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CERN#

H. Maurer, Jänner 2022

Die Grundaufgaben des CERN werden in der folgenden Erklärung zu Mission festgehalten:
“At CERN, our work helps to uncover what the universe is made of and how it works. We do this by providing a unique range of particle accelerator facilities to researchers, to advance the boundaries of human knowledge. The Laboratory, established in 1954 has become a prime example of international collaboration. Our mission is to:
provide a unique range of particle accelerator facilities that enable research at the forefront of human knowledge.
perform world-class research in fundamental physics.
unite people from all over the world to push the frontiers of science and technology, for the benefit of all.”

Die deutsche Wikipedia sagt dazu:
„Am CERN werden der Aufbau der Materie und die fundamentalen Wechselwirkungen zwischen den Elementarteilchen erforscht, also die grundlegende Frage, woraus das Universum besteht und wie es funktioniert. Mit großen Teilchenbeschleunigern werden Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Teilchendetektoren werden sodann die Flugbahnen der bei den Kollisionen entstandenen Teilchen rekonstruiert, woraus sich wiederum Rückschlüsse auf die Eigenschaften der kollidierten sowie der neu entstandenen Teilchen ziehen lassen. Dies ist mit einem enormen technischen Aufwand für die Herstellung und den Betrieb der Anlagen sowie mit extremen Anforderungen an die Rechnerleistung zwecks Datenauswertung verbunden. Auch aus diesem Grund wird CERN international betrieben und finanziert.“

So sehr Grundlagenforschung sinnvoll und unterstützenswert ist, kann man die Frage stellen, ob die Milliardenbeträge die in den Beschleuniger investiert wurden und werden nicht anders sinnvoller investiert werden könnten als sub-sub-sub atomare Erkenntnisse zu sammeln, die vielleicht in weitere Zukunft einmal wichtig sein könnten, aber nicht unmittelbar (auch nicht in den nächsten 100 Jahren) relevant sind und die nur eine sehr kleine Gruppe von Menschen interessieren.

Die jährlichen Kosten übersteigen eine Milliarde Euros. Im Vergleich: Das „Horizon Europe - the most ambitious EU research & innovation programme ever“ hat ein jährliches Budget für ca. 13 Milliarden für alle Fachrichtungen, siehe Horizon Europe, budget - Publications Office of the EU (europa.eu)

Ist da eine Summe in der Höhe von ca. 7.5.% für eine sehr theorieorientierte Physikeinrichtung gerechtfertigt?

Diskussion#

Andreas: Falsche Budgetdarstellung: Es klingt in dem Dokument so, als würde CERN von der EU das Budget erhalten, was nicht stimmt.

Hermann Maurer: Zu Andreas, falsche Budgetdarstellung: Du hast Recht, Andreas. Das Geld kommt von den internationalen Staaten, die sich an CERN beteiligen. Das Budget des ERC habe ich nur genannt um ein bisschen die enorme Höhe darzustellen. Aber auch die EU hat zusätzliche Forschungssmittel, die ich auch nicht erwähne.

Manfred: Was mich an CERN stört: Sie nennen sich selbst das Atomforschungszentrum Europas. Warum beschäftigen sie sich nicht mit wichtigen Dingen, etwa wie man sicher Atomenenergie erzeugt? Beschäftigen sie sich überhaupt mit Fusionsenergie? Das wäre nützlich und jeden Aufwand wert, was sie jetzt (zum Großteil) machen ist Geldverschwendung.

Note: Quora has asked the question: What are some of CERN’s noteworthy achievements and are they worth the tax proceeds funding it, see here:.

Mike Pollocks, Kosmologe, gab diese Antwort (folgendes Zitat von here): We have done so many observations. So many satellites. So many rovers, telescopes, rockets, space shuttles. What is that? 100 trillion dollars of research!? It really is staggering how much data we already have without building something new. Most new findings these days have come from data that has been around for a while. The problems of astrophysics do not come from lack of observations, they come from one innocent, beautiful, tantalizing theory that has destroyed the ability of astrophysics, and many other sciences as well, to be conducted properly. Science decided to create the universe from nothing 13.8 billion years ago and, with that assumption, and the processes surmised to make the theory work, has created an illusionary universe where scientists find nearly every observation, new or old, completely confusing.

