1968 - Das unterschätzte Wendejahr#
Von Profil freundlicher Weise zur Verfügung gestellt: Aus Nr. 03/2018 vom 15.01.2018 Seite 24-31, Autor: Herbert Lackner (SERIE TEIL , Teil 1).Die Vorgeschichte - das verstaubte Österreich.#
Fünf Jahrzehnte sind seit dem Zeitbruch 1968 vergangen. Nachbeben sind noch heute zu spüren - aber was hat die Revolte der damals Jungen wirklich bewirkt?Am Tag, als die Studenten in Paris Barrikaden errichteten, wurde in Wien ein Straßenbahnmuseum eröffnet. Man schrieb den 11. Mai 1968, und im beschaulichen Österreich beobachtete man die Vorgänge. Aufmucken war nicht erwünscht: Als eine Handvoll sozialistischer Studenten am 1. Mai gegen ein Blasmusik-Event der SPÖ am Wiener Rathausplatz protestierte, ließ sie ihre Partei einfach von der Polizei abführen.
Aber warum brach vor nunmehr 50 Jahren, in diesem denkwürdigen Jahr 1968, innerhalb kurzer Zeit allerorten Widerstand auf, wo doch gerade die Folgen des großen Krieges einigermaßen beseitigt waren? Warum standen Millionen junger Leute auf und meinten, so ginge es nun nicht weiter, obwohl erstmals wieder bescheidener Wohlstand um sich griff?
Eine einfache Antwort gibt es nicht: In den USA marschierten die Kids, weil sie nicht als Soldaten nach Vietnam mochten, in Deutschland die Studenten, die ganz andere Hochschulen, ganz andere Machtverhältnisse in einer ganz anderen Welt wollten. In Frankreich und Italien verbrüderten sich Studierende mit streikenden Arbeitern. In Osteuropa rotteten sich Reformer in den Staatsparteien zusammen und meinten, es könne doch auch "Kommunismus mit menschlichem Antlitz" geben. In der Tschechoslowakei ließ der Reformkommunist Alexander Dubček im "Prager Frühling" alle Blumen blühen.
Auch im dösenden Österreich loderte es hoch, um Biedersinn, Spießertum und nicht aufgearbeitete Nazi-Vergangenheit auszuleuchten.
Wie hatte sich dieses Pulverfass gefüllt? Wer drückte anno '68 auf den Knopf? Und war danach alles aus, oder legte die Bewegung nur ein anderes Kleid an: das der Hausbesetzer, der Friedensmarschierer, der Anti-Atom-Bewegung, der Grünen, der Globalisierungsgegner, der Flüchtlings-NGOs?
1968 ist eine Chiffre, ein Zeitraum, dessen Ausdehnung jeder für sich definiert. Vielleicht war '68 gar nur ein Lebensgefühl, das bei manchen kurz hochschäumte und bei anderen bis heute mitschwingt. "Wir haben sie so geliebt, die Revolution", war der treffende Titel eines 1968er-Erinnerungsbandes des grünen Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit. 1968 hatte der "rote Dani" die Studenten in Paris angeführt.
Um "Lebensgefühl" war es auch früheren Jugendbewegungen gegangen, etwa den "Wandervögeln", die sich in Österreich 1911 zusammengerottet hatten. Es waren Söhne und Töchter von Beamten, Geschäftsleuten und erschrockenen Mittelständlern, denen die allzu schnellen Zeitläufte nicht geheuer waren. Ihre heile Welt suchten die "Wandervögel" in der freien Natur, sie nächtigten auf Bauernhöfen, sangen Volkslieder und übten Ertüchtigungs-und Kriegsspiele. Schon im zweiten Jahr ihres Bestehens beschloss die "Wandervogel"-Bewegung einen Arier- Paragrafen. Das Jüdische war ihnen zu wenig bodenständig, zu modern.
Konkrete politische Forderungen trieben die Jugendbewegungen der Linken an. Der 1907 gegründete "Verband jugendlicher Arbeiter" war die Jugendorganisation der Sozialdemokraten. 1920 setzten die jungen Sozialisten ein Verbot der Sonntagsarbeit und des Alkoholausschanks an Jugendliche durch. Wenige Jahre später fand der jüdische Bürgersohn Bruno Kreisky zur roten Jugendbewegung.
