WEINBAU, WEINBEREITUNG#
Die Wachau – in den ältesten Dokumenten war sie noch als Wachowe, Wachou – bekannt – das ganze linke Ufer der Donau von Emmersdorf bis Stein hinab; sie wurde eingeteilt in die innere und in die äußere Wachau; die innere und eigentliche Wachau wurde durch die Natur durch zwei gegen die Donau vorspringende Felswände – die Klaus ober St. Michael und den sogenannten Watstein oberhalb Dürnstein begrenzt; zu dieser gehörten die uralte Pfarre St. Michael – Mutterkirche von mehrere Pfarren – da die Pfarre Wösendorf mit dem volkreichen Pfarrorte, dem Markt Weißenkirchen. Zur äußeren Wachau werden die Pfarren Aggsbach, Stein, Dürnstein und Leiben gezählt, wie sich auch nicht minder die über die Donau gelegenen uralten Orte, die Pfarre Arnsdorf und Rossatz mit ihren Weinprodukten als zur Wachau gehörig betrachteten.
Es gibt keinen Zweifel, dass in den Gebirgen der eigentlichen Wachau mit den Pfarren Wösendorf und Weißenkirchen in sich fasst, wie auch in jenen der Pfarren Dürnstein und Leiben, schon zu den Zeiten der Römer Weinbau betrieben wurde.
Die Römer hatten längs dem rechten Ufer der durch ganz Niederösterreich ihre befestigten Lager an jenem Platz des heutigen Mautern, das damals Arriana castra oder Asturia hieß.
Der wichtigste Übergang über die Donau, wie die fruchtbare Umgebung ließen den Wert des Ortes nicht übersehen: römische Bäder und Gräber, römische Münzen die reichlich gefunden geben zweifellos Zeugnis für das hohe Alter dieses Ortes.
Der römische Kaiser Marcus Aurelius, mit dem Beinamen der Weltweise. Der von dem Jahr 161 – 180 nach Christi Geburt regierte, schlug in der Stadt Carnuntum, wenige Meilen von Wien, dem Ausfluss der March gegenüber, durch 5 Jahre seine Residenz auf, und suchte das Land, in welchem er mit großem Wohlbehagen den schönen Wissenschaften lebte, zur größeren Kultur zu heben; er führte aus Italien den Weinbau in unserer Heimat ein, und wahrscheinlich waren es die Höhen am Bisamberg, am Kahlenberg wo zuerst der Weinstock gepflanzt und gepflegt wurde. Dass sein Beispiel nicht ohne Nachahmung blieb, wo die Lokalität dem Weinbau zusagte. So wurde der Weinbau in Österreich eingeführt und seine weitere Verbreitung erfolgte nach und nach von selbst.
Da die Römer in Mautern und nicht weit entfernten Rossatz sich niedergelassen hatten, konnte es ihnen nicht entgehen, dass die sonnigen, gegen die Donau zu abfallenden Berglehnen der eigentlichen und inneren Wachau, die Gegend bis Krems für den Weinbau geeignet war.
Es kam auf die Beschaffenheit des Bodens an, wenn man es versucht hätte, in Vöslau wie am Neusiedler See, im Pulkautal wie in Tokay, wenn jene auch schon den Römern zinsbar gewesen wären, vergebens Wein, noch weniger jenen edlen Traubensaft zu erzeugen im Stande gewesen waren, wie er von diesen Orten heute der Menschen Herz erfreut. Es gab damals sicher in den ursprünglich dem Weinbau gewidmeten Gegenden wie später bis auf die neuen Zeiten nur Weinberge und etwa ausnahmsweise hier oder da einen Weingarten Weinbau auf flachem Lande.
Als durch Kaiser Carl den Großen, wieder Sicherheit für Personen und deren Eigentum ins Land zog, blühte der Weinbau wieder auf; es erfolgten von jener Zeit an viele Schenkungen und Käufe von Weingärten durch Regenten, Bischöfe, Klöster, Kirchen und Große des Reiches. Die Bischöfe von Passau hatten bis zum Jahr 1159 den Weinzehent der ganzen Wachau, von diesem Jahr an kam die eine Hälfte des Weinzehent der Wachau durch Tausch an das Stift St. Florian, die andere Hälfte kam an das ehemalige Stift der regul. Chorherren nach St. Pölten. Das Bistum von Passau hatte bis in die neuen Zeiten seinen Hof und seine Weingärten in und um Krems; die Bischöfe von Salzburg, von Freisingen, die Abteien von Melk, Seitenstetten, Wilhering, Michelbeuern und viele Fürsten und Grafen hatten in der eigentlichen – inneren Wachau ihre Höfe und ihre zu denselben gehörigen Weingärten; noch besitzen viele Kirchen von Unter- wie von Oberösterreich heutigen Tages gestifteten Weingärten.