Andreas-2: Zahlen zu Kosten: Das Budget für eines der großen CERN Projekte war der LHC (Large Hadron Collider) mit 7,5 Milliarden Euro (Stand Juni 2010). Die Entdeckung des "Higgs Teilchens",das erkärt, woher die Masse von Objekten kommt, gilt dabei wohl als eine der großen Erfolgsgeschichten. Der Bau des "Future-Circular-Collider" (100 km Schleife under dem Genfer See) würde mindestens 24 Milliarden Euro kosten, und falls er gebaut wird, nicht vor 2055 in Betrieb gehen.

Hermann Maurer: Zu diversen Budgetdarstellungen: Feststeht, dass CERN für viele Naturwissenschaftler fundamentale neue Einsichten geliefert hat und weiter liefern wird, wobei auch ein weltweit vernetztes Supercomputersystem entstanden ist. Dass vieles weit von Anwendungen entfernt ist, kann man zu Recht bei den hohen Kosten beklagen. Umgekehrt möge man bedenken, ich zitiere: "Die Kosten pro Autobahnilometer können zwischen 6 Millionen und 20 Millionen Euro liegen und sogar bis zu 100 Millionen Euro erreichen, wie das Bundesverkehrsministerium in den vergangenen Jahren auf Fragen antwortete. Abhängig ist das etwa vom Gelände, wenn Tunnel oder Talbrücken gebaut werden müssen. Dazu kommen auch Folgekosten für Natur und Umwelt. Am teuersten sind Stadtautobahnen, bei denen besonderer Lärmschutz zu Buche schlägt. Wie zum Beispiel bei der Verlängerung der A100 in Berlin: Mit mehr als 470 Millionen Euro für 3,2 Kilometer ist sie laut Ministerium das bisher teuerste Stück Autobahn, das in Deutschland entsteht"(dpa). Also kosten 100 Autobahnkilometer auch ca. 1 Milliarde Euros, was einige Zahlen genauso relativiert, oder dass für den geplanten Lobautunnel in Wien (8,2 km lang) immerhin 1,3 Milliarden propjektiert waren.

Andreas-3: Ich glaube, dass CERN durchaus ein schlechtes Gewissen hat, dass so hohe Mittel verbraucht werden mit wenigen Ergebnissen, die den Durchschnittsbürger betreffen. CERN hat angeblich bei der Analyse der Verbreitung von Covid Airosolen mit den Großcomputern geholfen (wo findet man was dazu?), unter den Key achievements finden sich drei: Higgs Teilchen; Antimaterie; The High-Luminosity LHC; und "the birth of the Web" mit der Information "The World Wide Web, invented at CERN in 1989 by British scientist Tim Berners-Lee, has grown to revolutionise communications worldwide". Ich würde hier Professor Maurer bitten zu erläutern, wie er die Rolle von CERN beim WWW sieht, er war ja sogar östereichischer Vertreter bei den von Robert Cailliau vom CERN geleiteten Verhandlungen zwischen Europa (CERN) und den USA (MIT), wie das WWW weiter verfolgt werden soll. Herr Maurer???

H. Maurer zu Andreas-3: _ Danke für die Aufforderung, die mich ehrt. Alles Wichtige wird eigentlich in dem Beitrag „Die Geschichte des WWW aus europäischer Sicht“ erzählt. WWW ist natürlich heute kaum mehr wegzudenken. Nur ist der Anteil, den CERN dazu geleistet hat, klein. Ein Team von 4 Personen hat mit ein relative einfches System entwickelt, das erlaubte, Berichte interessierten Institutionen zur Verfügung zu stellen, und umgekehrt. Als sich abzeichnete, dass WWW auch für viele andere Zwecke verwendbar ist, wurde eine der vier Personen in die USA abgeworben und Europa (und CERN gegen den Willen der bei CERN verbleibenden Entwickler und Forscher) als Leitung der Weiterentwicklung ausgeschaltet. D.h. der echte Beitrag von CERN zum WWW war es nur, mit der Idee einen Anfang zu machen, die dann von den USA (mit Tricks) gekapert wurde, nur wird das gerne verschwiegen.