Der Austrofaschismus und die NS-Zeit machten all dem auf grausame Weise ein Ende.
Schon in der Zeit des Ständestaats hatten sich Gruppen von "Schlurfs" zusammengetan -meist Jugendliche aus der Arbeiterschicht, oft auch Arbeitslose. Ihr Credo war die Verweigerung der Teilnahme an Staat und Gesellschaft - frühe Antiautoritäre, wie sie in den folgenden Jahrzehnten in vielfältigen Erscheinungsformen auftreten sollten: in den Nachkriegsjahren als "Halbstarke", kurz vor 1968 als Hippies, Gammler oder Kommunarden, in den 1980er-Jahren als Punks und Hausbesetzer.
Die Nationalsozialisten sahen die Schlurfs als Gefahr: Das Beispiel der Verweigerung durfte nicht Schule machen. Tausende solcher "Asozialer" wurden in Erziehungsanstalten oder sogar Konzentrationslager gesteckt.
Nach Kriegsende sortierten sich die Jugendorganisationen rund um ihre Parteien, um dort weiterzumachen, wo sie 1934 aufgehört hatten. Aber selbst Funktionäre, die in der NS-Zeit wiederholt inhaftiert waren, wie etwa der erste Nachkriegs-Obmann der Sozialistischen Jugend, Peter Strasser, schienen bisweilen noch nicht in der neuen Zeit angekommen. In seiner Rede beim SPÖ-Parteitag im Jahr 1945 gestand er der Hitler-Jugend zu, sie habe immerhin "den kollektiven Gedanken verkörpert". Strasser wörtlich: "Der Hitler-Junge ist für uns noch viel annehmbarer als der individualistische Schlurf. Es ist schwer für uns, aus dieser Jugend eine wirklich sozialistische Jugend zu erziehen."
Mit den 68er-Spontis kamen die SPÖ-Jugendorganisationen später ebenso wenig zurecht. Der Grundvorwurf blieb weitgehend unverändert: unsozialistischer Individualismus. Die SJ verschrieb sich der "Jugendpflege": Ausflüge , Tischtennis-Turniere, Tanzabende, Skimeisterschaften. Die aufmüpfigeren roten Schüler-und Studentenorganisationen übten sich in internen Fraktionskämpfen.
Dennoch: Nach den "langen 1950er-Jahren", dieser politisch bleiernen Zeit, kam nun Bewegung rein: Skandalöse Freisprüche von NS-Kriegsverbrechern, die Affäre des NS-freundlichen Welthandels-Professors Taras Borodajkewycz und das immer heftigere militärische Engagement der USA in Vietnam mobilisierten.
Der junge Journalist Oscar Bronner deckte 1965 in einer Artikelserie in der Zeitschrift "Forum" auf, dass im sozialistisch geführten Justizressort zahlreiche Nazi-Richter und Nazi-Staatsanwälte untergeschlüpft waren. Später gründete Bronner "trend", profil und den "Standard".
Unübersehbar wurde das Wetterleuchten bei den 600-Jahr-Feiern der Wiener Universität im selben Jahr 1965. Der Protest kam dabei keineswegs von links, sondern -die Magnifizenzen fassten es kaum - aus dem Cartellverband. Der spätere ÖVP-Abgeordnete Heribert Steinbauer und der junge Chirurg Werner Vogt, beide Mitglieder der CV-Verbindung Austria, hatten ein Gegensymposium zu den muffigen Jubiläumsfeierlichkeiten veranstaltet. Unter den Referenten: "Spiegel"-Herausgeber Rudolf Augstein, der Schriftsteller Manès Sperber und der marxistische Philosoph Ernst Bloch. In der Folge übernahmen die Reformer auch das CV-Organ "Academia". Wegen eines bissigen Beitrags von Werner Vogt über einen prominenten CV-Mitbruder, den späteren Bundesratspräsidenten Herbert Schambeck, eskalierte die Situation. Vogt musste vor ein Ehrengericht und wurde später wegen einer Wahlempfehlung für Bruno Kreisky aus dem CV ausgeschlossen.
