SAMUEL SCHEIN#
Die Warenhäuser der Kaiserstadt Wien deren Stil und Architektur jedes für sich eine Besonderheit darstellte, und daher eine eigene Ausstrahlung mit sich brachte, waren nach dem Vorbild Paris geprägt. Die Architekten dieser Einkaufstempeln, kamen aus der Theaterwelt und dementsprechend war das Innere dieser Warenhäuser glanzvoll inszeniert, ein Ort der Pracht und Verlockung. Durch die großzügig aufwendige Glaskonstruktionen wurde das Innere Licht durchflutet, die durch die großzügig repräsentative Stiegen Konstruktionen aus kostbaren Materialien erschlossen wurden.
Bereits beim Warenhaus von Philipp Haas und Söhne am Stephansplatz, das in den Jahren 1866 bis 1867 errichtet worden war, fielen die großen Auslagen Fenster auf, die am Abend beleuchtet waren.
GESCHICHTE
Das im Jahr 1895 erbaute Teppichhaus Samuel Schein, eines der größten Warenhäuser Wiens, wurde nach den Plänen von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer, also wieder Architekten aus der Theaterwelt, durch Franz Kupka und Gustav Orglmeister, errichtet. Neun Etagen hoch.
Die Hauptfront befand sich am Bauernmarkt. Hinter riesigen Spiegelscheiben, die von Metall eingefasst, konnte man die ausgestellten Teppiche und Stoffe erkennen. Aus allen Etagen flutete das helle Licht herab. Trat man durch das hohe Bronzeportal, hielt man überrascht inne über den sofortigen weitreichenden Überblick des Warenlagers. Vom Parterre aus konnte man ungehindert bis zum gläsernen Dach, das sich über fünf Etagen spannte, die galerieartig angeordnet waren.
Das Parterre, ein erstes Souterrain und vier Stockwerke dienten dem Besuch des Publikums. Das zweite Souterrain war für die Aufnahme der Waren Lieferung bestimmt,, und in den obersten Stockwerken wurde der interne Geschäftsbetrieb und die Postexpedition abgewickelt. Für diesen internen Verkehr standen eigene Lifte und Treppen dem Personal zur Verfügung.
Gegenüber dem Hauptportal war eine dreiarmige, in Bronze und Marmor ausgeführte, reich ausgestattete Treppe angebracht, die den Zugang zu allen Galerien vermittelte. In allen Etagen sah man ein malerisches, wechselvolles Arrangement von Teppichen und Stoffen, Decken und Vorhängen, Erzeugnissen der heimischen und ausländischen Industrie. Durch eine sehr sinnreiche Anordnung – die Zurücksetzung der Frontstützen, war es möglich, die riesigen Teppiche in ihrer gesamten Größe vor dem Käufer aufzurollen, und wenn es eine Dame ermüden sollte, in eine höhere Etage zu gehen, so stand ein elektrischer Aufzug zur Verfügung, Luft und Licht herrschten in allen Räumen sowohl am Tage wie am Abend, so dass man die zartesten Farben, die feinsten Dessins zu jeder Tageszeit prüfen konnte.
In großartigem Umfange war die Eisenkonstruktion in Anwendung gebracht; man befand sich in der Tat in einem eigenem Haus. Auch die übrigen technischen Anlagen, wie Dampfheizung und Ventilations-Vorrichtungen standen auf der Höhe der modernen Technik. Selbst das Dach war eigenartig konstruiert und gestattete die bequeme Reinigung der Teppiche. Die gesamte Eisenkonstruktion stammte von der ausgezeichneten Firma Albert Milde & Comp., Die fürstlich Salm Eisengießerei hatte das schöne Portal gegossen, dessen figuraler Schmuck vom Bildhauer Hugo Härtl modelliert wurde. Die Hauptstiegen hatten die Kunstschlosser Gillar und der Kunstspengler Jaremkiewicz ausgeführt, die Maler- und Vergolder Arbeiten besorgten der Hofmaler Kott, die Holzarbeiten lieferte die Erste österreichische Türen, Fenster und Fußbodenfabrik. Die Anstreicher Arbeiten waren von der Firma Max Wackler, die großartige elektrische Beleuchtungsanlage mit 90 Bogenlampen und Hunderten von Glühlampen von der Firma B. Egger & Co., während den Strom die Allgemeine Österreichische Elektrizität Gesellschaft lieferte.
Der Glanz und der Zauber der Warenhäuser um die Jahrhundertwende ist mit dem Zweiten Weltkrieg untergegangen und kehrte nie wieder.
Samuel Schein wurde am 12. Juni 1852 in Piestany geboren und verstarb 1937 in Wien. Zahlreiche Nachkommen.
Im Dezember 1909 berichtet das Neue Wiener Journal:
Die allgemeine Teuerung macht sich auch bei den Weihnachtseinkäufen leider bemerkbar. Nur im Teppichwarenhaus Samuel Schein k. u. k. Hof- und Kammerlieferant ist noch keine Preiserhöhung eingetreten. Die Firma hat noch billiges Rohmaterial und kann noch billig verkaufen. Die Branche hat wiederholt Preis Steigerungen vorgenommen.
In derselben Zeitung zu lesen:
Hunderttausend Wiener Familien erhielten im Laufe der letzten Wochen einen Prospekt, welcher die besonders preiswürdigen Waren enthielt, die von morgen an im Teppichhhaus S. Schein... zum Verkauf gelangen. Nicht weniger als 150 neue außerordentliche geschmackvolle Artikel hat die Firma S. Schein in ihren Fabriken für den jetzt beginnenden volkstümlichen Verkauf erzeugt. Es wäre im Interesse unserer Leser gelegen, soweit selbe den Prospekt nicht erhalten haben die Preise dieser wahrhaft auch einer minder bemittelten Bevölkerung zugänglichen Waren an dieser Stelle zu veröffentlichen, was jedoch bei der großen Zahl bereits vergriffen ist, hat sich die Firma Teppichhaus Möbelhaus S. Schein bereit erklärt, Käufern behufs Auswahl den Prospekt im Teppichhaus vorlegen zu lassen. Heute Mittwoch Maria Empfängnis sind alle Verkaufssäle bis 1 Uhr mittags geöffnet.
1911 Vaterland: Die günstige Gelegenheit für Tapezierer und Wiederverkäufer bietet der Abstoß im Teppichhaus S. Schein
QUELLE: Neues Wiener Journal 1909 Dezember, Wiener Sonn- und Montagszeitung 1911,Vaterland 1911, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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