ArcheoParc Schnals – Lebensraum des Mannes aus dem Eis#
Der neue Archäologiepark in Südtirol#
Von
Silvia Renhart
Aus: Archäologie Österreichs. Ausgabe 13/1, 2002
Nach nur eineinhalbjähriger Planungs- und Bauzeit wurde am 16. September 2001 in Unser Frau in Schnals der ArcheoParc Schnals eröffnet. Zehn Jahre nach der Auffindung des Mannes aus dem Eis (Ötzi) war es mit Unterstützung des EU-Programmes Interreg II, dem Land Südtirol und der Gemeinde Schnals gelungen, auch das Tal mit der Fundstelle aufzuwerten.
Denn schon seit dem Zeitpunkt, als Ötzi am 19. September 1991 vom Nürnberger Bergsteigerehepaar Simon auf 3.210 m Meereshöhe am Tisenjoch gefunden wurde, dachte man im Schnalstal darüber nach, wie man die Fundstelle in die Eismannpräsentation mit einbeziehen könnte. Im Rahmen des Vinschger EU-Programmes wurden Erich Erlacher und die Autorin dieses Beitrages mit der Erstellung eines Gesamtkonzeptes beauftragt.
Aus den gegebenen Voraussetzungen wie Fundstelle, Lebensraum und einem Areal von 4.400 m2 mit direktem Blickkontakt zur Fundstelle entstand das Konzept eines Archäologieparks, bestehend aus einem modernen Ausstellungsgebäude und einem Freigelände mit l: l Hausrekonstruktionen aus der ausgehenden Jungsteinzeit (Kupferzeit, ca. 3.300v. Chr.).
Im Rahmen dieses Projektes war es möglich, eine solche Anlage - besonders das Erlebnishaus ausstellungstechnisch nicht erst vom fertigen oder halbfertigen Bau an zu planen. Zuerst wurde ein Gesamtkonzept mit Inhalt und Ablauf nach neuen museologischen Erkenntnissen erarbeitet und erst danach wurde die gewünschte leichte und transparente "architektonische Hülle" in Angriff genommen.
Ziele für die Gestaltung#
Die Ziele waren unter anderem:- In diesem Archäologiepark soll die Vergangenheit auf eine lebendige Art und Weise wiedererstehen
- Es soll ein realer Eindruck vom "Leben damals" vermittelt und eine starke emotionale Wirkung mit Erinnerungswert erzielt werden.
Das Erlebnishaus#
Ziel war ein ausgeklügeltes Erlebnishaus, das durch Transparenz in Bau und Ausstattung einen durchgehenden, überschaubaren Ablauf ermöglicht (Abb. 1).
Das Gebäude soll als Teil der gesamten Anlage in Konstruktion, Form und Material derart konzipiert sein, dass es selbst - wie die jungsteinzeitlichen Hütten - als Anschauungsobjekt dasteht. Das Gebäude soll eine Hülle für Funktionen sein, gebaut in einer analogen Logik wie die "Ötzi-Bauten", jedoch mit den heutigen, modernen Baumöglichkeiten und technischen Mitteln. Der Bau soll mit eigener Identität eine der Bedeutung des Inhaltes angemessene Form und Qualität erhalten.
In diesem Niedrigenergiehaus wandern die Besucher durch Zeit und Raum - von 1.500 m auf 3.210 m Meereshöhe zum Tisenjoch. Beginnend von den ersten mittel- und jungsteinzeitlichen Spuren im Schnalstal, Vinschgau und Alpenraum samt Lebensweise, Umwelt und Vegetation wird der Übergang zur mehr als 6.000 Jahre alten Weidewirtschaft und deren Folgen bis heute dargestellt.
