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DIE UHRENSAMMLUNG#

Wien
Uhrenmuseum

Inmitten Alt Wiens umgeben vom Zauber einer versunkenen Epoche befindet sich ein Museum mit einer interessanten Sammlung der Uhrmacher Kunst, ein unschätzbares Kleinod das trotz ungünstiger Zeitumstände im Schulhof 2 entstanden ist.

Das Wiener Uhrenmuseum wurde 1917 von der Stadt Wien gegründet, das namentlich dem Bürgermeister und anderen Förderern zu danken ist. Das Museum in einem Alt Wiener Haus eingerichtet ist einzig in seiner Art. Kaftans Sammlung war der Grundstock dieser außergewöhnlichen Sehenswürdigkeit. Früher war die Sammlung im Haus des Hofrates Prof. Dr. Obersteiner untergebracht und wurde käuflich der Gemeinde Wien überlassen, Wien ist damit der Gefahr entronnen, dass sich Budapest dieser Sammlung bemächtigt hätte. In ihr ist ferner die rühmlichst bekannte Sammlung der Baronin Ebner-Eschenbach mit 270 Uhren enthalten, die um 300.000 Kronen von Freiherrn von Skoda und Herrenhausmitglied Bernhard Wetzler erworben und dem Museum gespendet wurde, und dadurch Besitzer in künstlerischer Hinsicht eines besonderen Schatzes geworden. 110 Exemplare wurden aus der Sammlung Leiner erworben. Die Perle des Museums ist jedoch die Sammlung des Uhrmachers Josef Nicolaus in Wien, bestehend aus 450 Taschenuhren, die als mechanische Raritäten unübertrefflich sind. , 1921: In Vitrinen und Stellagen lagern in stattlichen Reihen die phantasievollen tickenden Erzeugnisse der Vergangenheit und geben Kunde was Großartiges einst geschaffen wurde. Hin und wieder ertönt aus so manchem Prachtexemplar einer Spieluhr alt bekannte Melodien, oder sie zeigt mit wohlklingenden Tönen jene Stunde an die so rasch an die verrinnenden Tage unseres Erdendaseins gemahnen.

Der damalige Leiter dieses außergewöhnlichen Institutes Prof. Rudolf Kaftan wurde selbst zum Uhren Sammler, ohne Privatvermögen, denn ihm stand nur das karge Kapital eines Lehrergehaltes zur Verfügung. Durch seinen unbeirrbaren Eifer war er bald Besitzer von etwa 10.000 Uhren, viele davon mit hohen Seltenheitswert. Die gesamte Sammlung wurde zu einer lückenlosen Darstellung der Geschichte der mechanischen Zeitmesser. Viele dieser Schätze waren auf Dachböden einen Dornröschenschlaf dahingedämmert und wurden durch ihn zu neuem Leben erweckt. So hauste der Sammler mit seiner tickenden Umwelt in Döbling bis zu jenem Tag, da er in Gefahr stand, samt seine Uhren obdachlos zu werden. So hat er seine Uhrenschätze der Gemeinde Wien angeboten sie zu einem Uhrenmuseum animiert deren Leiter er selbst werden wollte. Durch das Eingreifen des Bürgermeisters Dr. Weiskirchner und die unermüdliche Arbeit des Gemeinderates Panosch, der als Vorsteher der Uhrmacher Genossenschaft den hohen Wert der Sammlung und ihrer Nutzung zu Lehrzwecken im Uhrmachergewerbe erkannte, wurde das Angebot angenommen und so der Grundstein zum Uhrenmuseum der Stadt Wien gelegt.

Das Museum erfreute sich alsbald großer Beliebtheit und das Interesse für diese Kleinodien war erweckt. So wurde der Verein der Freunde des Uhrenmuseums gegründet und waren bemüht weitere Raritäten zu erwerben.

Wien
Standuhrzimmer
Wien
Stockuhr

Eine der herrlichsten und wertvollsten Privatsammlungen der Gegenwart im Wege der Verlassenschaftsabhandlung zur Versteigerung kommen sollte. Aus dem Erlös sollte nach testamentarischer Verfügung ein Kinderheim gegründet werden. Kaftan hatte von der geplanten Versteigerung erfahren und setzte nun alles in Bewegung, um die Sammlung für das Museum zu erwerben. . Dazu waren 300.000 Kronen notwendig, aber es fand sich niemand der diesen Betrag widmen wollte. Nun wandte sich Kaftan an die Presse und versuchte die Bevölkerung dazu zu bewegen, doch die hatte zu dieser Zeit andere Sorgen. Nur 20 Kronen waren eingegangen.

Uhren
Baronin Ebner-Eschenbach

Direktor Kaftan suchte immer wieder Oberlandesgerichtsrat Ehrenreich, der die Verlassenschaftsabhandlung leitete auf, und bat ihn immer wieder die Lizitation um einige Tage zu verschieben, er werde das Geld schon noch auftreiben. Er hatte Glück, im letzten Augenblick sprangen die Großindustriellen Dr. K. Skoda und Bernhard Wetzler ein und widmeten für den edlen Zweck die nötige Summe von 300.000 Kronen. Damit war die großartige Sammlung gerettet, dieses seltsame Vermächtnis einer großen österreichischen Dichterin. Marie Ebner-Eschenbach hatte ihre Vorliebe für Uhren in der Künstlernovelle „Lotti, die Uhrmacherin“ verewigt. Aber noch konnte das Uhrenmuseum seines Besitzes nicht froh werden, denn die Sammlung sollte in das Technische Museum kommen. Das konnte Kaftan nicht zulassen, Mit einem Feuerwehrauto führte er die eiserne Kiste von Hietzing in die Stadt, packte die Schätze aus, erwarb noch die Vitrine dazu und begann all die so schwer erkämpften Herrlichkeiten darin zu ordnen.

