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Ein Märtyrer des 20. Jahrhunderts #

„...damit Gotha leben kann, muss ich sterben“: Dies waren die letzten Worte von Josef Ritter von Gadolla. Am 5. April 1945 wurde der gebürtige Grazer hingerichtet. #


Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: DIE FURCHE Donnerstag, 4. April 2013

Von

Matthias Opis


Josef Ritter von Gadolla
Josef Ritter von Gadolla (1897–1945), der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs die thüringische Stadt Gotha und ihre Bewohner vor dem Schlimmsten bewahrt und seine mutige Tat mit dem Leben bezahlt hat, wird nun in seiner Heimatstadt Graz mit einem Denkmal gewürdigt.
© k.k

Gadolla-Denkmal
Memorial. Das Grazer Denkmal für Josef Ritter von Gadolla stammt vom Erfurter Künstler Thomas Lindner und ist die Replik einer bereits in Gotha stehenden Stele. Es wurde Mitte dieser Woche auf dem Platz vor der Münzgrabenkirche aufgestellt und wird am Freitag von Nuntius Zurbriggen gesegnet.
© Lindner

Frühjahrsbeginn 1945: längst hat der Krieg deutschen Boden erreicht, alliierte Truppen und die Rote Armee sind bereits weit ins Landesinnere vorgerückt. Viele deutsche Städte liegen nach Beschuss und Bombenhagel in Schutt und Asche. Die militärische Lage der deutschen Wehrmacht ist aussichtslos.

So auch in der ehemaligen Residenzstadt Gotha in Thüringen. Am 30. März werden die Kampftruppen mit allen schweren Waffen aus der Stadt abgezogen und nach Westen verlegt. Der verbliebene „Kampfkommandant“ Oberstleutnant Josef Ritter von Gadolla und mit ihm wenige Soldaten sowie Mitglieder des „Volkssturms“ sind zuvor „zur bedingungslosen Verteidigung des ihnen anvertrauten Standorts bis zum Tode“ verpflichtet worden. Grundlage dieser Verpflichtung ist der so genannte „Nero-Befehl“ Hitlers, dessen Zerstörungswahn sich nun gegen das eigene Volk richtet.

Gadolla, ein tiefgläubiger Katholik, widersetzt sich diesem Befehl und ist entschlossen, das Leben der zahlreichen Zivilisten und Flüchtlinge, die sich in der Stadt aufhalten, nicht sinnlos zu gefährden. Doch diese Gewissensentscheidung für das Leben und gegen den militärischen Eid wird als Verrat verstanden.

Weiße Fahnen gehisst #

Als am 3. April amerikanische Truppen vor Gotha stehen, lässt Gadolla auf öffentlichen Gebäuden weiße Fahnen hissen und fährt den Amerikanern als Unterhändler entgegen. Zunächst wird er von einer versprengten SS-Einheit abgefangen, bleibt aber unbehelligt. Bei seinem zweiten, noch am selben Tag unternommenen Versuch hat er weniger Glück und wird von Mitgliedern eines deutschen Flak-Bataillons festgenommen. Ein Standgericht der Wehrmacht in Weimar verurteilt Gadolla am 4. April zum Tod, in den frühen Morgenstunden des 5. April wird das Urteil vollstreckt.

Über die letzte Nacht Gadollas und seinen Weg zur Erschießung gibt es den Bericht eines Priesters, der ihn in diesen Stunden begleitete. Er hat auch die letzten Worte Gadollas überliefert: „… damit Gotha leben kann, muss ich sterben.“ Bereits einen Tag zuvor, am 4. April 1945, sind amerikanische Soldaten kampfl os in Gotha einmarschiert. Der hohe Einsatz Gadollas war nicht umsonst gewesen.

Erst 1997, 52 Jahre nach seinem Tod, wird das Unrechtsurteil des Standgerichts aufgehoben und Gadolla voll rehabilitiert. Sein Fall ist ein starkes Argument für den Erlass eines bundeseinheitlichen NS-Aufhebungsgesetzes, das am 26. August 1998 in Kraft tritt.

2012 wird Josef Ritter von Gadolla durch die Aufnahme in das Deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts offi ziell als katholischer Märtyrer anerkannt – als erster in der Steiermark geborener und hier lebender Katholik. Auf Initiative der Katholischer Medien Verein Privatstiftung wird der „Retter von Gotha“ nun in seiner Taufpfarre Graz-Münzgraben mit einem Denkmal gewürdigt. Am 5. April, dem 68. Todestag Gadollas, nimmt der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, die feierliche Segnung vor.

Der Autor ist Historiker und Mitarbeiter der Styria Media Group

Ein Denkmal für Josef Ritter von Gadolla#

Johann Trummer, em. Grazer Universitätsprofessor für Kirchenmusik und Vorsitzender der Katholischer Medien Verein Privatstiftung (der Eigentümerin der Styria Media Group), ist der Spiritus rector des Projekts: Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass am Freitag dieser Woche vor der Grazer Münzgrabenkirche, wo Gadolla 1897 getauft wurde, ein Denkmal für den Offi zier errichtet wird, der durch Befehlsverweigerung die Stadt Gotha vor der Zerstörung bewahrt und vielen ihrer Bewohner das Leben gerettet hat. Begonnen hat alles – für Trummer nicht untypisch – mit Bach: Als Vorstandsmitglied der Bach-Gesellschaft Leipzig wurde er seinerzeit vom Gothaer Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) kontaktiert und kam dadurch auch mit dem Schicksal Gadollas in Berührung. Kreuch wird ebenso wie sein Grazer Amtskollege Siegfried Nagl und Diözesanbischof Egon Kapellari bei der Segnung am 5. April anwesend sein. (rm)

  • Josef Ritter von Gadolla und die letzten Kriegstage in Gotha Von Helga Raschke, Gotha 2007. Bezug: drhelgaraschke@ web.de, 0049-3621-504000

DIE FURCHE, Donnerstag, 4. April 2013


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