Der Wein der Wachau musste damals in besserem Kredit gestanden haben, denn es gibt nur wenig sogenannte Höfe mehr und außer Kirchen und einige Abteien abgerechnet, ist der viele Grund und Boden als zum Weinbau – Weingarten im weiteren Sinne - verwendet, der früher auswärtigen Besitzern gehörte, nun Eigentum der hiesigen Bewohner. Was war der Grund dieser Erscheinung? Ist die Wachau im Weinbau zurück geblieben, so dass ihr andere Gegenden durch bessere Kultur den Vorsprung abgewonnen? Oder ist der Geschmack nicht bloß ihres erzeugten Weines, sondern auch jener der Konsumenten zugleich ein anderer geworden?
Noch erzählen alte Leute, wie einst die Gastwirte, um Wein zu kaufen, der goldenen Wachau zueilten und einer dem anderen zuvor zu kommen suchten; sie erzählen wie dieselben oft schon auf Wein für das nächste Jahr Geld boten, damit sie nicht ohne Wein abzuziehen gezwungen wären. Dieses goldene Zeitalter dauerte nur bis zum Beginn dieses Jahrhunderts (1800)
Die Wachau trägt kein Verschulden an den kommenden schlechten Zeiten. Die Einträglichkeit des Weinbaues erkennend, wurden bei größer gewordenem Verkehr der Menschen, bald Hunderte von Jochen, die früher zum Bau von Getreide verwendet worden waren, nur in der Ebene von Krems bis Langenlois, Hadersdorf und Strass verwendet, deren Kultur mit wenig Schwierigkeiten verbunden war und deren Ertrag der Qualität nach das Drei- und noch Mehrfache der Gebirgsweingärten abwarf, der Qualität nach aber ein Produkt lieferte, das früher im Fasse vor dem Gebirgswein viel voraus hatte.
Auch der kraftvolle Sohn des Gebirges.der Gebirgswein verlor, und gleichfalls der Wein des Flachlandes, der Landwein, der leichtfertigen französischen Windbraut ohne inneren Gehalt – genannt Champagner – Platz machen musste. Auch der Geschmack ist Sklave der Mode.
Die Gastwirte kamen jetzt um Wein zu kaufen nicht mehr in die Wachau. Alles strömte nun ins neue gelobte Land weiter hinab und hinein. Die Wachau stand fast verlassen von Käufern da. Der Wein der Wachau, der früher dem Gaumen so gut gemundet, galt nun als schlecht und sauer. Der Weinhauer sah sich nun genötigt die edlen Sorten, die er früher sorgsam in seinen Weingärten gepflegt hatte, auszuschlagen oder umzusetzen und sie durch mehr oder reichlichen lohnende Sorten zu ersetzen, wie dies alte Leute noch mit wehmütigem Herzen erzählen, um durch Erzeugung einer größeren Quantität von Wein, der zu Essig gesotten wurde, seine Existenz zu decken; so kam es, dass die Isidors nobilis, das Grobe, Weißgrobe, das Braune, Weißstock, je nach verschiedenen Gegenden benannt, hier allgemein verbreitet wurde. Diese Traubengattung trägt sehr reichlich und in ausgezeichnet guten Jahren, in guten Lagen, haltbaren, Geist- und Geruchs vollen Wein, dessen innerer Wert jedoch, wie bei allen Gebirgsweinen sich erst nach Verlauf von 3 bis 4 Jahren entwickelte.
Für die Wachau kamen noch einmal gute Tage; man fand, dass die Landweine ohne Gebirgswein keine Haltbarkeit hatten; allmählich wurde der Wein der Wachau wieder gesucht und im Handel mit Weinessig wurde ein sehr lebendiger Verkehr nach Wien, nach Oberösterreich und in alle Gegenden des rechten Donauufers unterhalten, bis die Chemie die Mittel bot, den Weinessig, wenn auch unvollkommen, durch Kunstessig zu ersetzen.
Diese Erfindung war ein furchtbarer Schlag für die Wachau. Der größte Teil des Grundes und Bodens der Wachau - terrassenförmige Stellen von mühsam zusammen geschleppten trocken zu Mauern zusammengelegten Steinen getragen – ist für eine andere Kulturart als für Weinbau gar nicht verwendbar, und ein Weingarten lässt sich nicht so leicht in feinem Rebensatz ummodeln. Da musste nun rüstig wieder Hand ans Werk gelegt werden, um an die Stelle der allgemein verbreiteten Isidorn nobilis - der Groben – edlere Sorten zu bringen. In den Ebenen wurden ganze Weingärten ausgeschlagen und mit den edelsten Rebsorten, vom unteren Weinland bezogen, bepflanzt. In den Bergen, wo in den schmalen, der heißesten Sonne ausgesetzten Böden ein Neusatz ohne Gefahr sich nicht anbringen ließ, wurden edlere Sorten auf die sogenannten Groben gepfropft und durch Ablegen – hier Abgruben genannt – vermehrt. Der Weg zum Bessern ist gebahnt. Der Bewohner der Wachau erfährt nun Anerkennung und bekommt gute Preise.
Große Verdienste, haben sich für Veredlung des Weinbaues in der Wachau der selige Pfarrer Michael Mühlbäck von Weißenkirchen und Michael Mayer, Wirtschaftsbesitzer zu Joching in der Pfarre Weißenkirchen, beide gewesene Mitglieder der k.k. Landwirtschafts Gesellschaft in Wien, erworben.
Was die Lage und die Bodenbeschaffenheit der Wachau anbelangt, so ist sie fast durchgehend jener des Weingebirges von Pressburg gleich; das Gebirge zieht sich von Westen nach Ost, ist gegen Norden von hohen waldigen Bergen gegen kalte Nordwinde geschützt, jedoch gegen Süden nicht so frei, wie es Pressburg ist; die Wachau bildet einen weiten Kessel, der sich gegen Osten mehr erweitert und durch die umliegenden Berge Schutz hat gegen alle vier Winde. In diesem Tal herrscht oft wie dies z.B. im heurigen Sommer der Fall war, eine fast afrikanische Hitze; das Thermometer wies heuer in der ersten Hälfte des August schon am Morgen 7 Uhr und noch am Abend gegen 22 Uhr - 17 bis 20 Grad und während des Nachmittags im Schatten 24 – 25 Grad , in der Sonne 36- 40 Grad . So ungünstig sonst das heurige Frühjahr für das Gedeihen der Vegetation war, so hätten wir dennoch schon in der zweiten Hälfte des Monats Juli mit reifen Trauben des grünen Zierfahnlers und des weißen und roten Gutedel dienen können; in der ersten Hälfte des August waren Trauben der frühreifen Garideli Traube (Portugiser), welche durch die Güte des Herrn Grafen Moriz von Fries dem Vorstande des landwirtschaftlichen Vereines zu Spitz von Vöslau mitgeteilt, im verflossenen Jahr erhalten und gepelzt hatte, bereits ganz schwarz; der Trauben der Caronia praecox - der frühreifen schwarzen Burgunder – der ersten vor allen im Weichwerden, aber einer der schlechtesten im Genuss, gar nicht zu erwähnen.
Der Boden der Wachau hat, wie jener von Pressburg größtenteils dem verwitterten Granit seinen Ursprung zu verdanken; Quarz Körner, Hornblende, Glimmer und etwas Ton machen seine Bestandteile aus.
Es ist nicht verwunderlich, wenn der um Pressburg gewonnene Wein den Feinschmeckern nicht mundet. Die Bodenmischung ist wie in der Wachau dieselbe, das Klima, nicht so mild wie jenes der Wachau.
Hier gibt ein Satz von Silberweißen einen durchaus leichten, an Geist und Geruch wenig ausgezeichneten, aber vielen Wein; ein reiner Satz von Zierfahnlern gibt einen Wein mehr Süße, aber ohne Geruch, an Qualität weniger als obiger; beide nur auf wenige Jahre haltbar: grüner Muskateller, die Plinia austriaca, Hauptsatz im ganzen Pulkautal mit den feinsten Weinen von Ralp, Rötz, Haugsdorf, Markersdorf werden, wenn der grün e Muskateller wirklich die Plinia austriaca ist, ohne Zweifel auch in Pressburg wie hier ein an Quantität und Qualität ausgezeichnetes Produkt liefern, welches freilich durch die Beigabe von Zierfahnler wenig gewinnen und durch eine größere Quantität von Silberweißen sehr verlieren müsste..
In der Wachau werden Neusätze in den Ebenen auf fruchtbaren Sandboden so angelegt, dass die Rebstöcke in den Reihen zu zwei Schuhen, die Reihen von einander aber zu drei Schuhen entfernt zu stehen kommen. Der Stock hat Raum genug zur Ausbreitung seiner Wurzeln und zur Blütezeit Luft und Licht genug zum Traubenansatz. Unter dem später auf gutem Grunde sich bildenden Laubdach, Schirm gegen Regen sengende Sonnenhitze, entwickeln sich die Trauben ausgezeichnet. Das Reben- und Blätterdach wird durch Abgipfeln erst weggenommen, sobald die Trauben weich zu werden beginnen, was in frühen Jahren schon in der ersten Hälfte Augusts der Fall ist. In diesem Stück wird hier vielfältig gefehlt, dass man das Abgipfeln vornimmt, bevor die meisten Trauben weich sind. Die Traube, welche den heißen Sonnenstrahlen ausgesetzt, wird viel später weich. War das Abgipfeln erfolgt, hat die Sonne von allen Seiten freien Zutritt, der Zuckergehalt bereichert die Beeren.
Was die Zeit der Vornahme der Weinlese anbelangt, so wird noch jetzt, wie vor dem Jahr 1818 durch den Ortsvorstand in Weißenkirchen der Tag bestimmt und öffentlich bekannt gemacht, wenn das Lesen beginnen dürfe; unter seltenen Ausnahmen wird auch der Beschluss des Gemeindevorstandes im allgemeinen beobachtet.
Da die Kirchen zu Weißenkirchen und zu Vösendorf, wie auch das Bürgerspital der Wachau, die Gemeinde selbst und das durch den Fürsten von Starhemberg zugehörige Schloss Dürnstein in der Wachau einen bedeutenden Weingartenbesitz haben, die sämtlich von der Wichtigkeit der rechtzeitigen Vornahme der Weinlese die, vollste Überzeugung hegen, so liegt die Gelegenheit, solchen Leuten, die etwa über das Heute nicht hinaus zu denken vermögen, ein gutes Beispiel zu geben und das Lesen nicht zu übereilen.
Viele verständige Weinhauer lesen in Jahren, wenn guter Wein wächst, hier zweimal, indem sie das Beste von einem oder auch von zwei oder mehr Weingärten besonders auslesen und abgesondert pressen und in Fässer füllen und so das Gute von dem weniger Guten der zweiten Lese absondern; die bessere Ware entschädigt reichlich die vermehrte Arbeit.
Ein großer Übelstand bei der Weinbereitung in dieser Gegend liegt darin, dass das Wein Maisch erst 2 bis 3 und auch noch mehr Tage in Mostbedungen oft bei der ärgsten Hitze, an staubigen Straßen, unter freiem Himmel oder im Haus oder vor dem Haus steht, bis es auf die Presse kommt. Der Most fängt in den Mostbedungen oft zu gehren an; die im Maische enthaltenen Trauben Kämme machen dann den Wein herb.
Ein weiterer Übelstand ist der, dass Maisch nur auf Reif- und nicht in Korbpressen und zwar ohne Ausscheidung der Kämme gepresst wird.
Ein anderer Übelstand der Weinbereitung liegt darin, dass der Wein bis zum Verkauf auf dem Lager liegen bleibt – klar abgezogen wird. Das Lager bleibt immer ein für den Wein bedenkliches Ferment.
Der letzte, größte Übelstand, über den nicht nur die Wachau, sondern die meisten Weinbaugebiete des österreichischen Kaiserstaates, vorausgesetzt, dass sie gute, unverfälschte Ware liefern möchten, nur das was er hat, an den Mann zu bringen, die Bouteille 2 bis 10 Gulden kosten würde. Bis dieser Übelstand verschwindet wird noch so mancher Weinstock absterben müssen.
Quelle: Auszüge aus: Allgemeine Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung/ Josef Stern Bildmaterial I.Ch. Graupp
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