Paul Flora: Der berühmte Zeichner der Raben ist tot#
Paul Flora war einer der gefragtesten Illustratoren – Sein Werk verbindet Surrealismus und Karikaturen#
Von der Wiener Zeitung freundlicherweise zur Verfügung gestellt. (Samstag, 16. Mai 2009)
Innsbruck/Wien. Der österreichische Zeichner und Karikaturist Paul Flora ist im Alter von 86 Jahren in Innsbruck gestorben.
"Na, der immer die Raben zeichnet" – das war der stehende Satz, wenn einem der Name des Künstlers auf der Zunge lag, sich aber absolut nicht konkretisieren wollte.
Paul Flora hatte eine Schwäche für das Abseitige, für das Makabere. Hexen, Katzen und Raben bevölkern seine Bilder. Da Flora obendrein mit Leib und Seele Tiroler war, verband er das mit dem Bodenständigen. Aber es wäre verfehlt, Flora als Regionalkünstler zu werten. Im Gegenteil: Sein Werk hat überregionale Bedeutung, gerade weil es aus Details auf größere Zusammenhänge schließt.
Interessante Komplexe#
Geboren wurde Flora am 29. Juni 1922 in Glurns im Vinschgau in Südtirol. Sechs Jahre war er alt, als seine Familie nach Innsbruck übersiedelte, wo er „inmitten von sechs Geschwistern aufwuchs, eher hastig und beiläufig erzogen wurde, ein schwieriges Kind war und mehrere interessante Komplexe bekam, welche seither meine Geschäftsgrundlage bilden“, wie Flore selbst über seine Kindheit erzählte.
Flora maturierte 1942 in Innsbruck. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte er 1945 nach Innsbruck zurück.
Seine erste Ausstellung jedoch hatte er in Bern, und zwar bereits 1945. Noch im selben Jahr zeigte das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck seine Werke. 1953 begann die Zusammenarbeit mit dem Zürcher Diogenes Verlag, für den er Buchillustrationen machte. Wenig später nahm seine Arbeit für die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" ihren Anfang. Dort wurden in vierzehn Jahren über 3000 seiner Zeichnungen veröffentlicht. Neben politischen Karikaturen entstanden auch zahlreiche Bildbände. Erich Kästner nannte Flora einen "Bilderschriftsteller", Friedrich Dürrenmatt bezeichnete ihn als "den Denker und Grübler unter den Karikaturisten."
Glänzender Techniker#
Flora war ein glänzender Techniker in der großen Tradition eines Honoré Daumier. Mit Alfred Kubin teilte er das Faible für Bizarres und Groteskes – und für die Federzeichnung. Floras Strich ist unverkennbar: Knorrig bei aller Feinheit, kantig wirken selbst Rundungen, Schraffierungen verleihen dem Dargestellten Plastizität. Dass man von Paul Flora nun in der Vergangenheit als Stern am Himmel der Zeichner sprechen muss, ist eine traurige Tatsache. Rein astronomisch kann man getrost in der Gegenwart bleiben: Ein von Erich Meyer 1996 entdeckter Asteroid, dessen Bahn zwischen jener der Planeten Mars und Jupiter verläuft, wurde mit dem Namen "Paul Flora" bedacht.