Alsbald gelang es, die Sammlung des Uhrmachers Nicolaus, für das Museum zu gewinnen. Auch von Privatpersonen die sich von dem Museum begeistert zeigten, bedachten sie mit so manchen wertvollem Stück. Öffentlich zugänglich wurde das Museum mit den wertvollen Gegenständen etwas später. Prof. Kaftan führte die Schaulustigen in Gruppen durch die umfangreiche Sammlung. Man musste sich anmelden und der Eintritt war mit 10 Kronen pro Person festgesetzt. Der Erlös dieser Eintrittsgelder fand für weitere Ankäufe Verwendung.

Das Uhrenmuseum der Stadt Wien wird eine große Sehenswürdigkeit durch die Reichhaltigkeit des technisch-interessanten Materials aller Epochen werden, die bis zu den modernsten elektrischen astronomischen Uhren darstellt, bilden. Der Verein, gegründet am 19. Juni 1917, hat bisher 18 Stifter mit einem einmaligen Beitrag von 100 bis 200. Kronen sowie viele Mitglieder und wurde von den Wiener Banken dank der Vermittlung des Herrn Bankdirektors Hugo Breitner, mit 50.000 Kronen subventioniert

Die interessanten Taschenuhren sind nicht zu sehen sondern lagern einbruch- und feuersicher in Kisten. Im Spindelzimmer sind größere Uhren mit Pendel, Gewichtzuguhren mit rückführenden Anker, eine Erfindung des Engländers Clement im Jahr 1685 oder Kirchenuhren ausgestellt. In einem anderen Zimmer sind Uhren mit Federzug zu bewundern, die Ersten gab es um 1500 und es werden immer neue Verbesserungen vorgenommen. Auch eine zahlreiche Anzahl von elektrischen Haupt- und Nebenuhren der verschiedensten Arten sind hier ebenfalls anzutreffen.

In den nächsten Räumlichkeiten eröffnete sich dem Besucher Automaten und Spieluhren meist Wiener Arbeiten aus de Empire- und Biedermeierzeit mit reizvollen Ausschmückungen In letzter konnte das Museum eine Anzahl schöner Empire Bronze Uhren erstehen.

In einer großen Vitrine liegen oder hängen etwa zweihundertsiebzig Stück der erlesensten Farben und formenreichsten Taschenuhren, mit prächtigen Emailarbeiten und kunstvoll in Gold erlesene Prachtexemplare. Dann wieder ein Gulden Stück aus dem Jahr 1847 darin ein Uhrwerk eingebaut ist. Ideenreiche Taschenuhren mit beweglichen Figuren, das Zifferblatt besteht aus einer hervorragenden Emailarbeit. Sogar aus dem Jahr 1600 gibt es Taschenuhren zu sehen. Andere wieder mit Perlen und Edelsteinen geschmückt, ja der Phantasiereichtum kommt hier in allen Bereichen zur Geltung

Wiener Arbeiten aus dem Jahr 1820, zieht die Aufmerksamkeit besonders auf sich. Die Uhr besteht aus einer männlichen Figur die eine Scheibtruhe führt die zu einer Uhr verwandelt ist.

Im Mai 1927 feierte das Musem mit seinen 11.000 Uhren, den 10. Geburtstag von Kaftans Uhrensammlung. Der Schulhof zählt ein Alter von 400 Jahren und soll einst eine Ghettoschule gewesen sein, später Eigentum eines Klosters. Schmale, steile, eng gewundene Treppen führen zu den Uhr Juwelen.

Das Uhrenmuseum der Stadt Wien ist das Reichhaltigste der Welt. Direktor Rudolf Kaftan behütet diese Schätze und betreut sie mit großer Sorgfalt.

Die erfreuliche Zunahme an Objekten des Uhrenmuseums hat im Jahr 1929 eine Vergrößerung der Ausstellungsräume unbedingt notwendig gemacht. So wird auch das erste Stockwerk dafür genutzt werden müssen um auch jene Exemplare die noch in Magazinen schlummern der Öffentlichkeit endlich präsentiert werden können. Unter den Neuerwerbungen befindet sich eine berühmte Klosteruhr, die der Augustinerfrater Cajetano im Jahr 1769 fertig stellte, zu nennen.

Direktor Kaftan hält sogar in der Urania Lichtbildervorträge über das berühmte Wiener Uhrenmuseum.

Immer wieder hat Direktor Kaftan Vergitterungen der Sammlungen gefordert. Im Zweiten Weltkrieg kam es daher zu großen Verlusten der Sammlungen. Die Ebner-Eschenbach Sammlung und auch die Nicolaus Sammlung, alles ging verloren.

QUELLEN: Radio Wien 27. September 1925, S 9, 20. September 1925, S 12, Reichspost 31. Mai 1921, S 7, Neuigkeitsweltblatt 4. Mai 1927, S 2, BILDER: Stockuhr Die Bühne 1927, Heft 134, S 22. Baronin Ebner-Eschenbach Wiener Bild, 19. März 1916, S 6, Schulhof Wiener Bilder 8. September 1929, S 2, Standuhrenzimmer Welt Illustrierte 1947, H 28, S 11, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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