung nicht mehr so weit verlagert worden wären. Ganz im Süden stand schließlich das große Steilhalsgefäß (KatNr. 11). in dessen Innerem sich eine Henkeltasse (KatNr. 10) als Schöpfgefäß für den flüssigen Inhalt befand. Etwas nordöstlich davon fanden sich die Fragmente der flachen Schüssel mit Omphalos (KatNr. 9).


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