"Rutscht der CV nach links ab?", sorgte sich der erzkonservative Ex- Unterrichtsminister Heinrich Drimmel (ÖVP) in einem Gastkommentar in der "Furche". Aber selbst dieses katholische Wochenblatt war kein sicherer Ort mehr. Unter der Leitung von Chefredakteur Kurt Skalnik hatten die jungen Redakteure Trautl Brandstaller und Anton Pelinka kritische Beiträge zur amerikanischen Vietnam-Politik und zur griechischen Obristen-Diktatur verfasst. Auch die Kirche war nicht mehr tabu. 1967 wurden Skalnik, Brandstaller und Pelinka kurzerhand gekündigt oder zur Kündigung getrieben. Alle drei machten später schöne Karrieren: Skalnik als Pressechef der Präsidentschaftskanzlei, Brandstaller als TV-Journalistin und Pelinka als Politikwissenschafter.
Einen weiteren publizistischen Versuch am kritischen Kirchenflügel startete Ende 1967 der Priester Adolf Holl, damals 37. In seinem Blatt "Das freie Wort - Meinungsblatt für den Klerus der Erzdiözese Wien" befasste er sich mit der lateinamerikanischen Befreiungstheologie und forderte eine Diskussion über den Zölibat. Zwei Jahre lang hielt Holl dem Druck der Kirche stand, dann musste er nach der Drohung mit dem Entzug der Lehrbefugnis aufgeben. Einige Jahre später war er diese dann wegen seines Buches "Jesus in schlechter Gesellschaft" endgültig los.
Der keineswegs immer liberale Kardinal Franz König gab in einer Predigt vor der Diözesansynode im November 1968 den Kurs vor: Die Kirche werde sich "nicht von der progressiven Jugend treiben lassen", Demokratisierung habe Grenzen. Die hatte sie. Die Innenpolitik-Berichterstattung beschränkte sich in den 1960er- Jahren meist auf die Wiedergabe von Parlamentsdebatten und den Abdruck von Parteiaussendungen. Einen Politiker persönlich ans Telefon zu bekommen, war praktisch unmöglich. Interviews gab es nur für handverlesene Vertrauensleute -und selbst diese mussten vorher artig ihre Fragen einreichen.
Bei Fernseh-und Radiointerviews wurden sowohl die Fragen als auch die Antworten vorher schriftlich festgelegt und danach einfach abgelesen. Bezeichnend der vor einigen Jahren in einem ORF- Rückblick geschilderte Fall eines Fernseh-Reporters, der Mitte der 1960er-Jahre einen in unüblicher Weise extemporierenden Politiker interviewte. Der Rundfunkmann war so verunsichert, dass er sich das gesamte Rohmaterial aushändigen ließ, um sich abzusichern, falls ein Anschiss von oben kommen sollte.
Österreich vor '68: Im Strafgesetz waren noch Bestimmungen aus dem Jahr 1804 in Kraft, das Familienrecht stammte in großen Teilen aus dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, niedergeschrieben 1811. Ehebrecher und Homosexuelle machten sich strafbar, uneheliche Kinder waren per Gesetz Menschen zweiter Klasse, Männer automatisch Familienoberhaupt. Mütter durften für ihre Nachkommenschaft ohne Unterschrift des Ehemanns nicht einmal einen Reisepass beantragen.
1962 wies die Bezirkshauptmannschaft Bregenz alle Gemeinden an, "Tanzunterhaltungen" streng zu kontrollieren, "weil der in letzter Zeit aufgekommene Modetanz ,Twist' geeignet sei, das Sittlichkeitsgefühl weiter Kreise der Bevölkerung zu verletzen". Bikinis waren in Vorarlberg verboten.
Alexander Van der Bellen berichtet in seinem Buch "Die Kunst der Freiheit" davon, wie er 1963 in Innsbruck das 1928 erschienene Buch "Lady Chatterley's Lovers" des britischen Schriftstellers D. H. Lawrence kaufte: "In der Buchhandlung wurde mein Ansinnen mit einem misstrauischen Blick quittiert. Das Buch wurde verstohlen unter der Theke hervorgeholt und mir eher missbilligend verkauft." Der längst als Teil der Weltliteratur anerkannte Roman galt damals als purer Porno.
