DIE LOBAU#
Keine Großstadt liegt so anmutig inmitten einer reizvollen, von zahllosen Dichtern besungenen Landschaft, wie Wien.
1917: Eine frohe Botschaft ist den Naturfreunden Wiens geworden: Die Freigabe der einzigartigen Lobau durch den letzten Herrscher von Österreich-Ungarn, Kaiser Karl. Diese hochherzige Entschließung des Monarchen wird, wenn einmal der Wert dieses Geschenkes allgemein erkannt sein wird, nicht weniger Freude erwecken, als sie damals herrschte, als Kaiser Joseph seinen Wienern den Augarten und den heute leider so misshandelten Prater erschloss.
Bisher ist die Lobau für den allgemeinen Besuch so gut wie unzugänglich gewesen. Wer trotzdem in dieses Gebiet wollte, benötigte einer besonderen Bewilligung die äußerst selten erteilt wurde. Daher hatten die Wiener auch keine Ahnung welch Paradies sich ihrer hier eröffnen wird. Auf den ersten Blick mag vielleicht dieses lang gestreckte Stück Land, an dessen Umkreis sich die Orte, Stadlau, Aspern, Eßling, Mühlleiten, Schönau und die Stadt Groß Enzersdorf befinden zu eintönig erscheinen. Doch dringt man tiefer in die herrliche Natur ein, die bisher im Dornröschendasein des Vergessens schlummerte, die vielfältige Fauna und Flora schauen darf, die stimmungsvolle Ursprünglichkeit und Unberührtheit der Natur macht diese vom Enzersdorfer Wasser in einem riesigen Bogen umflossene Insel zu einem außergewöhnlichen Schatz der Naturfreunde und birgt auch viele historischen Erinnerungen an die Zeit der Franzosenkriege. Fernkorns Meisterwerk „Der Löwe von Aspern“ ist wohl bekannt. Doch bei den Streifzügen durch das Naturjuwel sind noch zahlreiche andere interessante Entdeckungen zu machen, dass sich hier im Jahr 1809 das Hauptquartier Napoleons, dort ein Pulvermagazin, Durchzugsstraße oder der Friedhof der Franzosen gewesen. Derzeit sorgt der Besuch der Lobau für Verwirrung, die vielen sich kreuzenden Wege in den Auen, die zahlreichen Wasserläufe und Tümpel zu denen sie nicht selten führen. Außerdem steht in der Lobau die älteste Eiche
Der Enzersdorfer Arm kann durch ein von Schilf verborgenen Brückchen übersetzt werden. Er ist die Grenze und Hüter der Lobau.
Die Gemeinde Wien und die Touristischen Vereine müssen trachten in dieses Chaos Ordnung zu bringen, um den Wienern den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.
1921: Die Lobau, jenes idyllische Revier, das sich von Groß-Enzersdorf bis an den Donaustrom hinzieht, gehörte früher bekanntlich zum kaiserlichen Besitz. Dem Hofjägeramt war die Verwaltung des Gebietes überlassen, in dem es vor dem Umsturz einen Wildbestand von ungefähr 15.000 Stück, verschiedener Arten gab. In der Lobau wurden einige Jagden abgehalten, darunter befanden sich auch jagdfreudige Aristokraten.
Die Lobau wurde wie so vieles Kaiserliches in die Verwaltung der Gemeinde Wien übernommen auch die ehemaligen Hofjäger.das Beamte aus Eckartsau wurden in die Lobau versetzt.
Doch plötzlich stand eine Skandalaffäre im Mittelpunkt in die die Söhne des Wiener Vizebürgermeisters sich befanden. Damals waren Seitz und Reumann Vizebürgermeister. Diese hielten in der Lobau Jagden ab, schossen den Wildbestand zur Hälfte ab und brachten das Wild auf den Markt. Als die Sache ruchbar wurde, haben sie, wie Leute in der Lobau erzählten, den größten Teil der Beute in die Donau geworfen.
Wie zu erfahren war, hat die Gemeinde Wien die Absicht die Lobau zur Saison für Privatjagden zu verpachten. Die Sportbetätigung hat in Österreich in jüngster Zeit sehr stark zugenommen. Diese neue Sportart üben neuerdings die neuen Reichen aus.
Diese Einführung von Privatjagden soll der Gemeinde Wien neue Einnahmequellen eröffnen. Derzeit finden darüber Gespräche statt.
1926: Österreich soll einen zweiten Naturschutzpark bekommen. Neben dem großen Gebiet an der salzburgisch-oberösterreichischen Grenze, das bereits seit einigen Jahren als Naturschutzgebiet besteht wird vor den Toren Wiens, gelegene Lobau demnächst offiziell zum Naturschutzpark erklärt werden.
