DER LINDWURMBRUNNEN#
1886: Das Wahrzeichen Klagenfurts befindet sich auf dem Neuen Platz und stammt aus dem 16. Jahrhundert, damit ist es das älteste Monument dieser Stadt. Betrachtet man den Aufbau, des als Sockel für die Figur des Lindwurms dienenden, Bassins, sowie die Figur selbst sind schön ausgeführt und entbehren nicht künstlerischen Schwunges. Während andere Statuen die aus verschiedenen Marmorarten bestanden, die sich als nicht sehr haltbar erwiesen und zugrunde gingen, ist der Stein des Lindwurmbrunnen noch erstaunlich gut erhalten. Seit 1590 ist das Kunstwerk den Witterungseinflüssen ausgesetzt. Der Stein des Lindwurmbrunnen stammt aus den Schieferbrüchen des nahen Kreuzberges und wurde seinerzeit nicht durch Schießen sondern durch Sprengen mittelst Keilen gewonnen. Da der Stein, wie es beim Lindwurm ersichtlich ist, allmählich die Farbe patinierter Bronze annimmt und den Meißel des Bildhauers verträgt. So wäre eigentlich der Kreuzbergl-Schiefer der geeignetste Stein für architektonische und Skulpturen in Klagenfurt, wenn nicht heute teurer käme, als Granit. Die Wappen, ebenfalls aus Stein, welche an den ehemaligen Stadttoren angebracht, sind gut erhalten.
Da nun die Sachverständigen behaupten, dass der Kreuzbergl-Schiefer heute zu teuer ist, so muss die Stadt leider auf dieses so nahe gelegene Materials für architektonische und Skulpturzwecke verzichten.
1898: Kärntens reizende Landeshauptstadt ist gegenwärtig im besten Aufschwung begriffen; besonders durch den nahe gelegenen Wörthersee wird Klagenfurt von den Fremden viel besucht. Kommt man in die schmucke Stadt, welche mit einer herrlichen Gebirgsumrahmung, in einer weiten Ebene liegend, prunken kann, so findet der Fremde in ihren Mauern so manches, welches ihm von geschichtlichem Interesse sein könnte, und welches unter allen Umständen in Augenschein zu nehmen ist. Da ist vor allem das Wahrzeichen der Stadt, der Lindwurmbrunnen am Neuen Platz, der gewiss Jedermann imponieren wird. Das Bildwerk, der Drachen mit seinem Sieger darstellend, besteht aus graugrünem Chloritschiefer, der Jahr 1590 im nahen Kreuzberg gewonnen, behauen und von 300 Knaben, festlich geschmückt, auf Walzen in die Stadt gezogen wurde, wo der Klotz seinen letzten Meisselschlag erhielt und im Jahr 1636 am Neuen Platz aufgestellt wuurde. Am Piedestal, auf dem das Ungeheuer ruht, befinden sich die Wappen der damaligen Landstände. Das schmiedeeiserne Gitter, welches das Brunnenbassin umsäumt, weist kunstvolle Arbeit auf.
