Der BDK gratuliert Prof. Dr. jur. habil. Armin Forker zum 90. Geburtstag – ein Leben im Dienst der Kriminalistik[1] #
Am 2. April begeht der Jurist, Kriminalist und Hochschullehrer Prof. Dr. jur. habil. Armin Forker seinen 90. Geburtstag. In seiner 50-jährigen Laufbahn als Hochschullehrer an den Universitäten Leipzig, Berlin und Jena sowie als Publizist auf kriminalistischem Gebiet hat er sich bleibende Verdienste erworben. Ein besonderes Anliegen war ihm die Integration der Kriminalistik in den rechtswissenschaftlichen Lehr- und Forschungsprozess. Zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik (DGfK) gehörend, verlieh ihm der BDK Brandenburg 2013 den „Hans-Gross- Preis für herausragende Verdienste um die Kriminalistik“. #
Von
Wolfgang Bauch, BDK-Brandenburg, Cottbus
und
Harald Bröer, BDK-Brandenburg, Berlin
Ein Lebenslauf in schwierigen Zeiten – kriminalistische Dozententätigkeiten an den Universitäten in Berlin und Leipzig#
Armin Forker erblickte am 2. April 1931 in Dresden das Licht der Welt. Sein Vater war als Ingenieur, seine Mutter später als Bezirkshebamme tätig. 1938 wurde er in die Volksschule eingeschult und war von 1942 bis 1945 Internatsschüler in der Scharnhorst-Heimschule Dresden-Striesen, einem ehemaligen Freimaurer-Institut. Ein besonders bedrückendes Erlebnis war für ihn der uftangriff am 13./14. Februar 1945 auf Dresden, den der als Luftschutzhelfer seiner Schule erleben musste. Dieses Inferno hat sein Leben nachhaltig geprägt. Nach den Schrecken des Krieges und der Naziherrschaf musste es weitergehen – und ging es weiter. Wohl nicht nur in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und späteren DDR, sondern in ganz Deutschland wurden die Ärmel hochgekrempelt. Gerade bei jungen Menschen herrschte Aufbruchsstimmung. Diese Entwicklung und damit die Menschen in Ost wie in West wurden durch die jeweiligen Besatzungsmächte und dahinterstehenden konträren Gesellschaftsentwürfe geprägt. Auch Armin Forker brachte sich wie viele seiner Generation engagiert und voller Ideale in den Wiederaufbau ein. Konkret in Pirna, dem Tor zur Sächsischen Schweiz, wo er 1950 sein Abitur ablegte.
Im Oktober 1950 bewarb sich Armin Forker bei der Kriminalpolizei der Landesbehörde Sachsen. Nach einem dreimonatigen Dienst in der Schutzpolizei Pirna begann seine kriminalistische Laufbahn: Im Alter von nur 19 Jahren wurde er zunächst Anwärter und zum III. Lehrgang an die Fachschule für Kriminalistik in Arnsdorf bei Dresden delegiert. Zu seinen Lehrern gehörten Bernhard Gertig und Rudolf Schädlich, die 1955 das erste „Lehrbuch für Kriminalisten“ nach dem Kriege veröffentlichten. Nachdem Armin Forker die Fachschule mit ausgezeichneten Ergebnissen beendet hatte, konnte er sich praktisch aneignen, was zum kriminalistischen Handwerk gehört. Er wurde zum Kommissar befördert und zum Studium an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Humboldt- Universität zu Berlin delegiert. Das juristische Studium schloss er 1956 mit dem Staatsexamen ab. In Berlin wurde er wissenschaftlicher Aspirant bei Prof. Dr. Artur Kanger (1875–1960), dem damaligen Direktor am Institut für Kriminalistik. Als wissbegieriger, intelligenter und dem Fortschritt verschriebener Aspirant erhielt Armin Forker an diesem Institut seine spezielle kriminalistische und zugleich wissenschaftliche Prägung, ebenso umfangreiche Fortbildung, u. a. auch in der Schrift- und Dokumentenexpertise.