Nach dem Bereich "Museumspädagogik" und "Museum für Kinder von Kindern" gelangt der Besucher zur Inszenierung des Lebensraumes des Mannes aus dem Eis (Abb. 2). Auch hier sind Umwelt, Klima, Vegetation, Landschaftsentwicklung und Ernährung in der ausgehenden Jungsteinzeit abwechslungsreich inszeniert. Die Rekonstruktionen der gesamten "Ötzi-Ausrüstung" dürfen angegriffen und sogar anprobiert werden. Den Höhepunkt stellt eine 3-D Stereomultivisionsschau zum letzten Weg des Mannes aus dem Eis dar.
Jährlich werden auch zwei Sonderausstellungen gezeigt. Für 2002 sind dies vom 28. Dezember 2001 bis 7. April 2002 "Gletscher, Mythos und Oper" und vom 20. April bis 3. November 2002 "Harte Fakten - Geräte aus Feuerstein". Am Ende des Rundganges durch das Haus darf sich der Besucher im Panoramacafe auch mal bei Kuchen und "Mittel- oder Jungsteinzeittee" (Exklusivkreation und -abfüllung ArcheoParc Schnals) ausruhen.
Das Freigelände#
Am Freigelände sind "Ötzi's 17 Holzarten", die er in unterschiedlichster Form bei sich hatte, (beispielsweise als Bogen aus Eibe, Pfeilschäfte aus Schneeball, Messergriff aus Linde, Gefäße aus Birkenrinde etc.), angepflanzt und vorgestellt. Bereits während seines Rundganges durch das Museumsgebäude wird dem Besucher ein Ausblick auf das Freigelände gestattet - stets dem Thema im Inneren entsprechend.
Auf drei Versuchsfeldern werden neben Urgetreidesorten wie Emmer und Einkorn auch verschiedene Pflanzen wie Linsen, Bohnen, Mohn usw. angebaut. Auch an ein sicheres Feld zum Wühlen für die Kleinsten ist gedacht. Drei l: l Hausmodelle nach archäologischen Grabungsbefunden (Arbon-Bleiche, CH und Alleshausen-Grundwiesen, D) wurden rekonstruiert, um so dem Besucher einen möglichst realen Eindruck vom Leben damals zu geben (Abb. 3-4). In einem Teich können Geschickte mit einfachsten Hilfsmitteln fischen. Auch ein Bogenschießstand zum Ausprobieren der bei Kursen selbst gebastelten Pfeile und Bögen ist vorhanden.
Der ArcheoParc Schnals ist Südtirols erstes Aktivmuseum und das direkte ER-LEBEN und BE-GREIFEN (Abb. 5) von Geschichte und Ötzi's Lebensraum wird hier auf eine einzigartige und lebendige Art und Weise beinahe das ganze Jahr über ermöglicht.
Ein Besuch des ArcheoParcs lässt sich nicht nur mit Wandern (u. a. mehr als 28 archäologische Wanderwege), Schifahren (Ganzjahresschigebiet Schnalstaler Gletscher), lukullischen Genüssen wie "Essen wie zu Zeiten des Mannes aus dem Eis" und einem Abstecher zur Mumie des Mannes aus dem Eis im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen verbinden, sondern auch mit einem Kultur trip durch die uralte Kulturlandschaft des Magischen Rätischen Dreiecks Vinschgau (I), Unterengadin (CH) und Oberes Gericht-Bezirk Landeck (A).
Den ArcheoParc Schnals erreicht man vom Brenner kommend über Bozen, Meran, Naturns oder über den Reschen kommend durch den Vinschgau bis kurz vor Naturns, dann ins Schnalstal einbiegen. Im dritten Dorf des Tales in Unser Frau in Schnals steht der ArcheoParc mit direktem Blickkontakt zur Fundstelle des Eismannes. Aktionen, Vorführungen, Kurse, künftig auch Camps und Führungen für Groß und Klein, sowie spezielle Kinderbetreuung an den Wochenenden werden von den gut geschulten und kompetenten Mitgliedern des ArcheoParc Teams durchgeführt.
Weiterführendes#