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Der ehemalige Herzoghof in Graz (Essay)#

Text von

Wiltraud Resch

Bilder von

Wiltraud Resch und Hasso Hohmann

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von

ISG Magazin Heft 1 / 2003 (Internationales Städteforum Graz)


Das Haus Herrengasse 3 mit seiner „gemalten" Fassade zählt sicher zu den am besten bekannten Altstadthäusern von Craz. Bis in das späte Mittelalter erfolgte hier im herzoglichen Hof die Lehensvergabe durch den Landesfürsten. Um 1600 ließ Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich den Hof als Wohnsitz für seinen Bruder Maximilian Ernst adaptieren. Baumeister und Freskant der Fassade war niemand geringerer als der bedeutendste Hofkünstler dieser Zeit, Giovanni Pietro de Pomis. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die nun im Besitz der Grafen von Herberstein stehende Hofanlage erneuert. Der Umbau des herrengassenseitigen Traktes erfolgte jedoch erst durch den Wechsler Franz von Lathurner, der im Jahre 1742 nicht nur aufstocken ließ, sondern auch den Vor-auer Maler Johann Mayer mit einer neuen Fassadenmalerei beauftragte.

Infolge mehrfachen Besitzerwechsels präsentierte sich der Hof zu Beginn des 20. Jahrhunderts äußerst desolat. Für die hier befindliche Druckerei war im Hof ein Maschinenraum eingebaut, die kaum noch erkennbaren und teilweise mit Firmentafeln abgedeckten Malereien sollten zumindest im ersten Stock für eine Bankfiliale entfernt werden.

Funktionale Zubauten ordnen sich in einer zurückhaltenden architektonischen Sprache ein., © Wiltraud Resch
Funktionale Zubauten ordnen sich in einer zurückhaltenden architektonischen Sprache ein.
© Wiltraud Resch
Durch die Freilegung der ursprünglichen Wnadöffnungen und die einheitliche Verglasung erhält der Innenhof wieder eine architektonische Qualiät., © Wiltraud Resch
Durch die Freilegung der ursprünglichen Wnadöffnungen und die einheitliche Verglasung erhält der Innenhof wieder eine architektonische Qualiät.
© Wiltraud Resch
Klar kontinuierte Wandöffnungen geben den Blick auf die gut erhaltenen Gewölbe der Hofflügel frei., © Wiltraud Resch
Klar kontinuierte Wandöffnungen geben den Blick auf die gut erhaltenen Gewölbe der Hofflügel frei.
© Wiltraud Resch

Ab 1924 begann jedoch der neue Besitzer Josef Spitzy mit einer sensiblen Wiederinstandsetzung des Gebäudes. Vor wenigen Jahren übernahm die IFA-Finanzgruppe (ein auf die Abwicklung von Bauherrenmodellen spezialisiertes Finanzdienstleistungsunternehmen) in Kooperation mit der Costa-KEG die Generalsanierung, die gerade rechtzeitig vor dem Auftakt der Kulturhauptstadt abgeschlossen werden konnte.

Der ehemalige Herzogshof gruppiert sich als mächtiger, von der Herrengasse bis zur Prokopigasse reichender Baukomplex um einen langgestreckten Innenhof. In seiner Grundstruktur ist noch die ursprüngliche mittelalterliche Hofstättenanlage erkennbar. Archäologische Bauuntersuchungen konnten neben älteren Fundstücken eine erste Verbauung für das 14. Jahrhundert nachweisen. Hofseitig dokumentiert sich eine in mehreren Epochen gewachsene Baustruktur mit unterschiedlichen Arkadengängen.

