Die Walhalla am Donaustauf, Pantheon des deutschen Sprach- und Kulturkreises über die Grenzen hinaus#
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Die Illustrationen wurden vom Verfasser in Jahr 1989 aufgenommen. Sie sind Teil des Bildarchives „Bilderflut Jontes“
Die Germanen hatten in ihrer nordischen Mythologie für ihre im Kampfe gefallenen Krieger einen vielversprechenden Versammlungsort erdacht. War einer von ihnen auf der Wal-Statt, dem Schlachtfeld, mit dem Schwert in der Hand gefallen, so holten amazonenhafte Frauen, die Wal-Küren, ihn ab und brachten ihn nach Wal-Hall, wo er wieder erwacht in diesem lärm- und gelächterdurchtosten jenseitigen Palast sich wieder im nun sportlichen Kampfe messen, sich unmäßig mit Met betrinken und vom nie sich verzehrenden gebratenen Rieseneber laben konnte. Richard Wagners Walkürenritt in seiner Oper „Die Walküre“ verdeutlicht in dramatisch bewegter Weise diese Heimholung toter Krieger.
Ganz und gar ungermanisch erhebt sich am Donaustauf flussabwärts ein am hohen linken Flussufer der Donau gelegener kolossaler Bau in klassisch-antiken Formen, dem man sich am besten von Regensburg aus mit einem der zahlreichen Ausflugsschiffe nähert und dann zu Fuß die imposante weißmarmorne Treppenanlage hinaufsteigt.
Der Bau aus weißem Marmor im Stile des Parthenon auf der Athener Akropolis wurde als Ruhmeshalle der deutschen Nation geplant und errichtet. In einer Zeit, in welcher das Kurfürstentum Bayern von Napoleons Gnaden zu einem Königreich erhoben wurde, mussten Bayern als Verbündete des Korsen auch gegen Deutsche kämpfen und sich am verheerend endenden Russlandfeldzug 1812 beteiligen.
Literarisch wurde die Romantik in dieser Zeit zum geistesgeschichtlichen Hintergrund eines Traumes von der Einheit der deutschen Nation, die aber weder durch den Deutschen Bund noch 1848 zur Wirklichkeit geriet. Damals orientierte sich eine deutsche Identität vor allem an der gemeinsam deutschen Muttersprache. Man berief sich auch die glanzvolle historische und kulturelle Vergangenheit. Die Gebrüder Grimm wurden zu den Gründervätern der Germanistik. Die Vergangenheit fand ihre Verklärung auch in der Bildenden und Darstellenden Kunst.
Wie das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg sollte dieser Bau die geistige Größe und politisch erhoffte Macht des zersplitterten deutschen Kultur- und Sprachraumes darstellen. Und das zu einer Zeit, als dieser Raum von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt noch immer in Kleinstaaterei verharrte.
Der Südgiebel zeigt im Mittelpunkt die Allegorie der Germania umgeben von den deutschen Teilstaaten.
König Ludwig I. von Bayern hatte schon 1807 den Beschluss gefasst, ein solches deutsches Pantheon zu errichten. Pan-Theon „allen Göttern geweiht“ war ja der namengebende antike Bau in Rom. Hier sollten an die Stelle der göttlichen Mächte die Größen des Geistes treten. Im Gegensatz zu dem Pantheon in Rom und dem in Paris ist aber die Walhalla keine Stätte der Gräber von Berühmtheiten, sondern gibt nur in effigie einen Eindruck von konzentrierter Geistesmacht.
Aber erst 1814 nach der großen „Wende“ begann man Ideen für ein solches Vorhaben zu suchen. Der Archäologie Carl Haller von Hallerstein verwies auf den Athener Parthenon und diese Gedanken fielen auch bei dem letztendlich mit der Errichtung beauftragten Architekten Leo von Klenze, einem der führenden Architekten des deutschen Klassizismus, auf fruchtbaren Boden. In feierlicher Weise wurde der Grundstein 1830 gelegt und der Bau begonnen, der sich bis zur Vollendung 1842 hinziehen sollte.
Der Innenfries zeigt in bewegten Szenen die Frühgeschichte der germanischen Stämme
Zu den ersten Bildhauern, die die Porträtbüsten anfertigten, zählten zahlreiche anerkannte Künstler wie etwa J. G. Schadow.
1842 waren in der Walhalla 160 Personen mit 96 Büsten, der Rest mit Gedenktafeln zu bildhaften Ehren gekommen. Heute sind es 130 Büsten, dazu wieder Gedenktafeln. Dreizehn Büsten gebühren Frauen, unter denen sich sogar „Kaiserin“ Maria Theresia befindet.
Die Porträtbüsten haben alle die ungefähr gleiche Größe, sind aus weißem Marmor und stehen auf Konsolen an der Wand, oft in mehreren Reihen übereinander.
Jedermann kann die Aufstellung neuer Büsten beantragen, muss aber für die Schaffung und Aufstellung aus eigenen Mitteln sorgen. Der Vorschlag kann frühestens 20 Jahre nach dem Tod der Person gemacht werden. Die Entscheidung fällt schließlich der Bayerische Ministerrat.
Die Büsten wurden, wenn dies möglich war, nach authentischen Porträts geschaffen. Sie sind nicht krass dem jeweiligen Zeitstil unterworfen und bilden dadurch Gruppen, die nach harmonikalen Grundsätzen gesetzt die Wände bevölkern, die durch das Oberlicht von der glasgewölbten Decke her eine schöne gleichmäßige Ausleuchtung erfahren.
Eine zwanglose Folge soll in der Folge einen Eindruck vermitteln, der einem zuteil wird, wenn man langsam durch die Halle wandernd sich in Gedanken den dargestellten Personen nähert.
Lebensgroße geflügelte Marmorgestalten begleiten die Abfolgen der Büsten und sind in dieser Form als schöne Frauen an die Stelle der germanischen Walküren getreten. Mit Lorbeerkränzen scheinen sie darauf zu warten, die hier versammelten Geisteshelden zu krönen.
Eher pathetisch und der Ursprungszeit der Walhalla geschuldet ist der programmatische Text, der in eine Stele eingehauen, Sinn und Zweck dieses germanischen Pantheons, das Deutschland, Österreich, die Schweiz und die vielen Auslandsdeutschen im Sinne einer sprachlichen Einheit zusammenführen soll:
„Möchte Walhalla förderlich sein der Erstarkung und der Vermehrung deutschen Sinnes! Möchten alle Deutschen, welches Stammes sie auch seien, immer fühlen, dass sie ein gemeinsames Vaterland haben, ein Vaterland, auf das sie stolz sein können und jeder trage bei, soviel er vermag zu dessen Verherrlichung“.