Im Jahr 1958 wurde Armin Forker Lehrbeauftragter für Kriminalistik an der Juristenfakultät der Karl-Marx-Universität Leipzig. Er bekleidete am dortigen Lehrstuhl für Strafrecht die Stelle eines wissenschaftlichen Oberassistenten und baute die Abteilung Kriminalistik am Lehrstuhl für Strafrecht auf. Dabei legte er großen Wert auf eine enge Verbindung mit der kriminalistischen Praxis, beispielsweise mit dem damaligen Kriminaltechnischen Institut und der Kriminalpolizei Leipzig. Seine Promotion zum Dr. jur. erfolgte 1961 zum Thema „Untersuchung von Brandstiftungen“. Die daraus hervorgegangene Publikation „Zur Untersuchung von Bränden“ gehörte zum Standardwerk vieler Kriminalpraktiker in der DDR und hat wie viele seiner Veröffentlichungen bis heute nicht an Aktualität verloren. Seine Habilitation 1966 widmete er dem theoretisch-methodischen Thema „Informationsaspekte in der Kriminalistik“. In dieser Arbeit begründete er die hohen Anforderungen an das kriminalistische Denken und insbesondere den Wert kriminalistischer Visionen, der Logik und des hypothetischen Arbeitens, ein heute noch sehr aktuelles Problem. Im Jahre 1967 wurde unser Jubilar zum Dozenten für Kriminalistik und 1968 zum außerordentlichen Professor für Kriminalistik des nunmehr selbstständigen Lehrstuhls Kriminalistik der Leipziger Universität berufen. Diesen baute er im Verbund mit seinen gerichtsmedizinischen Freunden Prof. Dr. Wolfgang Dürwald (Leipzig) und Prof. Dr. Axel Simon (Halle/S.), weiter aus. Nach einem Besuch der Internationalen Polizeiausstellung in Hannover kam es zu wissenschaftlichen und freundschaftlichen Kontakten mit Hans-Heinrich Huelke, LKA-Direktor Niedersachsens (1970–1974), dem Armin Forker in der DDR seinerzeit unzugängliche Fachliteratur und wissenschaftlichen Meinungsaustausch zur Spurenkunde und zu historischen kriminalistischen Quellen verdankt. Einen Einschnitt bildete für ihn die III. Hochschulreform in der DDR, die dazu führte, dass an den Universitäten Leipzig und Halle/S. nunmehr die sogenannten Wirtschaftsjuristen und zunächst ausschließlich an der Humboldt-Universität zu Berlin die Strafjuristen ausgebildet wurden. Armin Forker wechselte wieder an die Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität zu Berlin und übernahm dort den Lehrstuhl Kriminaltaktik. Für seine frühen wissenschaftlichen Leistungen wurde Armin Forker der Artur-Kanger-Preis der Humboldt-Universität zu Berlin verliehen.
Professor Dr. Forker bildete „Justizjuristen“ an der Universität Jena kriminalistisch aus #
Als an der Jenenser Universität wieder „Justizjuristen“ ausgebildet werden konnten, wurde Armin Forker 1978 an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena auf einen eigenen Lehrstuhl Kriminalistik berufen. Es ist nicht hoch genug zu würdigen, dass damit die vom Begründer der Kriminalistik als Wissenschaft. Hans Gross (1847–1915) verfolgte Grundidee, Juristen kriminalistischen Sachverstand zu vermitteln, praktisch gelebt wurde und Hunderte Juristen diese kriminalwissenschaftliche Ausbildung erfahren durften.
Seine Forschungsarbeiten waren vorwiegend den kriminalistischen Anforderungen von Staatsanwälten, dem Vergleich des juristischen und kriminalistischen Denkens sowie den Recherchen zur historischen Kriminalistik gewidmet. In praxisbezogener, theoretisch fundierter Lehre vermittelte er seinen Studenten die hohen Anforderungen an die Beweiserhebung und Beweisführung bei der Aufklärung von Straftaten, der Überführung der Täter und an den Schuldnachweis. Armin Forker verkörpert den Typ des sein Umfeld prägenden Hochschullehrers. Zu seinen Schülerinnen und Schülern zählt eine beträchtliche Zahl heute anerkannter Wissenschaftler, Juristen und Kriminalisten.
Rigoroser Abbau kriminalistischer Einrichtungen im Rahmen der Wiedervereinigung #
Die Wiedervereinigung durchlebte Armin Forker als besondere Zäsur durch den rigorosen Abbau rechtswissenschaftlicher und kriminalistischer Einrichtungen und den damit verbundenen brutalen Eingriffen in das Leben vieler seiner Kollegen und Freunde.
Bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahre 1997 im Alter von 66 Jahren wirkte Prof. Dr. Forker weiter als Hochschullehrer für die Gebiete Kriminalistik und Strafprozessrecht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bemerkenswert ist, dass er noch mit über 80 Jahren an der Universität Jena unterrichtete und sich so in die kriminalistische Ausbildung der rechtswissenschaftlichen Studenten einbrachte. Ein Antrieb für dieses Wirken weit über den regulären Ruhestand hinaus mag in dem Bestreben zu finden sein, Demontage und Geringschätzung der Kriminalistik nicht einfach hinzunehmen, sondern mit der ihm eigenen Energie aktiv und konstruktiv für seine Überzeugungen und damit die Kriminalistik als Wissenschaft einzutreten.