Physiker: Bei CERN haben wir das übliche Problem, dass es, als es gegründet wurde, für die damalige Zustände, Verhältnisse usw. viel Sinn machte. Es waren gerade die 50-er Jahre voll im "Atom-Rausch". Für diesen riesigen Bereich (der auch natürlich sehr politisch geprägt war) haben die Industrie-Staaten riesige nationale und vor allem Internationale Forschungsinstitute aus dem Boden gestampft. USA sowieso, CERN für West-Europa, Dubna für die UdSSR, auch die sog. Sozialistischen Staaten,usw. Dann kamen auch noch sehr grosse neue nationale Forschunginstitute dazu (z.B. KFKI in Budapest mit tausenden Mitarbeitern, oder Kernforschungszentren in Seibersdorf in Österreich, oder Jülich und Karlsruhe in Deutschland - die drei letzten allmählich immer mehr weg von der Kernforschung zu anderen Bereichen). Damals galt das als wichtig und Milliarden sind hineingeflossen. Dann, ab ca. 1992 wuchs CERN - was schon bis dahin auch sehr gewachsen war - weiter und weiter. Was heute in CERN installiert ist, ist ein Wahnsinn, aber das ist im Laufe von 70 Jahren so gewachsen. Es muss eine verdammt schwere Aufgabe so ein "Riesen-Tanker" zu lenken (auch durch die Member, die dafür aufkommen müssen, was sehr teuer ist). Wie man das am Besten macht, wage ich von aussen nicht zu beurteilen. Aber wer es auch immer z.B. für Österreich macht, den beneide ich nicht. Es geht um sehr viel Geld, das österreichische Steuerzahler, Jahr für Jahr dafür blechen müssen.

Neuer Feedback: Die angeführten Bemerkungen möchte ich durch eine Beobachtung ergänzen. Bekanntlich war CERN auch der gemeinsame europäische Versuch aus dem Nachkriegsniveau wieder internationales Spitzenniveau zu erreichen. Dies war die Motivation die besondere der Atmosphäre und Reputation des CERN schuf. Der Wille Spitzenforschung zu betreiben war allgegenwärtig. Spitzenuniversitäten sandten Spitzenleute und schufen das wissenschaftliche Vorzeigeprojekt dieser Jahre, das Viele mit gemischtem Erfolg zu kopieren versuchten.
Man sollte den Effekt nicht nur auf Professoren sondern speziell auf die nachfolgende Generation, die von den Ländern entsandten Postgraduates beachten.
Plätze beim CERN waren etwas Besonderes. (Österreichs Universitäten mussten sich z.B. auf nur einen Experimentalphysiker und einen theoretischen Physiker einigen.) Doch was sie dort vorfanden, war ein ihre kühnsten Vorstellungen übertreffendes Szenario. In der Cafeteria saßen gleichen oder Nebentisch Nobelpreisträger oder Personen, die man bisher nur als Namen eines physikalischen Gesetzes oder Lehrsatzes aus Büchern bekannt waren. Die Messgeräte waren auf letztem Stand der Technik, deren Großvätergeneration oft noch auf den heimischen Instituten verwendet werden musste, dazu kam noch die Motivation durch Kollegen von internationalen Spitzenuniversitäten. Auch ein anderer Aspekt in der Entwicklung fällt leider auch auf. Der Verlust der „menschlichen Dimension“. Die die wissenschaftlichen Publikationen, trugen den Namen des Autors (singular), in Gegensatz zu der gegenwärtigen Beschränkung auf maximal 50 Autoren pro Paper. Von einigen hundert Personen, die mit einander diskutierten und arbeiteten, wuchs die Zahl fast auf das Zehnfache, dazu kommen Ströme von oft PR orientierten Besuchern und Aktivitäten.
Trotzdem ist CERN ein, wenn nicht das, Vorzeigeprojekt wissenschaftlicher und speziell europäischer wissenschaftlicher Initiative und Zusammenarbeit der Nachkriegszeit, dem wir den heutigen Stand der Atomphysik und Kosmologie wäre ohne die Ergebnisse nicht erreicht worden.


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