DAS DIANABAD#
1841: Die Residenzstadt Wien ist so reich an Instituten aller Art, Humanitäts-, Wissenaschaftlichen, Kunst und Industrieanstalten, doch nun erfolgt eine Hinzugabe durch seine Gemeinnützigkeit und Großartigkeit seiner Anlage sich würdigst anschließen wird, sondern in jeder Hinsicht selbst sein älteres Vorbild in Paris, gleichfalls im Besitz einer ähnlichen Unternehmung ist, bei weitem zu überragen verspricht.
Das großartige Etablissement ist folgendermaßen eingeteilt: Filtrieranstalt, Badeanstalt, und die Sommer- und Winterschwimmschule.
Obwohl die Erstgenannten vollendet, muss die Schwimmschule erst vollendet werden. Das Element des Ganzen ist das filtrierte Donauwasser. Denn bekanntlich bestand das sogenannte Dianabad, dessen Namen die in Rede stehende Aktienunternehmung ihrer Firma aneignete, schon früher, nur mit dem Unterschied, dass die Bäder, warme und kalte, gleichwie in den übrigen Flussbadeanstalten Wiens, von gewöhnliche, Donauwasser verabreicht wurden.
Als jedoch die „norische Filtriergesellschaft“ durch Ausübung ihres k.k. Privilegiums, dass sie vor zwei Jahren erhalten, die vielseitigen Vorzüge des geläuterten Flusswassers dargetan hatte, traten einige einsichtsvolle und unternehmende Männer aus der Geschäftswelt zusammen, um durch höhere Mittel der Ausbeute dieser Vorzüge einen möglichst ausgedehnten Wirkungskreis, sowohl in Anwendung des filtrierten Wassers als Getränk und zur Reinigung des Körpers, wie auch weiter im großen Bereich des häuslichen und Gewerbe Lebens, zu gründen und dadurch das Privilegien jener Gesellschaft mittels Session an sich zu bringen. Nach ihrer Konstituierung brachte die neue Aktienunternehmung, zur Verwirklichung ihres großartigen Planes, nicht allein das „Dianabad-Gebäude“ wegen seiner zweckmäßigen Lage in der Donaustraße, Leopoldstadt und seiner schönen Räumlichkeit, sondern auch das bald darauf zum Verkauf aufgebotene Nachbarhaus Nr.8 samt dem Grund an sich; eine Lage, welche nach Eröffnung der dicht an vorbeizuführenden neuen Gasse noch mehr gewinnen wird.
Das weitläufige Areal dieses Gartens ist es nun, auf dem sich der Bau des Winterbades, Schwimmschule erheben wird, dessen Projekt so allgemeinen Anklang im Publikum fand, dass seit Monaten her Anfragen über die Eröffnungsfrist der Anstalt sich folgten.
Die Filtrieranstalt, als die Seele des ganzen, kolossal gegliederten Körpers, steht bereits in ihrer Vollendung da; an und für sich schon, mit ihren Apparaten und Maschinen, ihrem Reservoir, dem hydraulischen Turm und dem Wasserhebekanal, ein großartiges Werk! Die Anzahl der Filtren 32 in der Filtrierkammer zeuge allein schon von der großen Prärogative dieser Unternehmung vor der Pariser Anstalt homogener Natur.
Der Einmündungspunkt des Kanals, durch den der Anstalt das nötige Wasserquantum zugeführt wird, in dem Strombett konnte nicht scharfsichtiger gewählt werden. Er ist nämlich am linken Ufer des Donaukanals, zunächst der sogenannten „scharfen Eck“ angebracht; einem sehr günstigen Ort,wo der Fluss selbst in der heißesten Jahreszeit, welche zuweilen sein Niveau anderwärts tief unter die Normalhöhe senkt, nie so seicht wir, dass es der Anstalt an ihrem Wasserbedarf mangeln würde, der sich allerdings mit jedem Tag steigert, da der Verbrauch innerhalb wie außerhalb der Anstalt, durch Verführung in die entfernteren, an Wassermangel leidenden Vorstädte, zu häuslichen und industriellen Zwecken, mit der Einsicht von der Güte des geläuterten Wassers zunehmend, die Lieferungen der Anstalt mehr in Anspruch nimmt.
Das hydraulische Gesamtbauwerk zeigt in allen seinen Teilen die größte Umsicht und Kenntnis der Bauleitung und grandiose Dimensionen, die dem Ganzen zugleich die längste Dauerhaftigkeit versprechen. In Nr. 8 wird die Filtrierkammer untergebracht, und vor dem Schwimmschulgebäude aufgestellten Dampfmaschinen aus der bestrenommierten Fabrik der HH. M. Fletcher und J. Punshon in Wien, wird das Wasser aus der Donau durch die starken gusseisernen Röhren des Wasser-Hebe Kanals, unter den massiv, aus Backsteinen errichteten 12 Klafter hohen, hydraulischen Turm geführt, woher dann die Wassersäule Kraft des hydraulischen Drucks gehoben, in das Reservoir auf der Bodenkammer geleitet und durch gusseiserne Röhren von hier in die Filtrierkammer zu ebener Erde herabfallend, in den 32 Bottichen derselben zur Reinigung verteilt wird. Aus diesen Bottichen, deren jeder 4 Kammern des Läuterungsprozesses enthält, kommt das künstliche Donauwasser, durch einen eigenen Druck völlig befreit von allen anderen Stoffen und somit völlig geschmack- und reizlos, nach dem kurzen Zeitraum von kaum einer halben Stunde hervor und geht seiner Bestimmung entgegen oder durch teils Rückleitung in andere Metallröhren die in geschickten Windungen hinüber in das bestehende Dianabad-Lokal mit vollständig neuen Vorrichtungen zu kalten oder warmen Sitz- und Duschbädern jeder Art, oder in das große Schwimmbassin des neuen Zubaues führt.
Die Errichtung eines künstlichen Bassins, die Freude am freien Flussbad, dass muss unstreitig ein sehr glücklicher Gedanke genannt werden, für dessen Konzeption wir den geistreichen Urheber in gleichem Maße Dank wissen müssen, wie der „Dianabad-Aktienunternehmung“ für die einsichtsvolle Bereitwilligkeit, diesen Gedanken ins Leben zu rufen, und für die rasche Ausführung, die sich eben so gelungen zu gestalten begannen.
QUELLE: Österreichisches Morgenblatt, 16. Juni 1841, Österreichische Nationalbibliothek ANNO
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