Seine monografischen Veröffentlichungen betrafen die Branduntersuchung 1963, die Kraftfahrzeugdelikte 1965 sowie in den 1970/80er-Jahren die sog. Bibliothek Historischer Kriminalistik, eine Auswahl von Nachdrucken (auch für den Vertrieb in der Bundesrepublik, in Österreich und in der Schweiz) mit entsprechenden Einführungen, Annotationen und Nachworten zu Verfasser und Werk, fachlicher Wirkung und gesellschaftlichem Bezug. Mit diesen Nachdrucken unter dem Lektorat des Zentralantiquariats Leipzig und der Einbandgestaltung durch Werner Klemke wurden der Geschichte der Kriminalistik historisch aufschlussreiche und teilweise bibliophile Werke erhalten und einem breiteren Interessentenkreis zugänglich gemacht.
Sein ganzes wissenschaftliches Leben lang machte er die Verflechtung von Praxis, Wissenschaft, Lehre und Forschung zur Maxime seines Handelns. Folgerichtig gehört Prof. Dr. Armin Forker zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik (DGfK, gegründet 2003 in Basdorf bei Berlin). Wie auch der BDK steht Prof. Dr. Forker für die Forderung nach qualifizierter kriminalistischer Ausbildung ein. Erinnert sei an seine Einführung zur Kriminalistik in dem vom BDK für seine Mitglieder angebotenen Lehrbuchwerk „Kriminalistische Kompetenz“, jetzt in der Auflage als KFB-App. Der BDK Brandenburg hat das Lebenswerk dieses verdienstvollen Kriminalisten, Wissenschafters und Hochschullehrers, eines Pioniers der Kriminalistik, im Jahre 2013 mit der Verleihung des „Hans-Gross-Preises für herausragende Verdienste um die Kriminalistik“ gewürdigt.
Ein Leben auch außerhalb der Kriminalwissenschaften #
Armin Forker lebte jedoch nicht allein für die Wissenschaft. Seit Jahren schon widmet er sich der Ahnenforschung. So konnte er rekonstruieren, dass seine Vorfahren in der Zeit der Reformation aus Schottland eingewandert sind und in der Nähe der sächsischen Kleinstadt Stolpen am Rande der Sächsischen Schweiz ansässig wurden. Alle mitteleuropäischen Forker- Familien gehen auf sie zurück. KriKriminalistisches Handwerkzeug kann eben weit über die Verbrechensbekämpfung hinaus hilfreich sein.
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass die wissenschaftliche Arbeit von Armin Forker ohne die Fürsorge, Unterstützung und das Verständnis seiner Frau und der gesamten Familie in dieser Form nicht möglich gewesen wäre.
Dass unser Jubilar noch immer die gesellschaftliche Entwicklung im Kontext mit den sich wandelnden Herausforderungen an die Verbrechensbekämpfung verfolgt, belegt sehr anschaulich eine aktuelle Mail an Wolfgang Bauch: „Die Folgen der Corona-Krise im Elementaren und Globalen sind nahezu unabsehbar und durch die Vielschichtigkeit ihrer Auswirkungen nur sehr schwer überwindbar. Sie werden auch neue kriminalistische Herausforderungen stellen. Wir sollten sie zu umreißen versuchen, um nicht zu sehr überrascht zu werden, und weiterhin mit Optimismus vorausschauen.“
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter gratuliert Prof. Dr. jur. habil. Armin Forker ganz herzlich zum 90. Geburtstag und wünscht dem Jubilar weiter eine stabile Gesundheit und noch viele gute Jahre.
Fußnoten#
[1] Dieser Beitrag basiert im Wesentlichen auf der Laudatio von Prof. Dr. sc. jur. Rolf Ackermann anlässlich der Verleihung des Hans-Gross-Preises an Prof. Dr. jur. habil. Armin Forker vom 25. 3. 2013 in Frankfurt (Oder) sowie eigenen biografischen Angaben des Jubilars.[2] Privatarchiv Dorband, erschienen in Schurich, Wirth: Die Kriminalistik an den Universitäten der DDR, Verlag Dr. Köster, Berlin 2015, Seite 38
[3] Schurich, Wirth: Die Kriminalistik an den Universitäten der DDR, Verlag Dr. Köster, Berlin 2015, Seite 170