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Seidenstraßen-Ordnung lernen#

Was kann Europa von den Strategien chinesischer Investoren lernen, die es so heftig kritisiert? „WeBuildEurope“ sucht eine Neuordnung europäischer Maßnahmen.#


Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: DIE FURCHE (Donnerstag, 21. September 2017)

Von

Ingo Mayr-Knoch


Plakat: Chinesisches Autobahnprojekt in Belgrad
China in Europa. Chinesische Staatskonzerne sind vor allem in Südosteuropa führend in Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur. Hier bei einem Autobahnprojekt in Belgrad.
Foto: Shutterstock

Die chinesische Seidenstraßen-Initiative zielt auf die Verbesserung der Verkehrsverbindungen zu Land und zu Wasser zwischen China und Europa über Zentralasien, Mitteleuropa und dem Mittleren Osten ab. Ein starker Fokus liegt auf Infrastrukturprojekten wie Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken für den Gütertransport, Straßen und Häfen. In Griechenland hat das staatliche chinesische Transportunternehmen COSCO Mehrheitsanteile des Hafens in Piräus erworben. Chinesische Staatskredite finanzieren Brücken und Autobahnen in Serbien, Tunnels in Montenegro, um die Verbindung zwischen dem Hafen Piräus und Märkten in Mittel- und Südosteuropa zu verbessern. Zwischen Belgrad und Budapest ist eine Hochgeschwindigkeitsbahnverbindung geplant.

Das Geld für diese Infrastrukturprojekte stammt aus chinesischen Staatskrediten. Die Bedingungen der Kredite sind meist nicht öffentlich bekannt. Es gibt keine Ausschreibungen und chinesische Unternehmen bekommen den Zuschuss für den Bau der Projekte. Sie bauen diese Projekte in einer beeindruckenden Geschwindigkeit. Sie bringen chinesische Arbeiter mit, die in Zeltlagern auf der Baustelle leben.

Die Beteiligung von örtlichen Unternehmen aus der EU geht gegen Null und beschränkt sich auf die Bereitstellung von Grundbaustoffen wie Zement. Für China ist dies ein bequemer Weg, um die großen Produktionsüberschüsse im eigenen Land loszuwerden. Chinesische Staatsbetriebe auf dem Balkan investieren außer in Infrastruktur in Stahlwerke, Abwasserwirtschaft, Energieproduktion und Transport. Die Seidenstraße hat neben ihrem überwiegend wirtschaftlichen Fokus eine erhebliche soziale Outreach-Komponente. Konfuzius-Sprachzentren an lokalen Universitäten und Reisezuschüsse für Studenten sind Beispiele.

Europäische Strategien #

Unternehmen, Forscher und Politiker in Europa sind gemischter Meinung über die chinesische Initiative. Dies beruht vor allem auf den unklaren chinesischen Zielen und der nicht transparenten Abwicklung der Infrastrukturprojekte. Unklar ist, ob die Seidenstraße eher darauf ausgerichtet ist, die Handelsverbindungen zu verbessern oder darauf abzielt, den Einfluss auf die europäischen Regionen zu erhöhen, um Chinas politische Ziele zu unterstützen.

Wie dem auch sei, europäische Akteure sollten die chinesische Initiative weniger als Bedrohung, denn als Inspiration für das europäische strategische Denken ansehen. Eine europäische Initiative, inspiriert vom chinesischen Strategieansatz, sollte wirtschaftliche und finanzielle Akteure, staatliche Akteure, NGOs und Forscher zusammenbringen, um sektorübergreifende Kooperationen aufzubauen und gemeinsame langfristige Strategien für Europa und die Nachbarregionen zu entwickeln. Hier herrscht immer noch der nationale Ansatz vor. Eine starke Koalition europäischer Industrieverbände, Unternehmen und Banken würde es ermöglichen, mit chinesischen Akteuren der Seidenstraße aus einer Position der Stärke zu verhandeln, die Strategie mitzugestalten und Zugang zu den chinesischen Projekten zu bekommen, um gemeinsam Projekte durchzuführen und Größeneffekte für beide Seiten zu erreichen.

Eine solche europäische Seidenstraße sollte von nichtstaatlichen Akteuren wie Unternehmen, Verbänden und NGOs und Forschern ins Leben gerufen werden. Die staatlichen Institutionen alleine haben einen zu begrenzten Planungshorizont und auch ungenügende Kapazitäten, um die Strategiediskussion zu leiten. Um größere Kreativität zu erreichen und verschiedenste Interessen mit abzubilden, sollte eine solche gesamtgesellschaftliche Strategiediskussion und -entwicklung auch religiöse, soziale und kulturelle Akteure in ganz Europa miteinschließen.

Ein solcher „grass roots“-Ansatz der Strategieentwicklung hat gegenüber den chinesischen, aber auch den meisten EU-Initiativen den Vorteil, dass er kreative Ergebnisse liefert und wesentliche Stakeholder schon zu einem frühen Zeitpunkt in die Diskussion miteinbezieht.

Das Ziel von WeBuildEurope. eu (WBE) ist es, Europa näher zusammenzubringen und eine europäische Initiative aufzubauen, die von dem chinesischen Strategiekonzept inspiriert ist, das wirtschaftliche und finanzielle Akteure, staatliche Akteure, NGOs und Forscher zusammenbringt, um sektorübergreifende Kooperationen und gemeinsame Strategien für Europa und die Nachbarregionen zu entwickeln.

DIE FURCHE, Donnerstag, 21. September 2017


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