Das Bewusstsein der Massen war vorsintflutlich: Noch 1967 meinten in Österreich laut einer Umfrage 65 Prozent der Frauen und 45 Prozent der Männer , es gehe zu weit, wenn unverheiratete Paare zusammenlebten. Hotelwirte, die Zimmer an solche Sünder vermieteten, riskierten eine Anzeige wegen Kuppelei. In Studentenheimen galt striktes Sexverbot, Zuwiderhandelnde wurden hinausgeworfen.
Im Februar 1968 stellte die Stadt Wien ihre Lehrlinge vor die Alternative, entweder ihre langen Haare oder ihren Posten zu verlieren.
Das Gesundheitssystem war trotz medizinischer Spitzenleistungen antiquiert. Österreich hatte eine der höchsten Säuglingssterblichkeitsraten Europas. Auf Schwangerschaftsabbruch standen bis zu fünf Jahre Kerker. In den 1960er-Jahren wurden im Schnitt zwölf Frauen pro Monat nach diesem Paragrafen 144 verurteilt. Dutzende weitere starben nach Abtreibungsversuchen auf den Küchentischen von "Engelmacherinnen".
Beim Bundesheer (Dienstdauer: neun Monate; Alternative: keine) herrschten Kurzhaarzwang, Kadavergehorsam und selbst nach Dienstschluss Uniformpflicht. Nur etwa 50 junge Männer pro Geburtsjahrgang schafften es, aus religiösen Gründen den Dienst beim Heer ohne Waffe verrichten zu dürfen. Die Präsenzdiener marschierten zu denselben Liedern, die ihre Väter in der NS-Wehrmacht gesungen hatten. Etwa das berühmte "Panzerlied", unter dessen Klängen Hitlers Armee 25 Jahre zuvor in die Sowjetunion vorgestoßen war:
"Ob's stürmt oder schneit, ob die Sonne uns lacht
Der Tag glühend heiß oder eiskalt die Nacht.
Bestaubt die Gesichter, doch froh unser Sinn:
Es braust unser Panzer Im Sturmwind dahin."
Wenigstens die mittlere Strophe, in der die Ehre, für Deutschland zu sterben, besungen wurde, strich man im Bundesheer-Liederbuch. In der letzten Strophe hieß es dann todessehnsüchtig:
"Und lässt uns im Stich einst das treulose Glück??
Und kehren wir nicht mehr zur Heimat zurück
Trifft uns die Kugel, ruft Schicksal uns ab
Dann ist unser Panzer ein ehernes Grab."
Die hohen Bundesheer-Offiziere hatten schließlich noch durchwegs in der Wehrmacht gedient.
Bevor Gerd Bacher 1967 die Gründung des damals sensationell jungen Radiosenders Ö3 veranlasste, strömte aus den heimischen Apparaten für Jugendliche pure Tristesse. Tägliche Programm- Highlights: "Autofahrer unterwegs" um 11:45 Uhr; die Wunschsendung "Ein Gruß an Dich" um 14:10 Uhr und das "Traummännlein" um 18:45 Uhr.
Der Kabarettist Gerhard Bronner erklärte sich in seiner wöchentlichen Radiosendung "Schlager für Fortgeschrittene" zur Speerspitze im Kampf gegen die Beatles, er hielt sie für Wilde. Zur Untermauerung seiner These, dass sich solche Musik nie durchsetzen werde -und wenn doch, dann nur zum Preis des Untergangs unserer Zivilisation - legte er einige missglückte Cover-Versionen von Beatles-Hits auf. Wer aktuelle Nummern hören wollte musste sein Gerät auf Radio Luxemburg einstellen, wo, durch sphärische Störungen schwer beeinträchtigt, die aktuelle Hitparade zu hören war.
Das Fernsehen feierte Orgien der Betulichkeit. Beispiel eines Samstagabend- Programms im Juni 1966: 18 Uhr: Besuch bei Franz Nabl. 19 Uhr: Markt am Wochenende. 19:30 Uhr: Zeit im Bild. 20:15 Uhr: "5000 Gulden Belohnung", Bauernschwank aus der Löwinger Bühne. 22 Uhr: Bundeshymne. Sendeschluss.
