KÜSTENLAND#
1891: Görz. Die Bora, welche in Triest am Anfang des Jahres so furchtbar wie selten gewütet hat, machte sich wohl hierzulande auch einige Tage bemerkbar, doch, etwas abgeschwächt. Noch vor 10 Jahren soll dieser unangenehme Gast nur bis Rouchi vorgedrungen sein, jetzt hat man auch in Görz damit zu rechnen. Lange hält sich die Bora aber hier nicht; zuletzt gab es hier, im Jänner einige windstille, sonnige, keineswegs kühle Tage, geradezu Kaiserwetter, bis heute leichter Regen und bedeckter Himmel eintrat und noch anhält.
Am 1. Jänner gab es einen Ball im Theater von Gradisca, nachdem um die Weihnachtszeit eine Oper zur Aufführung kam. Die Honoratioren des Ortes feierten Weihnachten und Neujahr in der „Speranza“ nicht. Man lebt hier billig, deshalb siedeln sich gerne Rentner und Pensionisten hier an, denen Triest, Graz und selbst Görz zu kostspielig ist, und die doch in schöner, gesunder Gegend zurückgezogen leben wollen.
Hier wie in Görz gibt es Cafés, doch keine besonders rühmenswerten. Es ist zu bedauern, dass das neue Südbahnhotel in Görz nicht ein behagliches Café mit reichlich Zeitungen eingerichtet hat.
Das „Castel Alimonda“ in Sagrado ist nun im Inneren fast fertig. Eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges, außer dem imponierenden Schlossbau, im Inneren die anheimelndsten, mit hochfeinem Geschmack künstlerisch ausgestatteten Räume.
QUELLE: Dillingers Reisen, 10. Jänner 1891, Österreichische Nationalbibliothek ANNO
https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp