Fehlende päpstliche Logik#
Von
Herbert Kohlmaier
Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 200/2016
Der Vatikan meldet am 1.11.2016:
„Papst Franziskus hat einer Priesterweihe für Frauen in der katholischen Kirche erneut eine Absage erteilt. Zum Thema Frauenordination sei das letzte Wort von seinem Vorgänger Johannes Paul II. klar gesprochen worden, sagte Franziskus am Dienstag vor mitreisenden Journalisten auf dem Rückflug von seiner zweitägigen Schweden-Reise. ‚Und dabei bleibt es.‘ Franziskus bezog sich damit auf das päpstliche Schreiben ‚Ordinatio Sacerdotalis‘ von 1994, in dem Johannes Paul II. (1978-2005) die Priesterweihe von Frauen in der katholischen Kirche ausschloss. Der Papst aus Polen begründete dies damit, dass Jesus nur Männer zu Aposteln berufen habe, sowie mit der kirchlichen Tradition.“
Was Franziskus hier sagt, ist nicht nur enttäuschend, sondern hält auch einer logischen Prüfung nicht stand. Etwa zur gleichen Zeit wie seine Erklärung wurde nämlich mitgeteilt, dass in der nun revidierten Bibelübersetzung jene Fälschung beseitigt wird, die viel Ärgernis ausgelöst hat. Wir können nun lesen, dass Paulus die Junia – und nicht einen Junias – als Apostelin preist. Längst wissen wir ja, dass er sich in hohem Maß auf die Mitarbeit von Frauen in den Gemeinden stützte, was sich ja eindeutig aus den Grußlisten seiner Briefe ergibt.
Damit steht Franziskus vor einem Problem, das er offenbar noch gar nicht erkannt hat. Paulus, dessen Autorität in der Kirche wohl unantastbar ist, hat also im Widerspruch zu Jesus gehandelt, welcher „nur Männer zu Aposteln berufen habe“. Das löst, wie man so schön sagt, „Erklärungsbedarf“ aus. Apostel zu sein bedeutet ja wohl mehr, als von der Kirche zum Priester geweiht zu werden. Wurde dieses Amt doch erst später eingeführt, lang nach Paulus, als die Kirche wuchs und sich organisierte. Jesus konnte also gar nicht das Priesteramt im Auge gehabt haben, als er seine Gefährten auswählte.
Damit zeigt sich der zweite Gedankenfehler. Die Päpste gehen offenbar davon aus, dass er dabei gewisse Auswahlkriterien herangezogen hätte. Welche könnten das sein? Sicher legte der Rabbi aus Nazareth in erster Linie Wert darauf, dass es sich um Juden handelte. Heiden oder gar Anhänger einer Naturreligion hätte er sicher nicht genommen! Ganz offensichtlich war das mit Abstand die wichtigste Voraussetzung dafür, dem Kreis seiner Jünger anzugehören. Nun könnte man annehmen, dass auch das Geschlecht insofern eine Bedeutung gehabt hätte, als Frauen in der damaligen jüdischen Gesellschaft für bestimmte Aufgaben nicht zugelassen waren. Es war aber andererseits so, dass Männer, die Lehrer des Glaubens waren, normaler Weise verheiratet waren. Auch Petrus, der „erste Papst“, war ein Ehemann, was wir dadurch erfahren, dass im Evangelium seine Schwiegermutter erwähnt wird.
Jesus handelte also in einem Umfeld, das durch verschiedene Vorstellungen geprägt war und entschied sich für „Kandidaten“, die er hier vorfand. Daraus abzuleiten, er hätte damit ewig geltende Qualifikationskriterien für geistliche Berufe festgelegt, verbietet der Verstand. Wollte man das nämlich tatsächlich tun, müsste man zunächst das wichtigste davon ebenfalls befolgen, und das wäre die Glaubenszugehörigkeit. Weiters müsste dann auch ebenso Gewicht haben, dass die Jünger – zumindest die meisten von ihnen – verheiratet waren. Also wären für alle Zeiten die optimalen Voraussetzungen für das Priesteramt, verheiratet und beschnitten zu sein.
Soweit die Logik. Dem wäre hinzuzufügen, dass aus gutem Grund heute das Geschlecht bei der Aufnahme in einen Beruf keine Rolle mehr spielen darf. Viele Frauen hätten eine großartige Begabung zur Seelsorge, aber das Kirchenrecht verbietet, ihr zu folgen. Versündigen sich die Päpste damit nicht gegen Gottes Wirken? Der schuf nach biblischem Wort Mann und Frau. Jesus ließ unzählige Male erkennen, dass er Frauen keineswegs geringer als Männer schätzte. Paulus sah als befreiende Folge des Wirkens Jesu, dass es bei den Christen keine Ungleichheit mehr in der Wür-de der Menschen geben solle, auch nicht von Mann und Frau. Aus gutem Grund besinnt sich die Kirche nun der herausragenden Rolle von Maria Magdalena.
Die Zurücksetzung der Frau in früheren Zeiten hatte verschiedene Ursachen. Wahrscheinlich war sie vor allem darin begründet, dass den Männer aus körperlichen Gründen das vorbehalten war, was Macht und Stärke bedeutete: Der Kampf, das gefährliche Vordringen, Erforschen und Wagen als Voraussetzung des Überlebens. Der zivilisatorische Fortschritt kennt aber keine Begründung mehr dafür, das weibliche Geschlecht in eine mindere Rolle zu drängen. Heute wirken großartige Frauen in allen Bereichen auch des öffentlichen Lebens und bringen unverzichtbare Fähigkeiten ein, wobei sie den Männern in Manchem überlegen sind.
Sagte nicht das Vatikanische Konzil, dem Franziskus so große Bedeutung beimisst, dass die Kirche auch von der Welt lernen sollte? Aber sie muss das auch wollen! Da wären viele Probleme beseitigt, welche die Kirche heute plagen.