Die Hochschulen funktionierten nach dem neoabsolutistischen Regelwerk des Ministers Leo Graf Thun-Hohenstein von 1853. "Unter den Talaren herrscht der Muff von 1000 Jahren", lautete ein Slogan der 68er. Das gesellschaftliche Klima an den hohen Schulen wurde von bierseligen Burschenschaftern bestimmt. Die Bildungspolitiker bekämpften Bildung: Theodor Piffl-Perčević, Unterrichtsminister der ÖVP-Alleinregierung, verfügte 1967 eine Kürzung der Stundenzahl an den Gymnasien. Sollte sie nicht akzeptiert werden, werde man die Klassenschülerhöchstzahl von 36 auf 40 erhöhen, drohte der Minister.
Studiengebühren und magere Stipendien errichteten vor den Universitätstoren fast unüberwindliche Klassenschranken. Die Hochschulgebühren betrugen 2400 Schilling pro Semester - nach heutiger Kaufkraft fast 1000 Euro. Laut einer Studie aus dem Jahr 1965 gingen 45 Prozent der neuen Diplomingenieure mangels Arbeitsmöglichkeit sofort nach der Sponsion ins Ausland, bei den Chemikern emigrierten mehr als die Hälfte.
Bei den Hochschülerschafts-Wahlen 1965 erreichten die ÖVP-Studenten 57 Prozent der Stimmen. Weitere 29 Prozent entfielen auf den Ring Freiheitlicher Studenten, in dem auch namhafte Neonazis aktiv waren. Die Sozialistischen Studenten vom VSStÖ schafften gerade zwölf Prozent, die Studentenorganisation der KPÖ grundelte im Stil der Mutterpartei bei zwei Prozentpunkten.
Die internationale politische Lage war beklemmend: In Osteuropa unterdrückte die Sowjetmacht mit eiserner Faust alle Liberalisierungstendenzen. Im August 1968 überrollten die Panzer des Warschauer Pakts den Prager Frühling. In Vietnam starben im selben Jahr rund 15.000 US-Soldaten - so viele wie in den vorangegangenen fünf Jahren insgesamt. Hunderttausende Vietnamesen kamen ums Leben, als die USA nordvietnamesische Städte bombardierten. In drei europäischen NATO-Staaten - Portugal, Spanien und Griechenland - herrschten faschistische Regime. Spaniens greiser Diktator Francisco Franco ließ Delinquenten noch bis 1974 mit der Garrotte, dem Würgeeisen, hinrichten - ein langsames, qualvolles Ersticken.
Als die spätere griechische Kulturministerin, die Schauspielerin und Sängerin Melina Mercouri, 1967 in Wien bei einer Kundgebung gegen die griechische Militärjunta auftrat, eine Bande gnadenloser Folterknechte, rügte die "Presse" das Publikum: "Waren jene gut beraten, die dafür die Staffage hergaben, dass auf österreichischem Boden zur Revolution in einem anderen Land aufgerufen wird?"
Der humanistisch gebildete Bundeskanzler Josef Klaus (ÖVP), ein alpenösterreichisches Gemüt, das sich in den Bergen weit wohler fühlte als im unübersichtlichen Wien, hielt das alles für Normalität. Als Klaus 1968 in die USA reiste und dabei seinen Sekretär Thomas Klestil als Generalkonsul in Los Angeles installierte, zeigte sich der Kanzler von den Anti-Vietnamkrieg-Demos tief erschüttert: "Wird die von Präsident Nixon angesprochene schweigende Mehrheit nicht bald zu einer Umkehr und Besinnung führen?" In seinen 1971 verfassten Lebenserinnerungen gab sich der Konservative erstaunt über die Umbrüche in seiner Amtszeit: "Rote Zellen, Kontaktpersonen männlichen und weiblichen Geschlechtes, die diskutieren und demokratisieren", würden "die christliche Demokratie aushöhlen und aufweichen".
"Zum liberalen Bürgertum hatte er ein etwas kompliziertes Verhältnis", befundet sein damaliger Sekretär Peter Marboe.
1968 - Chronik eines Jahres#
- 30. Jänner
- 16. März
- 3. April
- 4. April
- 11. April
- 29. April
- 3. Mai
- 13. Mai
- 5. Juni
- 7. Juni
- 30. Juni
- 25. Juli
- 20. August
- 5. November
- 24. Dezember