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DIE GURKE#

Gemüse
Gurke

1880: Seit 3000 Jahren ist der Gurkenanbau in der Land- und Gartenwirtschaft bekannt. In Ägypten war er in noch früheren Jahren heimisch und nimmt noch heute einen hervorragenden Platz in der Landeskultur ein. Die saftige Beschaffenheit der Pflanze befähigt sie, der Dürre in den sandigen Ebenen zu widerstehen, während sie sich zu voller Blüte doch erst in den reichen Gelände, welche vom Nil bewässert werden, entfalten. Der Mangel an diesem Gewächs gab Moses zu einer der Klagen Anlass, die er über das Los der Israeliten in der Wüste äußerte. Auch an anderen Punkten der Bibel ist von Gurken die Rede.

Einige der älteren griechischen Schriftsteller über Botanik tun der Gurke in eingehender Weise Erwähnung, Theophrastus zählt drei Spielarten auf: die poetische scytalische und lakonische. Wir erfuhren auch von ihm, dass die Landwirte jener Zeit annahmen, sie könnten ihren Fruchtsamen am besten dadurch vor Insektenfraß schützen, dass sie denselben in den Saft der Gurkenwurzel tauchten.

Gurken, welche in der Gegend von Antiochien gewachsen waren,galten bei den alten Griechen als die feinsten Columella, einer der ältesten römischen Schriftsteller über Ackerbau, gibt seinen Landsleuten Anweisungen, wie sie das Wachstum der Gurken durch künstliche Mittel fördern könnten. Er sagt: Diejenigen, welche Frühgurken zu erzielen wünschen, sollten den Samen in gedüngte Erde pflanzen, die in große Körbe gefüllt ist, damit man letztere aus dem Haus tragen könne, wenn die Witterung günstig ist. Man tut wohl, die Körbe mit Rädern zu versehen, damit man sie mit geringer Anstrengung hinaus- und hereinbringen kann, und sobald die Saison vorgerückt ist, mag man die Körbe in die Erde versenken.

Plinius konstatiert, dass in Italien selbst die Gurken klein, in anderen Teilen des römischen Reiches jedoch von erheblicher Größe seien. Am fruchtbarsten zeigt sich die afrikanische Gurke. Der römische Naturforscher scheint die Idee einer Pflanzenseele mit Sympathien und Antipathien adoptiert zu haben, denn er schildert die Gurke als von Hass gegen das Öl und von gieriger Liebe zum Wasser erfüllt. „Von dieser Tatsache“, sagt Plinius, „kann man sich in einer einzigen Nacht hinreichend überzeugen, denn setzt man ein mit Wasser angefülltes Gefäß vier Finger weit von der Gurke zur Erde, so wird man die durstige Pflanze am anderen Morgen zum Wasser herangearbeitet finden; - stellt man aber statt der Wasserschüssel eine Ölschüssel in gleicher Entfernung auf, so krümmt sich die Gurke vor Abscheu, dass sie einen Hacken bildet.“ Derselbe Schriftsteller erzählt uns, der Kaiser Tiberius sei in dem Grad Gurkenfreund gewesen, dass er sich das ganze Jahr hindurch alltäglich davon servieren ließ.

Die Beete, worin man für ihn die Gurken zog, waren auf Holzgestellen angebracht, so dass sie auf Rädern nach jeder Richtung bewegt werden konnten. Im Winter während der frostigen Tage wurden diese Beet-Karren in gewisse hoch Giebelgebäude gezogen und da der Sonne ausgesetzt, deren Strahlen durch Fensterscheiben aus einem durchsichtigen dünnen Material z. B., lapis specularis ins Innere drangen. Es ist dies wohl der älteste Bericht über Treibhauspflanzen, den wir besitzen.

Die Römer waren, wie man aus den Trümmerresten ihrer Villen schließen kann, im Besitz der Kunst, durch Röhren, welche heiße Wasserdämpfe leiteten, ihre Wohnräume zu heizen, und es ist wohl anzunehmen, dass man auf gleiche Weise auch dem Wärmebedürf nis der Gurke abzuhelfen, sie von der Jahreszeit unabhängig zu machen suchte.

Plinius erzählt, dass zu seiner Zeit eine neue Gurkenspielart in Kampanien zufällig aufkam, nämlich eine Gurke in Quittenform. Sie wuchs nicht hängend, sondern nahm ihre runde Form am Boden liegend an; der Same davon erzielte ähnliche Pflanzen. Der Name den man dieser sogenannten „Gurkenspielart“ gab, war Melopepo. Nun haben aber moderne Botaniker die Sache so gedeutet, dass die Plinius Quittengurke nichts anderes war als eine Melone. Roh gegessen erschien Plinius diese Melone als eine ungesunde Nahrung. Er gibt daher zu ihrer Bereitung als „warmer Salat“ folgendes Rezept: Man kocht die Melone, gibt Öl, Essig und - Honig dazu und serviert sie als „delikate“ Speise. Auch medizinischen Nutzen weiß er der Melonen Gurke zu entlocken. Man nimmt eine Prise Melonensamen, gibt dazu etwas Kümmel, zerstößt beides in einem Mörser, gibt die Mischung in Wein und hat so ein Mittel gegen den Husten.