1919 hat Prof. Dr. Schlesinger erklärte, dass sich die Lobau ganz besonders zu einen Schutzpark eignen würde, war doch die Lobau bis zum Umsturz. Man teilte die Lobau in zwei gleiche Teile. Der eine Teil ist Eigentum der Gemeinde Wien, der andere Teil dem österreichischen Kriegsbeschädigtenfonds.
1928 brach eine Debatte aus, wohin das Stadion gehört? Der Platz im Prater war zu klein und so wollte man damit in die Lobau ausweichen, denn dort wäre der beste Platz dafür. Dieser Vorschlag löste in den beteiligten Kreisen eine heftige Debatte aus. Im Prater wäre für ein großes Stadion kein Platz, denn dieser sei schon zu verbaut. Das Stadion ist das Ziel und die Krönung einer gesunden Sportentwicklung und der Wunsch nicht nur der Gemeinde Wien sondern aller Wiener Sportsfreunde. 1935: Zu Pfingsten wurden die Besucher der Lobau mit der Nachricht überrascht, dass das Baden in den Gewässern der Lobau verboten ist. Die Nacktheit hatte die Obrigkeit gestört.
1937: Endlich war es so weit, dass die Lobau als Naturschutzpark ihrer Bestimmung übergeben wird zum Tarif Kinder 10 Groschen, Erwachsene 20 Groschen, Motorräder und Reiter 1 Schilling, Autos 3 Schilling.
1938: Dieser einzigartige Urwaldpark vor den Toren der Großstadt erregte das Interesse des Reichsjägermeisters, Generalfeldmarschalls Hermann Göring.Hier würde der König der nordischen Wälder, der Elch sich heimisch fühlen.
1937: Die Lobau mit ihrem historischen Hintergrund hatte eine Berühmtheit in ihrer Mitte. Napoleon. In der Nähe der Panozzalacke hatte er sein Hauptquartier errichtet. Ein steinerner Obelisk zeigt jene Stelle, an der er am Abend vor der Schlacht von Aspern seine Truppen sammelte. Noch sieht man die alten Schanzen, Gras überwuchert erzählen sie von jenen blutigen Tagen, von dem Kampf und von der Rolle, die die Lobau in der Weltgeschichte gespielt hat.
An einer anderen Stelle wieder sieht man die Tafeln, die am die Jagdausflüge des Kronprinzen Rudolf erinnern. Bis zur Zeit Kaiser Maximilians I., bis zum Jahr 1499, lässt sich die historische Geschichte zurückverfolgen. Heute ist das Auland keine Insel mehr. Wohl ziehen noch Alte-Donau Arme rings um die Waldungen, bei Hochwasser entstehen große Seen, aber der Donaudamm hat die Lobau vom Strom abgetrennt, die Überflutungen haben aufgehört und das Tierleben kann sich ungestört entwickeln.
Den Fußgängern, Autofahrern und Motorradlenker ist das Verlassen der markierten Wege verboten. Hält man sich icht daran wird man bestraft. Ganze Rudel von Rehen gibt es da zu sehen. Die Auhirsche belieben es im unteren Teil der Lobau zu verbleiben. All die anderen Tiere wie auch verschiedene Vogelarten schwirren herum. Aber auch 20 Hermeline halten sich hier auf.
In der Lobau wird zwischen dem Forstpersonal, der Polizei und den Wilderern ein steter Kleinkrieg geführt, der schon auf beiden Seiten manches Opfer gefordert hat.
Am zahlreichsten sind die Fallensteller und Schlingenleger wo sich später die Fasane darin verfangen. Auch Nachtigallen sind bei diesen Menschen sehr gefragt, sie werden gestohlen und verkauft. Die Schusswaffe tritt ebenfalls oft in Aktion, die Polizei besitzt bereits eine ganze Sammlung.
1938 wurde das Öllager mit dem Ölhafen errichtet, dass der Lobau bleibende Schäden zufügte. Auch das Kraftwerk Donaustadt befindet sich in der Lobaugegend. Und vom Zweiten Weltkrieg blieb die Lobau auch nicht verschont.
QUELLEN: Der Montag, 5. November 1928, Die Stunde, 27. Februar 1937, Wiener Neueste Nachrichten, 19. November 1917, Neuigkeitsweltblatt, 10. September 1926, Wiener Sonn- und Montagszeitung, 25. Juli 1921, Arbeiter Zeitung, 16. Juni 1935. Wiener Zeitung, 29. Juni 1919, Österreichische Nationalbibliothek ANNO.
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