Die Familie Schrötter#
Ritter von Kristelli (Teil 3) #
Der dritte Teil der Serie über die Familie Schrötter portraitiert den Mediziner und Naturwissenschaftler Hermann Schrötter (1870–1928). Der älteste Sohn von Leopold Schrötter war auch Pionier der Tauch- und Überdruckmedizin. Seine Forschungen zur Höhenmedizin bildeten die Grundlage für die erste Stratosphärenfahrt im Jahr 1931. #
Erschienen in der Zeitschrift Klinoptikum (Ausgabe 1/2014)
Von
Prof. Dr. Bernd Mader
Hermann Schrötter (1870–1928)#
Hermann (Viktor Anton Thomas) wurde als älterer Sohn von Leopold und Antonia Schrötter am 5. August 1870 in Wien geboren. Er besuchte das Gymnasium in Wien, wo er ab 1888 auch studierte. 1890/91 wechselte er an die Universität Straßburg, um dort nicht nur Medizin sondern zusätzlich auch Naturwissenschaften zu studieren. Schrötter promovierte 1894 zum Dr. med. und 1895 zum Dr. phil. (Abb. 1).[1]
Er kehrte nach Wien zurück und arbeitete bis Ende 1895 am Wiener k. u. k. Garnisons-Spital. Die nächsten zwei Jahre arbeitete er als Chirurg an der Univ.-Klinik Wien und war dann bis 1908 Assistent bei seinem Vater an der III. Internen Univ.-Klinik. Ab 1895 betreute er zudem die Druckluftbaustelle für die Schleusenregulierungsarbeiten der Donau bei Nussdorf. Zusammen mit zwei weiteren Assistenten seines Vaters, Richard Heller und Wilhelm Mager, studierten sie hier die Gefahren der Caissonkrankheit.[2] Ihr 1900 erschienener Bericht „Lungenerkrankungen. Mit besonderer Berücksichtigung der sogenannten Caissonkrankheit“ gilt als grundlegendes deutschsprachiges Werk der Tauch- und Überdruckmedizin. [3]
1896 unternahm Schrötter zusammen mit Wilhelm Mager seine erste Ballonfahrt zum Studium der Höhenkrankheit, der weitere folgten. Er beschäftigte sich mit der Frage, ob ähnliche Symptome wie bei der Caissonkrankheit auch bei raschem Aufstieg in große Höhen auftreten würden. Zusammen mit den Berliner Meteorologen Richard Aßmann, Arthur Berson und Reinhard Süring führte er weiterführende Untersuchungen durch. 1902 stellte Schrötter auf der 3. Tagung der Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftfahrt eine Sauerstoffmaske für Ballonfahrer vor (Abb. 2).[4]
Im Zuge weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen stiegen Schrötter und A. Berson mit dem Ballon „Preussen“ auf 8.800 Meter auf, um die Verwendung von Druckflaschen mit flüssigem Sauerstoff zu erproben. Zusammen mit R. Süring stellte er fest, dass 12.500 Meter jene Höhe sei, wo wegen des geringen Drucks auch die Atmung von reinem Sauerstoff nicht mehr genügt. Bei höherem Aufsteigen müsste der Druck künstlich erhöht werden. So entwarf er das Modell einer Druckkabine für Ballonfahrer (Abb. 3), wie sie dann Auguste Piccard bei seiner Stratosphärenfahrt benützt hat (1931). 1912 erschien Schrötters Hauptwerk „Hygiene der Aeronautik und Aviatik“, die ihn zu einem Pionier der Luftfahrtmedizin machten.[5]
Hermann Schrötter war neben seinen Forschungen auch vielseitig unterwegs. 1909 begleitete er den Prinzen Georg Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg auf einer Jagdreise zum oberen Nil (Abb. 4a, 4b, 5a, 5b und 5c) und im Frühjahr 1910 nahm er an einer Teneriffa- Expedition teil (Abb. 6). 1911 studierte er die klimatischen Verhältnisse in Dalmatien.[6]
Während des Balkankrieges 1912/13 war Hermann Schrötter im Auftrag des Roten Kreuzes in Montenegro. Im Ersten Weltkrieg war er Sanitätschef eines Reservespitals in Jerusalem, wo er sich bei der Bekämpfung dort auftretender Seuchen Verdienste erwarb. Nach Kriegsende war er Direktor eines Malariaspitals in Wieselburg und dann eines Reservespitals in Wien. Anfang der 20er Jahre reiste er zu balneologischen Studien ans Tote Meer.[7]
„Hermann Schrötter entwickelte 1902 eine Sauerstoffmaske für Ballonfahrer.“
Selbst schwer lungenkrank übernahm Schrötter 1920 die von seinem Vater gegründete und inzwischen verstaatlichte Lungenheilstätte Alland (Abb. 7). Nach deren Wiederprivatisierung kam er ins Volksgesundheitsamt beim Ministerium für soziale Verwaltung. 1925 habilitierte er an der Universität Wien für Innere Medizin und widmete sich intensiv der Bronchoskopie, wo er bereits seit 1905 – zusammen mit Adolf Loewy – durch Setzen eines endobronchialen Katheters als erstes Instrument zur Seitentrennung der Luftwege am Menschen, Grundlegendes leistete.[8]
Schrötter trat 1925 in den Ruhestand. Er heiratete die Konzertsängerin Alice Coroze. 1928 verstarb Hermann Schrötter an Lungentuberkulose.[9]
[1] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_ Schrötter_von_Kristelli
[2] Wenn Menschen in einem Senkkasten (franz. caisson) oder in einer Saugglocke unter Überdruck arbeiten, entsteht für diese ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential. Erfolgt der Druckabfall beim Verlassen der Senkglocke zu rasch, können sich im Blut Gasblasen bilden, die zu Lähmungen oder zum Tode führen können. Man nennt das Caissonkrankheit (Maladie de caisson).
[3] Wie Anm. 26. Seit 1999 vergibt die Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin e.V. den Heller-Mager-von-Schrötter-Preis für die beste Arbeit auf diesem Gebiet.
[4] Wie Anm. 1
[5] Ebda
[6] Wie Anm. 1
[7] Wie Anm. 1
[8] Wie Anm. 1
[9] Wie Anm. 1