Es ist anzunehmen, dass in den Ländern, wo die Römer Jahrhunderte lang als Kolonisten hausten, wie in Gallien und in England die Gurken und Melonen von ihnen eingeführt wurden. Nicht minder wahrscheinlich ist jedoch, dass in rohen Zeiten der Verwilderung und des Krieges die Kunst der Gurkenpflege wieder vielfach verloren ging.

Aus den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts liegen zwei Angaben englischer Gelehrter über die Gurken vor. Der Erste, Gerard, sagt in seinem Herbarium von 1596: „Es gibt verschiedene Arten von Gurken, einige größer, andere kleiner, einige im Garten und andere wild gewachsen, ihre Formen sind mannigfaltige. Es gibt da auch gewisse lange Gurken, welche, wie man sagt, durch Kunst und Düngung so gezogen und dann von der Natur ebenso weiter gepflanzt wurden.

Die Länge dieser Gurken aber wird auf folgende Weise erzeugt: Zuerst, wenn die Frucht sehr klein ist, wird sie in eine hohle Röhre gegeben, deren Enge sie zwingt, so schmal und lang zu wachsen, Sät man dann den Samen dieser langen Art, so kommen Gurken zu Tage, welche von Natur lang gewachsen sind.“ Derselbe alte Schriftsteller gibt auch Anweisung, wie Gurken in Treibhäusern zu ziehen seien. Er gibt an, man solle diese Treib-Beete mit Matten überdachen, welche auf Reifen gezogen seien; denn Glas hatte man damals noch zu wenig.

Lord Bacon, der um das Jahr 1598 schrieb: sagt: „Die Gurken werden zarter und wohlschmeckender, wenn ihr Samen in Milch getaucht wird. Die Ursache mag die sein, dass der Same, welchen die Milch geschwächt hat, nicht die gröberen Säfte aus dem Boden ziehen kann, sondern nur die feineren.“ Er fügt bei: „Die Gurken werden weniger wässerig sein, wenn die Grube, in welche sie dieselben setzen, zur Hälfte mit Spreu gefüllt ist, und Erde darauf geschüttet wird; denn die Gurken lieben wie es scheint, die Feuchtigkeit ungemein und übertrinken sich leicht, was durch die Spreu verhindert wird.“ Ferner gibt er an, dass es zu seiner Zeit der Brauch war, die Stängel der Gurken, sobald die Frucht abgeschnitten ist, gut mit Erde bedecken, worauf im nächsten Jahr die betreffende Pflanze viel früher als andere neue Frucht tragen werde.

Parkinson erzählt in seinem „Paradies“, von 1656, dass in manchen Ländern Gurken verzehrt werden wie bei uns Äpfel und Birnen, so zwar, dass man Schnitte davon Gästen und Freunden darbietet. In England kam der Gurkenbau erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts erst auf. Der erste Gärtner, der sie mit Erfolg in Treibhäusern baute, hieß Thomas Fowler, der dem König Georg I., zum Neujahrstag 1721 ein Büschel wohl geratene Gurken verehrte, zu denen er am 25. September den Samen gesät hatte. Gegenwärtig wird in der Umgebung von London der Gurkenbau so umfassend betrieben, dass z B. an einem Vormittag 200.000 Kleingurken zum Einmachen als Pickles geerntet wurden. Merkwürdig ist, dass seit dem Auftreten der Kartoffelkrankheit die Gurken nicht mehr dasselbe Gedeihen zeigen wie früher. In den Grafschaften Hertfordshire und Bedfordshire wachsen die meisten der kleinen Gurken, die als Pickles von London aus nach allen Weltteilen gehen.

Die Ärzte sind im allgemeinen, dem Gurkenessen nicht hold, obwohl man Ende des 17. Jahrhunderts diesen Genuss als Rettungsmittel von Vergiftung pries. Dem russischen Bauern sind Gurken und Melonen unentbehrliche Zugaben zu seinem Schwarzbrot. Eine Gurke kommt dort noch nicht einmal auf ½ Pfennig.

Deutschland konsumiert viele Gurken und weiß sie auch lang frisch zu erhalten. Sie bilden im Hochsommer die schätzbarste Erquickung. Unter der Form von Cold-Cream und Gurkenmilch findet die Gurke auch ihren Weg zum Toilettentisch - Woher die Gurke stammt ist unbekannt. Man sagt aus der Tatarei. Kein Reisender hat sie wild wachsend gefunden.

QUELLE: Salzburger Chronik, 22. Juli 1880, S 1, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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