Bildprogramm#

Der ehemlaige Herzoghof mit seiner barocken Fassadenmalerei- der einzigen dieser Art, die sich in Österreich erhalten hat., © Hasso Hohmann
Der ehemlaige Herzoghof mit seiner barocken Fassadenmalerei- der einzigen dieser Art, die sich in Österreich erhalten hat.
© Hasso Hohmann

Die größte Bedeutung des Gebäudes liegt in der Herrengassenfassade. Das monumentale Stein-Renaissancetor erinnert noch an den erzherzoglichen Bau um 1600. Darüber erheben sich die drei Obergeschosse, die um 1742 ihre heutige Form mit dem markanten barocken Schopfwalmgiebel erhielten. Die Fassadenmalerei - heute die einzige dieser Art in Österreich erhaltene - weist ein anspruchsvolles Bildprogramm auf, in dem die griechisch-römische Götterwelt mit vorwiegend als Reiterfiguren dargestellten Göttern erscheint.

Die unterste Reihe steht mit dem Weingott Bacchus, dem Handwerkergott Vulkan und der Herdgöttin Vesta dem Bürger am nächsten. In der mittleren Reihe präsentiert sich die höchstrangige Götterwelt mit Apollo, Jupiter und Pluto. Die oberste Reihe zeigt den Kriegsgott Mars, Minerva, die Göttin des Krieges und der Weisheit, sowie den Gott der Kaufleute, Merkur. Darstellungen aus der griechisch-römischen Sagenwelt und ihrer Heroen füllen die weiteren Bildfelder. Die durch verschiedene frühere Restaurierungskonzepte und klimatische Umwelteinflüsse gefährdete Fassadenmalerei konnte von Restaurator Hubert Schwarz in Akkor-dierung mit dem Denkmalamt zumindest in ihrem Erhaltungszustand stabilisiert werden. Baukunst ist raumgefaßter Zeitwille. Lebendig. Wechselnd. Neu. Nicht das Gestern, nicht das Morgen, nur das Heute ist formbar. Nur dieses Bauen gestaltet. Gestattet die Form aus dem Wesen der Aufgabe mit den Mitteln unserer Zeit. Mies van der Rohe, 1923

Funktionalität#

Schaufenster in der Durchfahrt zwischen Herrengasse und Hofgasse., © Hasso Hohmann
Schaufenster in der Durchfahrt zwischen Herrengasse und Hofgasse.
© Hasso Hohmann

Neben der Renovierung bildete vor allem die Revitalisierung des ehemaligen Herzoghofes ein dringliches Anliegen. Unter Wahrung der denkmalgeschützten Bausubstanz wurden auf fünf Geschossebenen Geschäfts-, Gastronomie-, Büro- und Wohnflächen in zeitgemäßer Funktionalität geschaffen. Der nur noch als Durchgang benützte Innenhof ist heute wieder ein Ort des Verweilens. Alle neuen architektonischen Elemente wie der transparente Liftzubau oder die Verglasungen der freigelegten historischen Öffnungen gestaltete Architekt DI Hans Gangoly in einer zurückhaltenden, klaren Formensprache.

Neben den traditionellen Geschäftslokalen, die sich nun in modernisiertem Ambiente präsentieren, konnten auch bisher nicht genützte Flächen attraktiv erschlossen sowie 15 neue Wohnungen geschaffen werden. Neu ist auch das CITY SERVICE CENTER, das sich im ersten Stock des Herzoghofes als umfassender Dienstleistungsbetrieb mit Kinderbetreuungseinrichtung, Gepäckaufbewahrung, Spieleberatung etc. etablierte; die Rezeption steht allen Grazerlnnen und Besuchern der Stadt für Informationen zur Verfügung.

Einmal mehr beweist die Revitalisierung des ehemaligen Herzogshofes bzw. Gemalten Hauses, dass sich historisches Denkmal und zeitgemäße Funktionalität nicht gegenseitig ausschließen müssen. Neben der nach außen wirksamen Renovierung der einzigartigen Fassade erhielt der gesamte Gebäudekomplex eine Aufwertung und Belebung, in der auch die historischen Bauelemente wieder zur Geltung kommen.