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DIE ANNAHÜTTE#

Kärnten
Annahütte, alte Ansichtskarte

Als die Wanderfreudigen die Berge eroberten, entstanden zahlreiche Hütten, die noch heute von den Touristen gerne aufgesucht, um die einzigartige Bergwelt von dieser Warte aus zu genießen. Doch so manche Hütten sind in die Jahre gekommen und würden dringend einer Restaurierung oder sogar einer Neuerrichtung bedürfen. Allerdings ist derlei Vorhaben mit hohen Kosten verbunden.

1932: Berghütten sind heute mehr als Touristenherbergen. Jugend, die ein geheimnisvoller, aus dem Blut aufquellender Zwang über die Talniederungen hinaustreibt und zur Gipfelfahrt zwingt, zieht ums Nachtwerden in die Berghütten ein.

Wenn der Holzboden unter den Nagelschuhen des Jungvolkes knistert und kracht, dann ist Lachen und Scherzen zwischen offenen Türen, dann will Frohsinn und Übermut auf den primitiven Lagerstätten nicht einschlafen. Auch das ältere Semester findet zur Berghütte, wenngleich die Besitzergreifung nicht mehr im Sturmschritt erfolgt, sondern tief im Inneren beglückendes Heimfinden am Ende des Tages.

Wie sie gewohnt sind, Stück für Stück des harten Bergbodens zu erobern und festzuhalten, so auch zwingt sie ein inneres Müssen, in einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Unbekannten. Noch dazu wenn die Berghütte gar an der Grenze steht. Sind das Rainerschutzhaus am Hochobir, die Klagenfurter Hütte am Hochstuhl, die Bertahütte am Mittagskogel nicht solche Berghütten auf der Karawankengrenze, die horten und hüten, was junge und alte Bergwanderer an stummer, aber bis auf den Grund geklärter Treue zu ihrer Bergheimat und an heißen, über die menschlichen Engen hinaus flatternden Sehnsüchten immer wieder zu ihnen hinauftragen? Sind die Berghütten in den Karawanken nicht heimliche Burgen, hoch über dem politischen Streit der Straße und über der Irrung seelischer Richtungslosigkeit, Burgen, die sicher und fest stehen an der Grenze unseres völkischen und menschlichen Lebensraumes.

Diesen Berghütten an der Grenze ist eine neue hinzu gekommen: die Annahütte am Mittagskogel, die an Stelle der im Jahr 1920 abgebrannten alten Bertahütte nahe der Jeptza Alpe im Lauf dieses Sommers vom Holzhändler Georg Adunka erbaut wurde. Ihre Einweihung am Sonntag den 28. August wurde durch die zahlreiche Teilnahme der Bevölkerung der nahen Täler und, vieler Bergwanderer ein Volksfest.

Schon am Vorabend riefen lodernde Flammen von den Höhen rings um die Hütte das frohe Ereignis der Vollendung des Werkes ins Tal und dem, der sich zu dieser Stunde auf dem kürzesten Anstieg zur Hütte, auf der von der Station Faak über Latschach und unter dem alten Gemäuer von Finkenstein hinführenden Straße befand, klang schon von weitem fröhliches Musizieren entgegen.Kranzgewinde und Lampionbeleuchtung grüßten den Ankömmling. Tanz und Gesang verkürzten die Nacht, die trotzdem majestätisch still und groß über dem breiten Lichterband von Villach und über den spärlicher beleuchteten übrigen Talsiedlungen an der Drau und am Faaker See zusammenschlug. Einer Nacht, die immer neue Gäste und daher wenig Schlaf auf dem geräumigen und bis an die hundert Menschen fassenden Lagerboden brachte, folgte der Festtag, der in sonniger Schönheit eine weite, herrliche Berg- und Talschau vor die neue Hütte hinbreitete.

Nur vom Gipfel des Mittagskogels, den viele Hüttenbesucher schon früh am Morgen ohne Grenzschwierigkeiten besteigen konnten, weil die jugoslawischen Grenzer an diesem Tag ausnahmsweise nicht nach den Passierscheinen fragten, wurde die Aussicht noch überboten. Da konnte der Blick unbehindert von den viel förmigen Kümmern der Karawanken im Osten tief hinunter ins Savetal gleiten und wieder hinauf zum Triglav, mit seiner wuchtigen Größe, weiter über den prachtvollen Mangart zu den schroffen Abstürzen des Wischberges, dem sich in weiter Ferne die Gailtaler Alpen anreihen. Im Westen drängt sich das Massiv des Dobratsch in den Vordergrund, während sich über Villach hin das Drau- und Treffnertal, flankiert von der Görlitzen, öffnet. Im nördlichen Hintergrund leuchten schneereiche Tauerngipfel auf, denen sich die runden Kuppen des Nockgebietes und der Stangalpe anschließen. Und eingebettet in all diese Großartigkeit, im Kontrast erst recht den landschaftlichen Reichtum unserer Kärntner Heimat offenbarend, schimmern die blauen Träume des Faaker, Keutschacher und Wörther Sees auf, umgeben von linden, grünen Hügel. Unsagbares Glück ist dieses Schauen, aus dem man sich nach Stunden erst losreißen muss, um zur Weihe wieder unten bei der Hütte zu sein.

Dort haben sich inzwischen Hunderte von Menschen versammelt, in deren Mitte die Sängerrunde von Landskron das Lied anstimmte: „Das ist der Tag des Herrn...“ Pfarrer Dr.Ogris von Latschach sagt den Willkomm des Hüttenwirtes und spricht dann davon, wie die Bergwelt, in deren Höhe das neue Haus erstanden ist, trotz all ihrer Wucht und Größe die auch den Menschen treffende Vergänglichkeit predigt, weil der andauernde Umbildungsprozeß, dem sie unterworfen sind, nach ewigen Gesetzen kein Anfang, sondern ein Ablauf ist. Auch die Berge kehren, so wie wir Menschen, heim in die Ewigkeit Gottes. Und davon spricht der Festprediger, dass die Berge nicht Grenzen sein müssen, sondern, wie es im Angesicht der neuen Hütte besonders verständlich erscheint, zusammenführen, vereinen und im Menschen den Bruder erkennen lassen. In slowenischer Sprache wiederholt Pfarrer Dr. Ogris die inhaltsvollen Ausführungen, um dann an einem vor der Hütte errichteten Feldaltar die hl. Messe zu feiern. Die Stephaner Musikkapelle spielt dazu Weisen, die wie Gebete hinauf zu den Gipfeln klingen. Nach der Messe wurde die Hütte von H. H. Pfarrer Dr. Ogris geweiht und auf den Namen „Annahütte“ getauft, wobei Frau Direktor Dimai an Stelle der verhinderten Frau Präsidentin Koutnik als Patin fungierte. Der Festtag setzte sich dann in Frohsinn und Tanz fort, wozu Musiker und Sänger eine harmonische Begleitung schufen.

Der Mittagskogel hat nun neben der „neuen“ Bertahütte an der Ostflanke auch eine neue Annahütte am westlichen Anstieg und wird darum wohl noch mehr als bisher zur Besteigung einladen, zumal die Annahütte auch im Winter ihren Dienst an der Grenze tun wird.

Nur Reste der Grundmauern erinnern noch an die einstige Annahütte, die am 17. Jänner 1944 in den Kriegswirren ein Raub der Flammen wurde.

QUELLE: Kärntner Zeitung, 2. September 1932, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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