1917: Im vorigen Jahr wurde am Lindwurmbrunnen das bleierne Wasserbecken, das gleichzeitig mit der Errichtung des Lindwurmes vor 390 Jahren aufgestellt worden war, herausgenommen und durch ein Betonbecken ersetzt. Diese Auswechslung gab den „Freien Stimmen“ vom 2. Mai v. J. zu einer längeren Kritik Anlass, worin gesagt wurde, diese Auswechslung stelle einen Anachronismus dar, da es zur Zeit der Aufstellung des Lindwurmes noch keinen Kunststein, d. h. Beton, gab. Die für die Auswechslung angeführten Gründe wurden als nicht stichhaltig bezeichnet und es wurde der Besorgnis Raum gegeben, dass der Gemeinde das Betonbecken samt allen Wiederherstellungsarbeiten bedeutend teurer zu stehen kommen würde als die paar hundert Kilogramm Blei, die dadurch für die Wasserleitung in der Sattnitz gewonnen werden. Bekanntlich hat nun in der letzten Gemeinderatssitzung Baurat Barborek eine eingehende Antwort auf eine die Wasserleitung betreffende Interpellation des Herrn GR. Kober vorgelegt, worin auch auf diesen Artikel erwidert wird. Es wird vom Herrn Baurat behauptet, dass die vorgenommenen Auswechslungsarbeiten mit Rücksicht auf den schadhaften Zustand der sichtbaren Bleiverkleidung erfolgt seien, und zwar habe es sich lediglich nur um die Seitenwände, den Sockel und um die Schale im Innern des Beckens gehandelt. Diese Bleiverkleidung sei überhaupt unsichtbar gewesen, es hätte denn der Besichtiger zufällig einen der beiden Tage im Jahr treffen müssen, an dem das Bassin kein Wasser enthält. Der Boden des Beckens wäre ohnedies schon „scheinbar“ aus Beton, und zwar noch dazu aus sehr schlechtem Material, gewesen. Erst bei Abnahme des sichtbaren Bleis sei man darauf gekommen, dass sich auch unterhalb des Betons Blei befindet. Es war also schon die ursprüngliche Bleiverkleidung mit Beton verdeckt. Es hätte also schon vorher diese „Betonflickerei“ unterbleiben und an eine Erneuerung der Abdichtung durch ein einheitliches Material geschritten werden müssen.
Der Brunnen musste vor zwei Jahren gesperrt werden, da der Platz ständig voll Wasser war. Auch die Wurzeln der Bäume hätten durch ihr Wachstum den schadhaften Sockel zerstört. Weiteres wird die Behauptung bestritten, dass dieses Blei lediglich zum Zweck entfernt worden sei, um dieses für die Rohrlegung in der Sattnitz zu verwenden. Das gewonnene Blei wiege 4529 Kilogramm, und die Herstellungskosten beim Lindwurm stellten sich auf 1528 Kronen 70 Heller. Stelle man dem Wert des gewonnenen Bleis im Betrage von 7200 Kronen di0e Herstellungskosten am Lindwurmbassin gegenüber, so ergäbe sich für die Gemeinde ein Reinertrag von 5671 Kronen 30 Heller. Auf diese Weise kostete es der Gemeinde das Kilogramm Blei nur 34 Heller.
Nur durch diese Bleigewinnung war es möglich gewesen, die Rohrleitung bei der Georgsquelle und am Südbahngürtel, und sonstige Montagen durchzuführen......
1936: „Unser Lindwurm“, für dessen dreihundertjährigen Geburtstag bereits allerlei Pläne geschmiedet werden, ist jetzt wieder das Ziel ungezählter Liebhaberlichtbildner. Von allen Seiten wird er geknipst und nicht selten sieht man ganze Gruppen fremder Gäste, die sich vor unserem Wahrzeichen fotografieren lassen. So darf man annehmen, dass der „Lindwurm“ der von fremden Besuchern mit voller Aufmerksamkeit betrachtet wird, jedes Jahr als Erinnerung an die „Lindwurmstadt“ in Kärnten in zahllosen Bildern bis in die fernsten Länder zieht und dort wahrscheinlich ganz unauffällig auf Kärnten als Fremdenland die Aufmerksamkeit lenkt.
Am 15. August 1936 Obwohl das Wahrzeichen der Landeshauptstadt Klagenfurt nur ein Standbild aus gewöhnlichem Kreuzbergelsandstein besteht, ein sagenhaftes Untier mit seinem mutigen Sieger, das als Wappenschmuck dient, ist Anlass genug sein 300 jähriges Jubiläum festlich zu begehen. Doch es bringt noch etwas anderes zum Ausdruck: Der besiegte Drache ist zum Lebensspender geworden: seinem weit aufgerissenen Rachen entströmt nicht mehr der hässliche Pesthauch, sondern es quillt aus ihm der lebende Quell des Wassers, das Sinnbild des Lebens. Alles wurde aufgeboten um den Lindwurmbrunnen als Mittelpunkt des Wörther See Sportfestes darzustellen.
QUELLEN: Kärntner Zeitung, 3. Oktober 1917, 18. August 1936, 2. Dezember 1886, 8. August 1936, Dillinger Reise Zeitung, 1. Februar 1898, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
- Siehe auch Informationen zum Lindwurm im AEIOU
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